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27. Einkund Frjederbusen
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fordern. Er ist dazu bereit. Seine Zeugen erfahren in
der Redaktion des demokratischen Blattes den Namen
des Verfassers. Fliederbusch heißt die Kanaille, wie ihn
ein Redakteur des Wochenblattes charakterisiert. Durch
eineohonische Mitteilung erfährt Fliederbusch, daß
zwei Kollegen in der „Gegenwart“ die Forderung in
seinem Namen angenommen und auch schon die Be¬
dingungen festgestellt haben: ein Pistolenduell mit
dreimaligem Kugelwechsel, das tags darauf im Prater
stattfinden soll. Auf dem Kampfplatz enthüllt Fink¬
Fliederbusch sein Gankelspiel. Und nun zum Schluß
eine Gipfelszene, in der der Dichter, wie er glaubt,
SHuVie1 Neuse Wiene: Taghlatt, Wien
seinen höchsten satirischen Triumpf ausspielt. Der
Gesinnungslump Fink=Fliederbusch erscheint dem
Chefredakteur der „Gegenwart“ und dem Leiter der
„Eleganten Welt“ als ein junger Meister seines
Faches, den man um jeden Preis gewinnen muß. Sie
überbieten sich in Gageanträgen. Fink=Fliederbusch
lehnt ab. Er bleibt treuergeben dem Grafen Nieder¬
Theater, Runst und Titeratur.
hof, der seine neue Tageszeitung ohne jede An¬
knüpfung an die „Elegante Welt“ auf sich selbst
„Fink und Fliederbusch.“
stellen will. Dieszwei Auguren sind sich über ihren
sittlichen Nihilismus klar und haben sich schon früher!
Komödie in drei Akten von Arthux Sch
Uraufführung im Deutschen Vorzrycater am¬
verständnisinnig angelächelt. Graf Niederhof hat
14. November.
überhaupt keine Ueberzeugung, und sein junger Ge¬
sinnungsgenosse hat zwei Ueberzeugungen. Das ist
Arthur Schnitzlers jüngste dramatische Schöpfung,
die Gleichung in diesem Hexeneinmaleins. Zwei schöne
die dreiaktige Komödie „Fink und Flieder¬
Seelen haben sich gesunden.
busch“, liegt abseits von jenem Gebiete, auf dem
Es ist das Vorrecht des Satirikers, bittere
der Dichter heimisch und aus dem er sonst seine
Wahrheiten lachend zu verkünden. Eine dieser
feinsten und tiefsten Wirkungen schöpft. Kein Hauch
bitteren Wahrheiten ist die Tatsache, daß der Jour¬
jener Erotik, die ihren Bogen von der spielerischen
nalistenstand wie alle andern Berufe auch unsaubere
Liebelet bis zu der glühenden Liebe spannt, die über
Tod und Grauen hinweg dem Lockruf des Lebens
Elemente hat. Der anständige Journalist weist jede
folgt. Es ist ein liebeleeres aber auch lieblases
Gemeinschaft mit diesen Schädlingen entschieden
Jonrnatistenstück, das als Satire angesprochen werden
zurück. Schnitzler weiß das. Er stellt aber gleichwohl
will. Ein Journalistenstück — da taucht unwillkürlich
Feilheit des Gewissens, Charakterlosigkeit und Wort¬
schaumschlägerei als den Brennpunkt des Journalis¬
die klassische Figur des Schmock auf. Armer Schmock!
mus, als Qualitäten hin, die beim Journalisten am
Man lacht über ihn. Aber dieses Lachen hat keinen
höchsten gewertet werden. Ist das Wahrheit, jene
herben Klang, es schwingt ja darin auch ein klein
Wahrheit, über die der Satiriker seine Geißel
wenig Mitgefühl mit dem geduckten, gutmütigen
sausen lassen darf? Nein — Fink=Fliederbusch ist
Reporter, der seine Metiergeheimnisse, zu denen auch
seine Gabe, nach rechts und nach links zu schreiben, ge¬
ein talentvoller Klopffechter, aber kein typischer
hört, so harmlos wehmütig ausplandert. Diese Gabe
Vertreter des Journalismus, kein Symbol, darin
sich dessen Wesenheit spiegelt.
besitzt auch Fliederbusch, die Vordergrundsgestalt der
Nicht minder
gewichtig als dieser Einwand sind die rein
Schnitzlerschen Komödie. Aber er ist dabei doch aus
künstlerischen Bedenken, die dieses Journalisten¬
einem ganz andern Holz geschnitzt. Er hat Geist und
stück weckt. Schnitzler verfügt nicht über den
journalistisches Temperament, steht indes als be¬
großen juvenalischen Zug jener Satire, die aus der
scheidener externer Mitarbeiter der demokratischen
Empörung aufschäumt. Er ist niemals entrüstet.
