II, Theaterstücke 28, Die Schwestern oder Casanova in Spa. Lustspiel in Versen (Eifersucht, Die Wiederkehr, Spion), Seite 118

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box 3375
28. Die Schuestern-oder-CasanovsinSna
Kunst und Bühne.
Neuaufführungen.
Nun man Arthur Schnitzlexs neue Komödie „Die
Schwestern“ oder „Casanovd in Spaa“ im
Burgtheater gesehen hat, begriff man, weshalb Mar
Millenkonich ihre Aufführung abgelehnt hat und weshalb
das Deutsche Volkstheater froh war, das bereits ange¬
Seite 13.
nommene Werk wieder abtreten zu können. Die Erotik,
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die in „Anatol“ einen Schein von poetischer Berechtigung
Sitnation. birgi nicht solche Rätsel, um den Zuschauer dauernd zu
hatte, lommt in den „Schwestern“ nur mehr vom Kopf,
ti und An¬
und was von der „Komödie der Worte“ noch übrig blieb,
fesseln; auch Andrea Bassi ist ein unerquicklicher Ge¬
heresa, die
ist einzig und allein die handwerkliche Geschicklichkeit, die
sell. Das Stück fand eine glänzende Darstellung. Tre߬
Folgen eines Liebesabenteuers derart zu verwirren, daß
n und jetzt
ler als Casanova, warmblütig, selbstgefällige Unver¬
der Zuschauer wähnt, er habe den Boden unter den Füßen
schämtheit in leichte Ironie hüllend, Danegger als
verloren und mit ihm alle Moralbegriffe im Verkehr der
Baron Santi ein humorvoller Gauner mit einem An¬
Geschlechter. Nichts, was und im Liebesleben bisher heilig
strich treuherziger Biederkeit. Schott spielte den An¬
war, wird geschent. Alles ist nur ein Spiel mit Gefühlen
drea in guter Haltung. Reizend Albach= Retty als
und Worten und der Rest ein Chaos, das sich selbst will.
Flaminia, in Wort und Geste von frischer Natürlichkeit.
Casanova irrt sich im Feuster und beglückt eine andere !
mit einer seiner Liebesnächte. Er merkt seinen Irrtum
Lilly Marberg als Theresa voll Anmut und gra¬
nicht, wohl aber die „beglückte“ Brant, die mit einem
ziöser Lanne. Aknay als Anina glich einem verleben¬
underen verlobt ist und sich nicht scheut, ihm haargenau zu
digten Rokokofigürchen, doch vermochte sie, die Gestalt 7
brichten, welche Wonne sie in der Umarmung Casanovas,
nicht zu erfüllen, sie blieb gebez) dx Aoly Der Elforg
#enoß. Es entsteht nun die Frage, wer den meisten Grund
WU stark.
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mt, sich betrogen zu fühlen: die Braut, die nur durch Zu¬
1
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l zu dem Glücke kam, der gehörnte Bräutigam, die
odere, die durch den Irrium Casanovas um das erhoffte
thäferstündchen geprellt wurde, deren Gatte, der wider
illen seiner Frau ungehört blieb, oder gar Casanova, da
in nächtlicher Besuch doch einer anderen galt als der, die
on empfing? Drei Akte drehen sich um diese Streitfrage,
deren Entscheidung schließlich Casanova selber ange¬
sen wird, bis endlich eine Dritte auftaucht, die auf ältere
Nichte Anspruch erheht. Versöhnt und zufrieden, als ob
### #e######. ###.#s Schegen w#rr, setzen sich zum guten

Deutsches Tagblatt
Mtseutsche Rundschan

Teite 7
2. April 1920
Ende die drei Männer zu Tisch und ihrem Beispiele sol¬
gen die drei Frauen, „in tiefster Seele" zu „Schwestern“
vereint.
Man mag diese Verse, die das Zufallsspiel zierlich um¬
ranken, noch so anmutig und geistreich finden und in Fer
Führung der Szenen die sichere Hand eines Puppenspieler¬
erkennen, unerfreulich und gequält wirkt letzten Endes doch
die ganze Komödie, und man braucht keineswegs zimper¬
lich zu sein, um sich von der seltsamen Sexnalmoral, die
aus ihr spricht, verletzt und augeetelt zu fühlen. Das
Burgtheater, das doch nicht für Zuhälter spielt, hätte den
Ruhm, die „Schwestern“ zur Uraufführung gebracht zu
haben, getrost einer anderen Wiener Bühne überlassen
können und sich den Vorwurf ersparen müssen, mit den
Millionen, die aus den Steuergeldern unseres verarmten,
darbenden Volkes für die Erhaltung und den künstlerischen
Betrieb unserer Staatstheater jährlich ausgeworfen wer¬
den, Schindluder zu treiben. So gut konnten die Frauen
Aknay, Albach==Retty und Murberg sowie die .
Herren Treßler, Danegger, Schott, Heine
und Hans Thimig gar nicht spielen, um die Aufführung
von Schnitzlers jüngster Bühnenarbeit irgendwie zu recht¬
fertigen.