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28. Die SchuesternoderCasanowinSa
geben wußte. Schnitzler gehört zu den wenigen Männern, um
wandeln, und er lehrt Andrea als Nutzanwendung dieses schö¬
die uns das Ausland beneiden kann, und darum wollen wir
nen Bildes: „. .. und könnten Männer je so Brüder sein,
uns stolz zu ihm bekennen, denn er ist unsel!Dr. ne
wie alle Frauen Schwestern In tiefster Seele alle Schwe¬
Fürwahr, das Leben wär' ein leichter Ding.“
stern sind
Dies die Philosophie Schnitzler=Casanovas, von der Andrea
nicht mit Unrecht behauptet, daß es just nicht die des betro¬
genen Gatten ist.
Dieses zierliche, glatte Rokokostück hätte wundervoll in
den intimen Rahmen des Schönbrunner Schloßtheaters ge¬
paßt. Das allzu große Burgtheater aber verführte die Schau¬
spieler, wie schon oft, zu einem ganz unzweckmnäßigen Aufwand
von Pathos und Stimme, so daß die Deutlichkeit auf Kosten
der Grazie favorisiert wurde. Dies gilt insbesondere für die
Anina der Frau Aknay, die überhaupt fehl am Ort war, da
sie unzweifelhaft die Flaminia weit besser getroffen hätte.
Auch Frau Albach=Retty, die sonst allerliebst war, aber im
Ton und in ihrer Art sie wird mir diesen Vorwurf ver¬
zeihen etwas Gutbürgerliches und nichts von dem Luderchen
Flaminia hat, war nicht die richtige Interpretin dieser Rolle.
An Stelle des Herrn Direktors Heine hätte ich mir auch
einen anderen Künstler, etwa Herrn Siebert, gewünscht, dem
man den ehemaligen Frauenliebling eher glauben könnte. Da¬
gegen freute ich mich der Leistung des Herrn Treßler als
Casanova. Wie liebenswürdig ist doch dieser Künstler, wenn
er nur Treßler und nicht mehr sein will! Ausgezeichnet war
Herr Schott in der undankbaren und schwierigen Rolle des
betrogenen Bräutigams Andrea; weniger wurden ihren Nollen
Fr. Marberg und Hans Thimig gerecht.
Von einer Regie verspürte ich diesmal nicht einen Hauch
und es wird eine ewige Streitfrage bleiben, ob dies ein
Mangel oder ein Vorzug ist.
Nach Schluß des einen pausenlosen, dreiaktigen Auf¬
zzuges verlangte das Publikum oft und oft mit Necht nach
dem Dichter, der auch dieser gewagten und nicht sehr ergiebigen
Idee den ganzen Zauber seiner bedeutenden Persönlichkeit zu
N
28. Die SchuesternoderCasanowinSa
geben wußte. Schnitzler gehört zu den wenigen Männern, um
wandeln, und er lehrt Andrea als Nutzanwendung dieses schö¬
die uns das Ausland beneiden kann, und darum wollen wir
nen Bildes: „. .. und könnten Männer je so Brüder sein,
uns stolz zu ihm bekennen, denn er ist unsel!Dr. ne
wie alle Frauen Schwestern In tiefster Seele alle Schwe¬
Fürwahr, das Leben wär' ein leichter Ding.“
stern sind
Dies die Philosophie Schnitzler=Casanovas, von der Andrea
nicht mit Unrecht behauptet, daß es just nicht die des betro¬
genen Gatten ist.
Dieses zierliche, glatte Rokokostück hätte wundervoll in
den intimen Rahmen des Schönbrunner Schloßtheaters ge¬
paßt. Das allzu große Burgtheater aber verführte die Schau¬
spieler, wie schon oft, zu einem ganz unzweckmnäßigen Aufwand
von Pathos und Stimme, so daß die Deutlichkeit auf Kosten
der Grazie favorisiert wurde. Dies gilt insbesondere für die
Anina der Frau Aknay, die überhaupt fehl am Ort war, da
sie unzweifelhaft die Flaminia weit besser getroffen hätte.
Auch Frau Albach=Retty, die sonst allerliebst war, aber im
Ton und in ihrer Art sie wird mir diesen Vorwurf ver¬
zeihen etwas Gutbürgerliches und nichts von dem Luderchen
Flaminia hat, war nicht die richtige Interpretin dieser Rolle.
An Stelle des Herrn Direktors Heine hätte ich mir auch
einen anderen Künstler, etwa Herrn Siebert, gewünscht, dem
man den ehemaligen Frauenliebling eher glauben könnte. Da¬
gegen freute ich mich der Leistung des Herrn Treßler als
Casanova. Wie liebenswürdig ist doch dieser Künstler, wenn
er nur Treßler und nicht mehr sein will! Ausgezeichnet war
Herr Schott in der undankbaren und schwierigen Rolle des
betrogenen Bräutigams Andrea; weniger wurden ihren Nollen
Fr. Marberg und Hans Thimig gerecht.
Von einer Regie verspürte ich diesmal nicht einen Hauch
und es wird eine ewige Streitfrage bleiben, ob dies ein
Mangel oder ein Vorzug ist.
Nach Schluß des einen pausenlosen, dreiaktigen Auf¬
zzuges verlangte das Publikum oft und oft mit Necht nach
dem Dichter, der auch dieser gewagten und nicht sehr ergiebigen
Idee den ganzen Zauber seiner bedeutenden Persönlichkeit zu
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