II, Theaterstücke 28, Die Schwestern oder Casanova in Spa. Lustspiel in Versen (Eifersucht, Die Wiederkehr, Spion), Seite 159

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28. Die Schuestern-oder Gasanova in Sna
Berii, BeMm (W. T. B.) Anstlich wird mitgeteilt: In der
ung im Aufstand befunden. Das Uebersicht über die Reichseinnahmen im Rechnungsjahr 1920 findet
##mats den Anspruch erhoben, durch Gewalt zu
sich die Bemerkung (Vergleiche B. A. Z. 220), die Einnahmen der Reichs¬
ziehe, zur Arbeit triumphieren, aber es hat sein Leben für seine heiligen Rechte hingegeben.eisenbahnen seien um über eine Milliarde hinter dem Vonanschlag




Casanova (in unserer Komödie etwa 30jährig) will einer Dame einen
zeichnet sinnfälligen Ausdruck. Kostüme, Ausstattung (wohl wieder von
nächtlichen Parterrebesuch abstatten, versehlt aber das richtige Fenster und
Buchholz entwörfen) und die von Dr. von Gordon gleitete Darstellung
Schwestern“
gerät in das Zimmer einer anderen Schönen, die sich nicht weniger will¬
illustrierten trefflich den Geist der Zeit, des äußerlich graziös=steifen, sittlich
fährig zeigt, als es ihre Nachbarin vermutlich getan hätte. Aus diesem selt¬
lockeren Rokkoko. Nicht unwesentlich für die harmonische Wirkung war,
samen Qui=pro=quo, das zur Voraussetzung gefährlich dünne Hotelwände und
Pfingstsonn¬
daß der gastierenden Grete Ilm die führende Frauenrolle — der irrtüm¬
entsprechende Lautlosigkeit hat, entwickelt sich eine Kette von Auseinander¬
Publikum und
lich Betrogenen — zugefallen war. Sie wußte ihre Pointen ebenso elegant
heater zu verau¬
setzungen und Eifersuchtsszenen, bei denen es sich aber mehr um das ver¬
wie zündkräftig zu servieren, führte mit den Augen eine fast noch berediere
Schauspielhaus
kürzte Besitzrecht der benachteiligten Dame, als um die verletzten Ehr¬
Sprache, als mit dem Mund (was bei dieser Rederolle schon etwas heißen
vollendete, damit
gefühle ihres vermeintlich hintergangenen Gatten und des de facto be¬
will), war ebenso charmant im liebenswürdigen Plauderion wie drollig¬
in Grund. Aber
trogenen Bräutigams der anderen Huldin handelt. Die verwickelte Ange¬
megärenhaft im Ausdruck rasender Eifersucht und sollte sich nur hüten, ge¬
id gelegt werden
legenheit findet schließlich eine Lösung, die fast noch pikanter ist, als das
legentlich nicht bloß preziös, sondern auch spinös zu wirken.
auch ein Mezisch
Abentener selbst: Zuerst wird Casanova, der Urheber des ganzen Streits,
Als ihre Rioalin und ihr sentimentales Gegenstück machte sich Regula
Teil des Publi¬
dem man den Fall in Form einer fingierten Erzählung von zwei Schwestern
ist erspart wissen
Keller sehr niedlich, ein richtiges Porzellaufigürchen, nur noch etwas in
(daher der Untertitel) vorträgt, als Schiedsrichter angerufen. Mit sophistischer
ung bescheidenen
gewissen Anfängerallüren befangen, die die junge Künstlerin bei ihrem Talent
Spitzfindigkeit sucht er zu beweisen, daß der Liebhaber selbst der Betrogene sei,
aber sicher bald abstreifen wird. Ausgezeichnet traf Max Friedrich,
da er die Gunst der einen Frau gar nicht, die der anderen irrtümlich genossen
nehmen. Was
„schön wie ein Gott und männlich wie ein Held“, die Mischung von be¬
habe. Dieser Urteilsspruch befriedigt die im Stich Gelassene natürlich nicht.
