27. Eink und Fliederbusch
16 10
Dresüher Nachrichter
+ Arthur Schnitzlers—nene Komödie „Fink uni
Fliederbusch“ wurde im Wiener Deutschen
Volkstheater uraufgeführt, ohne stark zu wirken. Sie
behandelt das Tbema Zeitung und Zeitungsleute. Karl
Schönharrs neuestes Drama „Frau Suitner“ hatte
im Burgtheater Erfolg.—
erhau : Ar
box 337
ZU
Aayesse: Hamburg
Datum:
4 7.N00. 1
7
Theater, Kunstl
und Wissenschafts
Ein neues Drama
von Arthur Schnitzler.
„Fink und Fliederbusch“.
uraufführung in ###
Die am Deutschen Vollsthea¬
zum ersten Male zur Aufführung ge¬
brachte dreiaktige Komödie „Fink und Flieder¬
busch“ von Arthur Schnitzler wird für den
größten Teil des Publikums eine Enttäuschung
gewesen sein. Daß der Verfasser des „Ana¬
iol“=Zyklus und all der anderen Stücke,
welchen die sexuellen Probleme es sind,
beherrschend im Vordergrunde stehen, der
Schöpfer der gestrigen Neuheit ist, würde man
kaum glauben, wenn man nicht durch die Be¬
handlung des Dialogs und nicht zuletzt auch
badurch daran gemahnt werden würde, daß
Schnitzler sich wieder einmal mit einem seiner
Zieblingsthemen, mit der Frage der Berechti¬
gung oder Verwerflichkeit des Zweikampfes be¬
häftigen würde, die er in seinem bekannten
Feuilleton „Leutnant Gustel" und in „Frei¬
wild“ behandelt hat. Der so poetisch klingende
Titel der Komödie i
eine Irreführung.
„Fink" und „Fliederbusch“ sind Namen, unter
welchen ein junger Journalist
zwei
verschiedenen Blättern entgegengesetzter poli¬
scher Richtung schreibt. Das heißt, die Sache
verhält sich noch etwas anders. In dem zwei¬
in Blatt polemisiert er gegen die Artikel,
die er in dem ersten veröffentlicht hat. Durch
eine groteske Verkettung von Umständen kommt
S
es sogar dazu, daß Fink von Fliederbusch
ritterliche Genugtnung zu fordern gezwungen
wird. Der Zweikampf wird wirklich festgesetzt,
und zwar unter besonders scharfen Bedingun¬
gen. Erst auf dem Kampfplatz wird es offen¬*
bar, daß Fink und Fliederbusch eins sind.
Das ist das dürre Gerippe der Komödie
Schnitzlers, das mit einer reichlichen Anzahl
von Aphorismen über Moral, Politik und Ge¬
sellschaft, vor „allem aber auch über Wesen
und Wert persönlicher Ueberzeugung drapiert
.Nach dem Ausklang der Komödie scheint
Schnitzler der Meinung zu sein, daß die Welt
Ueberzeugungstreue nicht besonders hoch ein¬
schätzt, sondern daß sie größeren Wert auf Viel¬
seitigkeit und Wandlungsfähigkeit legt, weil da¬
durch erwiesen wird, daß die beiden Blätter
durch ein förmliches Lizitieren des Gehaltes
sich der Mitarbeiterschaft des journalistischen
Chamaeleons Fink=Fliederbusch zu versichern be¬
strebt sind. Die Darstellung der Komödie, für
die das Interesse durch eine mehrere Porträts
bekannter Wiener Journalisten aufweisende
Milieuschilderung gesteigert wurde, war eine
vorzügliche. Frl. Waldow — in der einzi¬
gen weiblichen Rolle
— sowie die Herren
Edthof
in der Titelrolle
Kra¬
mer, Fürth, Kutschera, Klitsch,
Forest, Götz und Millmann sorgten
für ein flottes Zusammenspiel und überbrückten
—
so manche bedenkliche Stelle.
