II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 45

mit den ihm so geläufigen Marionettenspielen
des Todes und der Liebe — sein satirischer Sinn
war auf ganz anderes gerichtet, auf die Verullung
gewisser bedauerlicher Übelstände im modernen Zeitungs¬
wesen, die ihm als ebenso lächerlich wie traurig er¬
schienen, jedenzalls als bekämpfenswert. Schade, daß
er nicht genauer kennt, bloß dürftige und lückenhafte
Eindrücke von dem gewonnen hat, was er temperament¬
voll zu parodieren beabsichtigt. Ein blutjunger Jour¬
nalist des Namens Fliederbusch, vielleicht ein Talent,
keinesfalls ein Charakter, ist bescheidener Mitarbeiter,
Parlamentsberichterstatter der freiheitlichen Tageszeitung
„Die Gegenwart“, die die Interessen des Bürgertums ver¬
tritt. Das hindert den unedlen Jüngling jedoch keines¬
wegs, in dem konservativen Wochenblotte „Die elegante
Welt“ unter dem Decknamen „Fink“ die feudalsten
politischen Anschauungen mit Eifer zu vertreten. Der
famose Herr hat zwei Tintensässer, ein rotes
und ein blaues. Seine Frivolität und Gesinnungs¬
losigkeit geht so weit, daß er mit sich selbst
heftig und erbittert zu polemisieren anhebt. Fink
Fliederbusch greift
schreibt gegen Fliederbusch —
Fink an. Zwei niedrige Seelen wohnen in derselben,
Brust. Die beiderseitigen Kollegenschaften finden,
daß der leidige Zeitungszwist bereits Formen ange¬
nommen habe, die in das persönliche Gebiet hinübergreisen,
daß beleidigende Ausbrüce gesallen seien, die aus
im ritterlichen Zweikampfe mit der Schußwaffe in
der Hand vertreten werden können. Der Autor des
Stückes übersiedelt nun eiligst mit seinem zusammen¬
gerafften satirischen Gepäck auf ein anderes Gebiet
und nimmt das Duellunwesen aufs Korn. Der Zwei¬
kampf wird, wenn, wie hier, die beiden Gegner nur
einer sind, als Selbstmord ad absurdum geführt. Um
dieser einen bescheiden spaßhaften Situation und Pointe
willen wird der bedrückte Zuhörer zweiundeinhalb Akte
— ach wie lange, unendlich gesprächige Akte! — hin¬
durch bemüht. In keinem Falle soll Schnitzlers Kunst
unterschätzt werden, die es doch dahin brachte,
den unergiebigen und unerquicklichen Stoff so lange
hin und her zu wenden, zu drehen, zu strecken, zu
dehnen, zu zerren, bis er endlich einen Theaterabend!
füllte, aber es wäre doch viel besser, jedenfalls unter¬
haltender gewesen, wenn er lieber — ein ganz anderes
Stück geschrieben hätte als dieses unlustige, dessen
man an keiner Stelle so recht von Herzen froh wird,
dessen Satire nicht trifft, weil sie nicht zutrifft, und
dessen sittliches Pathos durch possenhafte Voraus¬
setzungen um alle Würde gebracht ist. Eine mit mora¬
— eine mit Un¬
lischen Tendenzen beschwerte Posse
wahrscheinlichkeiten aufgeputzte Gesellschaftskomödie —
ein Tendenzstück, das zur Farce ausartet! Somit weder
Posse noch Gesellschaftskomödie noch sonst irgend
Herr Edthofer:
etwas Rechtes und Ganzes.
gab dem traurigen Doppelhelden etwas von der
sympathischen Anmut seiner eigenen Natur; er milderte,
wo und wie er konnte, die Dreistigkeit durch schalk¬
hafte Spitzbüberei. Ganz meisterlich war Herr
Thaller als alter Aristokrat, den die Spielschulden
— zur Zeilenschinderei ver¬
zur Zeitungsschreiberei
schlagen haben. Frl. Waldow spielte eine vor¬
nehme Dame wahrhaft vornehm, dabei wienerisch
liebenswürdig. Die Kombination von Herablassung
und Zurückhaltung gelang ihr überaus fein. Einen
geistreichen Grafen, dem alles zum Sport wird,
sprach und spielte Herr Kramer mit eleganter
federnder Leichtigkeit und Geschmeidigkeit. Herr
Forest hatte als eiliger, schusseliger Reporter,
als überheizter Schmock großen und verdienten
Erfolg. Die übrigen Rollen, vom Verfasser
recht kärglich bedacht, waren mit den allerersten und
glänzendsten Kräften des Hauses besetzt worden, die
sich selbstlos und opferbereit in den Dienst des von
Herrn Dr. Schulbaur geschmackvoll und umsichtig
geleiteten, tadellos klappenden Zusammenspieles stellten.
Der anfangs lebhaft einsetzende Beifall ermattete von
Akt zu Akt mit dem erlahmenden Stück. Der Dichter
wurde gleichwohl wiederholt vor die Rampe geklatscht.
Tg·
URESDNER ANZEIGee
—e T
Arthur Schnitzlers neué Ihmodie Fink und
jederbusch im Wiener Deutschen
Velkstheater nur einen mittelmäßigen Ofolg gehabt. Das
Stick bebandelt Zeitung und Zeitungsleute ohne besondere
Ehenart und volle Überzeugungskraft. 1
61941977
Vesasche Zoitsug, Berlte

Archur Schninlerdnene Komödie „Fink und Flie¬
[T verbasch“ hat, wie unser a. p.=Borichterstatter aus Wien
drahtet, im Deuschen Volkstheater mäßig angesprochen.
Das Stück behandelt das Thema Zeitung und Zeitungsleute mit
lanstem Sarkasmus, es hat einen spaßigen Grundeinfall, aber nicht
den Mut zu herzhafter Lustigkeit. Im Bestreben vornehm zu
# bleiben, wird die Komödie saftlos, die Schilderung des Zeitungg
nsbiauts geriet wenig originell.
#a .