„Gegenwart“ — er ist Parlamentsberichterstatter —
„Wir spielen immer, wer es weiß, ist klug“ — dieses
im Schatten. Er sucht sich bemerklich zu machen und Sprüchlein seines Paracelsus ist ja auch sein eigenes
würzt dann und wann seine Berichte durch polemische künstlerisches Leitmotiv. Er hat denn auch nicht jene
Spitzen gegen Minister — sie werden ihm gestrichen. Wärme, die Gerhart Hauptmann in seiner satirischen;
Es droht ihm deshalb sogar die Kündigung. Ein Komödie „Der Biberpelz“ ausstrahlt. Aber selbst
parlamentarisches Ereignis, das er rasch ausnützt, seine sonst so eindringliche Gestaltungskraft und seine
rettet ihn — es wird sogar das Schwungbrett zu
dramatischen Vorzüge vermißt man in seinem
seinem jähen, glänzenden Aufstieg. Bei einem Streik
jüngsten Werke, wo ihm fast bei jedem Schritt der
list Blut geflossen: einige Arbeiter und ein Knabe sind
reale Boden unter den Füßen entgleitet.
erschossen worden. In der Parlamentsdebatte über
Fliederbusch ist eine Marionette. Nirgends in
diesen Vorfall hat der Abgeordnete Graf Niederhof,
dieser Gestalt ein Funke echten, inneren Lebens. Aber
ein Kavalier, der die Politik als Sport betreibt, er¬
er besitzt auch nicht jenen geistigen Schwung, jenen
klärt, daß das Prinzip der staatlichen Autorität höher
genialen Zug einer großen Gauklernatur, der mit¬
stehe als das Leben einzelner. Daraufhin in dem
reißend wirkt. Der kleine Witz seiner Doppelrolle ist
Wochenblatt „Die elegante Welt“ ein den Grafen und
bald ausgeschöpft und verpufft. Feiner gezeichnet ist
seine reaktionären Anschauungen verherrlichender, mit Graf Niederhof. Aber auch dieser schillernde Sophist
dem Namen Fink unterzeichneter Artikel. Fliederbusch
redet ins Leere. Seinem glitzernden Steptizismus ist
schreibt eine flammende Entgegnung mit ironischen
kein einziges Motiv geboten, an dem er sich drama¬
Sticheleien gegen den Grafen und sprühend vor Ent¬
tisch auswirken und beglaubigen könnte. Die Re¬
rüstung gegen Herrn Fink, den er als albernen,
dakteurtypen der „Gegenwart“, leicht umrissen und
würdelosen Snob brandmarkt. Diesen Aufsatz spielt
von humoristischen Lichtern umflimmert, bleiben in
er dem Chefredakteur Leuchter in die Hand, der in
der Anlage stecken und huschen dann nur als Bringer
seinem Blatte sonst Gegensätze ausgleicht, mitunter
von Stichworten vorüber. Was sonst noch auf der
aber auch betont. Diesmal hält er es für angezeigt,
Bühne herumgeistert, ist Staffage. Es ist für diese
sie zu betonen. Er veröffentlicht den Artikel. Dem streb¬
samen jungen Journalisten, dessen Talent in diesem
Satice bezeichnend, daß den echten Erfolg des
Abends der Reporter Kajetan errang, eine
Aufsatz voll aufsprüht, winkt die Aussicht auf ein
festes Engagement bei der „Gegenwart“.
ergötzliche Karikatur. Dem Publikum hat das
Stück den äußeren Anschein nach sehr behagt.
