II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 44

27. Fink und Fliederbusch box 33/1
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Theater und Kunst.
[Deutsches Volkstheater.) Die am Sams¬
tag zum ersten Mal aufgeführte neue Komödie von
Artur Schnitzler „Fink und Fliederbusch“*)
gehört unbedingt zu den schwächeren Arbeiten des als
Erzähler wie als Dramatiker gleich erfolgreichen und
angesehenen Schriftstellers. Seine elegante Kunst be¬
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währte sich diesmal nicht in der Erfindung verwickelter,
Wiener Miltags-Zeitung
jedoch theaterwirksamer Seelenzustände, in deren folge¬
richtigen Aneinanderreihung, vorsichtigen Gliederung,
Theater und Kunst.
effektreichen Steigerung, nicht in der Feinheit
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psychologischer Analysen, auch nicht in der geist¬
reichen Lösung spitzfindig gestellter erotischer Probleme;
Schnißzler (?)-Premiere.
ebensowenig besaßte sich der Dichter diesmal
Das Fragezeichen ##t#####vllauf berechtigt. Man glaubt
mit den ihm so geläufigen Marionettenspielen
närlich nicht, daß diese derbe Posse von Artur Schnitzler, dem
des Todes und der Liebe — sein satirischer Sinn
wirklichen, richtigen Artur Schnitzler herrührt. Vor geraumer
war auf ganz anderes gerichtet, auf die Verulkung
##t er sich auf die Idee und die Bearbeitung seines „Fink
gewisser bedauerlicher Übelstände im modernen Zeitungs¬
unf Fliederbusch“ behördlich das Patent ausstellen lassen. Hernach
wabtete er dreieinhalb Jahre, ehe er sich entschloß, die „Komödie“
wesen, die ihm als ebenso lächerlich wie traurig er¬
im Deutschen Volkstheater aufzuführen. Er hätte getrost
schienen, jedenfalls als bekämpfenswert. Schade, daß
noch länger warten dürfen. Dieser dürftige, endlos hinausgezogene
er nicht genauer kennt, bloß dürftige und lückenhafte
Schwank, dessen Unwahrscheinlichkeiten und Plumpheiten der
Eindrücke von dem gewonnen hat, was er temperament¬
Verfasser selbst so deutlich fühlte, daß er, um den Leuten den
voll zu parodieren beabsichtigt. Ein blutjunger Jour¬
„Jau“ klar zu machen, sogar zum Monologrezept griff, bedeutet
fürdie heimische Literatur eine herbe Enttäuschung. Nichts, rein
nalist des Namens Fliederbusch, vielleicht ein Talent,
g# nichts vom leuchtenden Genie eines Schnitzlers ist darin zu
keinesfalls ein Charakter, ist bescheidener Mitarbeiter,
en len, nicht einmal vom Standpunkt des durch die Kriegs¬
Parlamentsberichterstatter der freiheitlichen Tageszeitung
ersatznittel wesentlich vergröberten Geschmackes: kein fesselnder,
„Die Gegenwart“, die die Interessen des Bürgertums ver¬
sprühender Dialog, keine feine, tiefer schürfende, gewissermaßen
tritt. Das hindert den unedlen Jüngling jedoch keines¬
sezierende Psychologie, keine Eleganz der Sprache, kein urwüchsiger
wegs, in dem konservativen Wochenblotte „Die elegante
Humor, keine treffende Satirik. Uebrigens hat man wohl auch
ziemlich verständnislos gestrichen: wenigstens enthält die gleich¬
Welt“ unter dem Deckname. „Fink“ die feudalsten
zeitig bei Fischer in Berlin veröffentlichte Buchausgabe manche
politischen Anschauungen mit Eifer zu vertreten. Der
interessante Stelle, die bei der Bühnenaufführung wegfiel, während
samose Herr hat zwei Tintensässer, ein rotes
zahllose Ueberflüssigkeiten belassen wurden, vielleicht um so etwas
und ein blaues. Seine Frivolität und Gesinnungs¬
wie Rollen für Kramer, Forest und die Waldow zu konstruieren.
losigkeit geht so weit, daß er mit sich selbst
Die Darsteller verwendeten redliche Mühe, besonders um
heftig und erbittert zu polemisieren anhebt. Fink¬
sogenannte aus dem Leben geholte Charaktertypen zu schaffen. Daß
sie dabei öfters übers Ziel schossen, mag ihnen nicht zur Anklage
schreibt gegen Fliederbusch
Fliederbusch greift
werden. Denn der Stoff verführt. Edthofer war von
Fink an. Zwei niedrige Seelen wohnen in derselben
angenehmer Zurückhaltung und bewerkstelligte, daß die zwei Seelen!