#s der Taufe ge¬
strickender Liebenswürdigkeit und komödiantischer Renommisterei im Titel¬
Da findet ihr Galte eine geniale Lösung, indem er — ohne zu ahnen, daß
en Anstrich eines
helden. Dem beirogenen Bräutigam gab Hans Rameau den nötigen
er damit seine eigene Frau dem Abenteurer verbandelt — erklärt, aus Ge¬
ndes Verfassers
finsteren Ernst, den man freilich gelegentlich gern durch den zeitgemäßen
rechtigkeits= (oder sonstigen) Gründen müsse nun auch die andeie „Schwester“
Novelle „Casans¬
Grundzug heiter=freier Lebensauffassung aufgehellt sähe (es ist doch ein
dem Verführer angehören. Doch auch jetzt glebt's noch keinen Frieden, die
des berü—hmten
Lustspiel!), mit dem versehentlich nicht betrogenen Ehemann fand sich Josef
Männer, denen der wahrer Sachverhalt aufdämmert, beginnen sogar die
e emn Vorgänger
Gielen anständig ab, ohne verbergen zu können, daß iym die Rolle
Klingen zu kreuzen — da erscheint im rechten Augenblick als den ex machina
efgründigerer und
eigentlich nicht gehört. In der kleinen, aber exponierten Rolle der reuig
eine frühere Geliebte Casanovas, die die erhitzten Gemüter benuhigt, den
slustspiel, das er
zurückkehrenden und allen Streit schlichtenden Geliebten Casanovas präsen¬
Vielumstrittenen für sich beschlognahmt und dadurch alles zu friedlichem
herumgeschrieben
tierte sich eine neue Kraft: Stefanie Kriß. Sie stattete die Figuur mit
Ende bringt.
st von Fulda sein
einem bezaubernden Theaterlächeln und einem weniger bezaubernden Stimm¬
In der leichten, liebenswürdig=eleganten, ein bißchen frivolen Art, wie
gen. Deshalb ist
tremolo aus und machte im Ganzen keinen üblen Eindruck. Weiteres wird
Schnitzier uns dies Geschichtchen vorplaudert, bewährt er sich wieder
oiren Casanovas
abzüwarten sein. Nennt man noch Richard Feist als älteren Lebe¬
als der „Jausen=Hebbel“, wie ihn Kerr einmal genannt hat (Jause ist ein
Die Tatsache, daß
mann und Wolfgang Langhoff als jugendlich=gewandten Kellner,
sich zur lüstern.
österreichischer Ausdruck für Kaffeeplauderstündchen). Es wird wohl an
in dem neben dem großen Casanova in Spa noch ein kleiner Casanova in
zuträgt, und der
tiofere Gesühle gerührt, sogar darin, nach der Art des Herodes=Schöpfers,
spe heranzureifen scheint, so ist der Reigen der Mitwirkenden geschlossen.
scheut, mit Grazie
herumgewühlt, aber es wird zugleich mit ihnen Fangball gespielt und wenn
Bei der Musik, die, alles schon entwirrte Verworrene noch einmal in reiner
auch der Dichter den behandelten Stoff psychologisch unterfüttert, das leichte
uschen Ohren zu
Harmonie lösend, das heitere Spiel beschließt, könnte der Diener Don
nmag die Stem¬
Konfekt der flüssigen Jambensprache hie und da mit gewichtigerem Gedanken¬
Juans, des dritten glänzenden Sterns im Dreigestirn der berühmten Aben¬
inhalt füllt — sehr fein und beachtenswert z. B., was Casanova über den
n, so wenig man
teurer Casanova=Cagliostro=Don Juan, wieder mit Recht bemerken: „Das ist
wie in manchen
Begriff der Treue sagt —, so bleibt schließlich doch alles ein forglos=heiteres
gar aus dem Figaro von Mozart!“ Eigentümlich nur, daß diese Musik hier
t. Die Geschichle
Spiel, eine Komödie der Worte, der Empfindungen, der Gedanken, sogar der
das Stück spielt nach den Angaben des Dichters um die Mitte des
blitzenden und klirrenden Waffen — kein ganz erstrangiger Schnitzler, aber
hemals oder heute
18. Jahrhunderts — etwa 30 Jahre vor Entstehung der göttlichen Oper
stammen und sie
jedenfalls eine ergötzliche, gelstreiche, und bei aller Lascivität im Grunde
erklingt! Der peinliche Anachronismus mag aber nicht vielen aufgefallen
„Ende gut, alles
hormlose Abendunterhaltung mit leicht skizziertem psychologisch=weltanschau¬
sein und trübte jedenfalls nicht die beifallfreudige Stimmung des Publikums.
tücke) dramatisiertlichem Hintergrund.
Dieser Charakter der Novität fand im Stil der Aufführung ausge¬
Hans WynelenX