Das sind die Umrisse des ersten Aktes. Der Nach allen Akten überaus lebhafter Beifall. Schnitzler
zweite Akt führt die Redaktion des Wochenblattes „Die
wurde oft gerufen. — Den Fink=Fliederbusch
elegante Welt“ vor, das vorwiegend Sport, Mode und
gab Herr Edthofer in einem milden Lustspielton.
gesellschaftliches Leben pflegt, und einen gewählten
aristokratischen Leserkreis
Aber nicht er als Zentralgestalt, sondern Herr
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27. Einkund Frjederbusen
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fordern. Er ist dazu bereit. Seine Zeugen erfahren in
der Redaktion des demokratischen Blattes den Namen
des Verfassers. Fliederbusch heißt die Kanaille, wie ihn
ein Redakteur des Wochenblattes charakterisiert. Durch
eineohonische Mitteilung erfährt Fliederbusch, daß
zwei Kollegen in der „Gegenwart“ die Forderung in
seinem Namen angenommen und auch schon die Be¬
dingungen festgestellt haben: ein Pistolenduell mit
dreimaligem Kugelwechsel, das tags darauf im Prater
stattfinden soll. Auf dem Kampfplatz enthüllt Fink¬
Fliederbusch sein Gankelspiel. Und nun zum Schluß
eine Gipfelszene, in der der Dichter, wie er glaubt,
SHuVie1 Neuse Wiene: Taghlatt, Wien
seinen höchsten satirischen Triumpf ausspielt. Der
Gesinnungslump Fink=Fliederbusch erscheint dem
Chefredakteur der „Gegenwart“ und dem Leiter der
„Eleganten Welt“ als ein junger Meister seines
Faches, den man um jeden Preis gewinnen muß. Sie
überbieten sich in Gageanträgen. Fink=Fliederbusch
lehnt ab. Er bleibt treuergeben dem Grafen Nieder¬
Theater, Runst und Titeratur.
hof, der seine neue Tageszeitung ohne jede An¬
knüpfung an die „Elegante Welt“ auf sich selbst
„Fink und Fliederbusch.“
stellen will. Dieszwei Auguren sind sich über ihren
sittlichen Nihilismus klar und haben sich schon früher!
Komödie in drei Akten von Arthux Sch
Uraufführung im Deutschen Vorzrycater am¬
verständnisinnig angelächelt. Graf Niederhof hat
14. November.
überhaupt keine Ueberzeugung, und sein junger Ge¬
sinnungsgenosse hat zwei Ueberzeugungen. Das ist
Arthur Schnitzlers jüngste dramatische Schöpfung,
die Gleichung in diesem Hexeneinmaleins. Zwei schöne
die dreiaktige Komödie „Fink und Flieder¬
Seelen haben sich gesunden.
busch“, liegt abseits von jenem Gebiete, auf dem
Es ist das Vorrecht des Satirikers, bittere
der Dichter heimisch und aus dem er sonst seine
Wahrheiten lachend zu verkünden. Eine dieser
feinsten und tiefsten Wirkungen schöpft. Kein Hauch
bitteren Wahrheiten ist die Tatsache, daß der Jour¬
jener Erotik, die ihren Bogen von der spielerischen
nalistenstand wie alle andern Berufe auch unsaubere
Liebelet bis zu der glühenden Liebe spannt, die über
Tod und Grauen hinweg dem Lockruf des Lebens
Elemente hat. Der anständige Journalist weist jede
folgt. Es ist ein liebeleeres aber auch lieblases
Gemeinschaft mit diesen Schädlingen entschieden
Jonrnatistenstück, das als Satire angesprochen werden
zurück. Schnitzler weiß das. Er stellt aber gleichwohl
will. Ein Journalistenstück — da taucht unwillkürlich
Feilheit des Gewissens, Charakterlosigkeit und Wort¬
schaumschlägerei als den Brennpunkt des Journalis¬
die klassische Figur des Schmock auf. Armer Schmock!
mus, als Qualitäten hin, die beim Journalisten am
Man lacht über ihn. Aber dieses Lachen hat keinen
höchsten gewertet werden. Ist das Wahrheit, jene
herben Klang, es schwingt ja darin auch ein klein
Wahrheit, über die der Satiriker seine Geißel
wenig Mitgefühl mit dem geduckten, gutmütigen
sausen lassen darf? Nein — Fink=Fliederbusch ist
Reporter, der seine Metiergeheimnisse, zu denen auch
seine Gabe, nach rechts und nach links zu schreiben, ge¬
ein talentvoller Klopffechter, aber kein typischer
hört, so harmlos wehmütig ausplandert. Diese Gabe
Vertreter des Journalismus, kein Symbol, darin
sich dessen Wesenheit spiegelt.
besitzt auch Fliederbusch, die Vordergrundsgestalt der
Nicht minder
gewichtig als dieser Einwand sind die rein
Schnitzlerschen Komödie. Aber er ist dabei doch aus
künstlerischen Bedenken, die dieses Journalisten¬
einem ganz andern Holz geschnitzt. Er hat Geist und
stück weckt. Schnitzler verfügt nicht über den
journalistisches Temperament, steht indes als be¬
großen juvenalischen Zug jener Satire, die aus der
scheidener externer Mitarbeiter der demokratischen
Empörung aufschäumt. Er ist niemals entrüstet.