16 10
Dresüher Nachrichter
+ Arthur Schnitzlers—nene Komödie „Fink uni
Fliederbusch“ wurde im Wiener Deutschen
Volkstheater uraufgeführt, ohne stark zu wirken. Sie
behandelt das Tbema Zeitung und Zeitungsleute. Karl
Schönharrs neuestes Drama „Frau Suitner“ hatte
im Burgtheater Erfolg.—
erhau : Ar
box 337
ZU
Aayesse: Hamburg
Datum:
4 7.N00. 1
7
Theater, Kunstl
und Wissenschafts
Ein neues Drama
von Arthur Schnitzler.
„Fink und Fliederbusch“.
uraufführung in ###
Die am Deutschen Vollsthea¬
zum ersten Male zur Aufführung ge¬
brachte dreiaktige Komödie „Fink und Flieder¬
busch“ von Arthur Schnitzler wird für den
größten Teil des Publikums eine Enttäuschung
gewesen sein. Daß der Verfasser des „Ana¬
iol“=Zyklus und all der anderen Stücke,
welchen die sexuellen Probleme es sind,
beherrschend im Vordergrunde stehen, der
Schöpfer der gestrigen Neuheit ist, würde man
kaum glauben, wenn man nicht durch die Be¬
handlung des Dialogs und nicht zuletzt auch
badurch daran gemahnt werden würde, daß
Schnitzler sich wieder einmal mit einem seiner
Zieblingsthemen, mit der Frage der Berechti¬
gung oder Verwerflichkeit des Zweikampfes be¬
häftigen würde, die er in seinem bekannten
Feuilleton „Leutnant Gustel" und in „Frei¬
wild“ behandelt hat. Der so poetisch klingende
Titel der Komödie i
eine Irreführung.
„Fink" und „Fliederbusch“ sind Namen, unter
welchen ein junger Journalist
zwei
verschiedenen Blättern entgegengesetzter poli¬
scher Richtung schreibt. Das heißt, die Sache
verhält sich noch etwas anders. In dem zwei¬
in Blatt polemisiert er gegen die Artikel,
die er in dem ersten veröffentlicht hat. Durch
eine groteske Verkettung von Umständen kommt
S
es sogar dazu, daß Fink von Fliederbusch
ritterliche Genugtnung zu fordern gezwungen
wird. Der Zweikampf wird wirklich festgesetzt,
und zwar unter besonders scharfen Bedingun¬
gen. Erst auf dem Kampfplatz wird es offen¬*
bar, daß Fink und Fliederbusch eins sind.
Das ist das dürre Gerippe der Komödie
Schnitzlers, das mit einer reichlichen Anzahl
von Aphorismen über Moral, Politik und Ge¬
sellschaft, vor „allem aber auch über Wesen
und Wert persönlicher Ueberzeugung drapiert
.Nach dem Ausklang der Komödie scheint
Schnitzler der Meinung zu sein, daß die Welt
Ueberzeugungstreue nicht besonders hoch ein¬
schätzt, sondern daß sie größeren Wert auf Viel¬
seitigkeit und Wandlungsfähigkeit legt, weil da¬
durch erwiesen wird, daß die beiden Blätter
durch ein förmliches Lizitieren des Gehaltes
sich der Mitarbeiterschaft des journalistischen
Chamaeleons Fink=Fliederbusch zu versichern be¬
strebt sind. Die Darstellung der Komödie, für
die das Interesse durch eine mehrere Porträts
bekannter Wiener Journalisten aufweisende
Milieuschilderung gesteigert wurde, war eine
vorzügliche. Frl. Waldow — in der einzi¬
gen weiblichen Rolle
— sowie die Herren
Edthof
in der Titelrolle
Kra¬
mer, Fürth, Kutschera, Klitsch,
Forest, Götz und Millmann sorgten
für ein flottes Zusammenspiel und überbrückten
—
so manche bedenkliche Stelle.