II, Theaterstücke 28, Die Schwestern oder Casanova in Spa. Lustspiel in Versen (Eifersucht, Die Wiederkehr, Spion), Seite 112

28. Die Schuestern-oderCasanousin Spa
scheidet Casanova selbst, als größter Fachmann in Liebesdingen
aufgerufen, eine Preisfrage, in die als Abenteuer zweier
Schwestern sein eigenes Erlebnis der verflossenen Nacht ver¬
Eine Frau (Flaminia) erwartet sehnsüchtig den
kleidet ist. —
Casanova
schon zweimal vergeblich angelockten Galan (Casanova), indes
ihr Gatte (Santis) das Glück im Spiele sucht. Durch einen
im nächtlichen Dunkel begreiflichen Irrtum verfehlt aber der
glückliche Unglücksmensch das Fenster und gelangt zu einem
anderen Mädchen (Anina), das ihn nicht erwartete, sondern
ihrem ebenfalls dem Spiele huldigenden Bräutigam (Andrea
eine neue Blüte
Bassi) schlaflos entgegenharrte und durch ihr heißes Blut eine
Schubert unserer
leichte Beute des Frauenhelden wird. Flaminia, die sich um
underlich mit den
ihr Liebesglück betrogen sieht, und Anina, die von Casanova
ühle ich mich ein¬
als Flaminia geliebt wurde und sich deshalb gleichfalls als
er Sprache, dann
Opfer des Schicksals ansieht, machen gleiche Ansprüche auf
zusehr verliebt in
Casanova geltend. Dieser fällt nun das salomonische Urteil,
ich, daß in seiner
daß nur der arme Jüngling betrogen sei, denn er besaß nicht
Es ist nichts, das
die Frau, an die er dachte, und auch nicht die, die er gewann,
eben eine ich
aber für eine andere hielt. Nachdem diese theoretische Frage
hit ihrer Leichtig¬
erörtert erscheint, melden sich die betrogenen Männer; blitzende
Sentimentalität
Degen rufen nach Nache, doch Casanova gelingt es, Santis zu
Schwäche verliebt
beschwichtigen, und nur der hitzige Andrea will den Kampf.
chen Blick, wieviel
Doch ein rettender Engel naht* Teresa, eine Tänzerin, der
Eindruck des Vor¬
es gelang, die Untreue Casanovas mit gleicher Münze zu
, um die Technik
bezahlen, schließlich aber doch wieder zu ihm zurückfand. Und
nun schenkt uns Schnitzler durch den Mund Casanovas eine
lings, der ungleich
köstliche, schmerzlich=süße Weisheit, bei der nur seine reife Kunst
lich nicht erobernd
vergessen machen konnte, daß dasselbe Abenteuer fünfmal er¬
wie ihn Schnitzler
zählt wird, als Ziel, als dichterischer Gedanke vor Aügen
un just mit holder
schwebte: Es gibt keine andere Treue zwischen Mann und
schon viele Dichter
Rückkehr! Und nichts anderes können wir for¬
Weib als
eine prachtvolle,
dern, insbesondere wir Männer, die wir die Frauen allzu
letzte Abenteuer
leicht als unverlierbares Eigentum zu betrachten gewohnt sind.
Nun zeigt uns
Casanova weist in den Garten hinaus, wo schwesterlich vereint
Lebens in eines
letzten Akt ent¬ Flaminia, Anina und Teresa plaudernd und lachend lust¬
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wandeln, und er lehrt Andrea als Nutzanwendu
nen Bildes: „. .. und könnten Männer je so
wie alle Frauen Schwestern In tiefster Seele
stern sind Fürwahr, das Leben wär' ein
Dies die Philosophie Schnitzler=Casanovas, von
nicht mit Unrecht behauptet, daß es just nicht
genen Gatten ist.
Dieses zierliche, glatte Rokokostück hätte
den intimen Rahmen des Schönbrunner Schlo
paßt. Das allzu große Burgtheater aber verführ
spieler, wie schon oft, zu einem ganz unzweckmäß
von Pathos und Stimme, so daß die Deutlichk
der Grazie favorisiert wurde. Dies gilt insbeso
Anina der Frau Aknay, die überhaupt fehl am
sie unzweifelhaft die Flaminia weit besser ge
Auch Frau Albach=Retty, die sonst allerliebst
Ton und in ihrer Art sie wird mir diesen
zeihen etwas Gutbürgerliches und nichts vond
Flaminia hat, war nicht die richtige Interpretin
An Stelle des Herrn Direktors Heine, hätte
einen anderen Künstler, etwa Herrn Siebert, g
man den ehemaligen Frauenliebling eher glauben
gegen freute ich mich der Leistung des Herrn
Casanova. Wie liebenswürdig ist doch dieser K
er nur Treßler und nicht mehr sein will! Aus
Herr Schott in der undankbaren und schwierig
betrogenen Bräutigams Andrea; weniger wurden
Fr. Marberg und Hans Thimig gerecht.
Von einer Regie verspürte ich diesmal nich
und es wird eine ewige Streitfrage bleiben,
Mangel oder ein Vorzug ist.
Nach Schluß des einen pausenlosen, drei
zuges verlangte das Publikum oft und oft m
dem Dichter, der auch dieser gewagten und nicht
Idee den ganzen Zauber seiner bedeutenden Pe