„Gegenwart“ — er ist Parlamentsberichterstatter —
„Wir spielen immer, wer es weiß, ist klug“ — dieses
im Schatten. Er sucht sich bemerklich zu machen und Sprüchlein seines Paracelsus ist ja auch sein eigenes
würzt dann und wann seine Berichte durch polemische künstlerisches Leitmotiv. Er hat denn auch nicht jene
Spitzen gegen Minister — sie werden ihm gestrichen. Wärme, die Gerhart Hauptmann in seiner satirischen;
Es droht ihm deshalb sogar die Kündigung. Ein Komödie „Der Biberpelz“ ausstrahlt. Aber selbst
parlamentarisches Ereignis, das er rasch ausnützt, seine sonst so eindringliche Gestaltungskraft und seine
rettet ihn — es wird sogar das Schwungbrett zu
dramatischen Vorzüge vermißt man in seinem
seinem jähen, glänzenden Aufstieg. Bei einem Streik
jüngsten Werke, wo ihm fast bei jedem Schritt der
list Blut geflossen: einige Arbeiter und ein Knabe sind
reale Boden unter den Füßen entgleitet.
erschossen worden. In der Parlamentsdebatte über
Fliederbusch ist eine Marionette. Nirgends in
diesen Vorfall hat der Abgeordnete Graf Niederhof,
dieser Gestalt ein Funke echten, inneren Lebens. Aber
ein Kavalier, der die Politik als Sport betreibt, er¬
er besitzt auch nicht jenen geistigen Schwung, jenen
klärt, daß das Prinzip der staatlichen Autorität höher
genialen Zug einer großen Gauklernatur, der mit¬
stehe als das Leben einzelner. Daraufhin in dem
reißend wirkt. Der kleine Witz seiner Doppelrolle ist
Wochenblatt „Die elegante Welt“ ein den Grafen und
bald ausgeschöpft und verpufft. Feiner gezeichnet ist
seine reaktionären Anschauungen verherrlichender, mit Graf Niederhof. Aber auch dieser schillernde Sophist
dem Namen Fink unterzeichneter Artikel. Fliederbusch
redet ins Leere. Seinem glitzernden Steptizismus ist
schreibt eine flammende Entgegnung mit ironischen
kein einziges Motiv geboten, an dem er sich drama¬
Sticheleien gegen den Grafen und sprühend vor Ent¬
tisch auswirken und beglaubigen könnte. Die Re¬
rüstung gegen Herrn Fink, den er als albernen,
dakteurtypen der „Gegenwart“, leicht umrissen und
würdelosen Snob brandmarkt. Diesen Aufsatz spielt
von humoristischen Lichtern umflimmert, bleiben in
er dem Chefredakteur Leuchter in die Hand, der in
der Anlage stecken und huschen dann nur als Bringer
seinem Blatte sonst Gegensätze ausgleicht, mitunter
von Stichworten vorüber. Was sonst noch auf der
aber auch betont. Diesmal hält er es für angezeigt,
Bühne herumgeistert, ist Staffage. Es ist für diese
sie zu betonen. Er veröffentlicht den Artikel. Dem streb¬
samen jungen Journalisten, dessen Talent in diesem
Satice bezeichnend, daß den echten Erfolg des
Abends der Reporter Kajetan errang, eine
Aufsatz voll aufsprüht, winkt die Aussicht auf ein
festes Engagement bei der „Gegenwart“.
ergötzliche Karikatur. Dem Publikum hat das
Stück den äußeren Anschein nach sehr behagt.
Das sind die Umrisse des ersten Aktes. Der Nach allen Akten überaus lebhafter Beifall. Schnitzler
zweite Akt führt die Redaktion des Wochenblattes „Die
wurde oft gerufen. — Den Fink=Fliederbusch
elegante Welt“ vor, das vorwiegend Sport, Mode und
gab Herr Edthofer in einem milden Lustspielton.
gesellschaftliches Leben pflegt, und einen gewählten
aristokratischen Leserkreis
Aber nicht er als Zentralgestalt, sondern Herr
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