Brust. Die beiderseitigen Kollegenschaften finden,
in seiner Brust den Leidtragenden im Zuschauerraum nicht allzu
daß der leidige Zeitungszwist bereits Formen ange¬
schwarz erschienen. Freilich vergaß er, daß der „Flioderbusch“ aus
nommen habe, die in das persönliche Gebiet hinübergreisen,
der — Schiffamtsgasse stammt. Was Thaller aus dem ver¬
daß beleidigende Ausbrücke gefallen seien, die nur
krachten Baron der selbstredend mangels anderer Existenz¬
im ritterlichen Zweikampfe mit der Schußwaffe in
möglichkeiten „Journalist“ mit „Material“ wurde, gestaltete,
gereicht diesem Künstler zu hoher Ehre. Dem Dichter nicht.
der Hand vertreten werden können. Der Autor des #
Forest würzte den widerwärtigen Kajetan mit schauspielerischen
Stückes übersiedelt nun eiligst mit seinem zusammen¬
Zutaten, die vollste Anerkennung verdienen. Kramer und
gerafften satirischen Gepäck auf ein anderes Gebiet
Fräulein Waldow fanden sich prächtig in den spezifisch
und nimmt das Duellunwesen aufs Korn. Der Zwei¬
wienerischen Aristokratenton. Götz, Kutschexa, Klitsch und
kampf wird, wenn, wie hier, die beiden Gegner nur
Homma redigierten nach den Grundsätzen und Wesens¬
einer sind, als Selbstmord ad absurdum geführt. Um
eigenschaften, die ihnen der Chefredakteur Dr. Artur Schnitzler
dieser einen bescheiden spaßhaften Situation und Pointe
gebot. Millmann, Aslan und Fürth standen nicht auf
ihrem Platze, sofern von einem solchen gesprochen werden kann.
willen wird der bedrückte Zuhörer zweiundeinhalb Akte
Um im Bilde zu bleiben: Schnitzler braucht auf die Zeitung, die
ach wie lange, unendlich gesprächige Akte! — hin¬
er da herausgegeben hat, nicht stolz zu sein, obgleich ihm eine
durch bemüht. In keinem Falle soll Schnitzlers Kunst
stattliche Menge augenscheinlich langjähriger Abonnenten anfangs
unterschätzt werden, die es doch dahin brachte,
begeistert zujubelte. Nach dem Abendblatt (das heißt dem letzten
den unergiebigen und unerquicklichen Stoff so lange
Aufzug) wurde es freilich erheblich stiller. Und bald wird dieses
Blättchen ganz eingehen.
hin und her zu wenden, zu drehen, zu strecken, zu
4. S.
dehnen, zu zerren, bis er endlich einen Theaterabend
füllte, aber es wäre doch viel besser, jedenfalls unter¬
haltender gewesen, wenn er lieber — ein ganz anderes
Stück geschrieben hätte als dieses unlustige, dessen
man an keiner Stelle so recht von Herzen froh wird,
dessen Satire nicht trifft, weil sie nicht zutrifft, und
dessen sittliches Pathos durch possenhafte Voraus¬
setzungen um alle Würde gebracht ist. Eine mit mora¬
lischen Tendenzen beschwerte Posse
eine mit Un¬
wahrscheinlichkeiten aufgeputzte Gesellschaftskomödie —
ein Tendenzstück, das zur Farce ausartet! Somit weder
Posse noch Gesellschaftskomödie noch sonst irgend
etwas Rechtes und Ganzes.
Herr Edthofer
gab dem traurigen Doppelhelden etwas von der