II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 140

27. Einkund Frjederbusch
der zuhleich für ein nberotes und konserbalibes;
Blatt schreibt und in die Lage kommt, sich selbsten
in dei Zeitung zu beschimpfen? Ein Feuilleton
in einem mittleren Witzblatt, das Schlußstück im
Programm einer Lichtspielbühne — nach Abwick=sc
lung des seriösen Detektiv=Dramas — wäre der n
würdigere Platz für die Gestaltung solchen Ein¬ 4
falls. Von den äußeren Unmöglichkeiten der
Handlung ganz zu schweigen nie noch hat u
Schnitzler ein so in Fabel und Dialeg dürstiges 2
Werk geschrieben. Den Zoll an die Personen¬ L
zeichnung und wohl auch an die Satire entrichtetin
er, indem er einige wohlbekannte Typen aus i
Redaktionsstuben hinstellt, unter denen der im d
Leitartikelstil sprechende politische Redakteurn
natürlich nicht sehlt, Typen freilich, die wieder z.
nur Abdrücke von Clichés sind; und dort, wo sien
etwas Herzhaft=Lustiges sagen, klingt es in
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Stimmung und gelegentlich im Wortlaut an jenes
glänzende dramatische Gespräch in einer Redaktion
an, das einst Karl Kraus in parodistischer Laune
schrieb. Um, neben dem Vermerk auf dem Titel¬
blatt, die Marke des Autors auch sonst noch anzu¬
bringen, kommt der übliche Schnitzlersche
Aristokrat vor, der einige kluge Worte — die ein¬
zigen — spricht, aber alsbald in einen überhitzten
Zynismus verfällt, der in ganz plan= und halt¬
lose Reflexionen mündet. Und als des Humors
letzter Schluß bei dieser in einer Großstadt spie¬
lenden, aber geistig ganz kleinstädtischen Jour¬
nalistenkomödie ergibt sich: die „Fixigkeit“ des
Reporters.
Um dieses Erzeugnis schwacher Stundenbe#
mühte sich gestern die von Herrn Demetz ge¬
leitete Aufführung, nicht ohne einige nützliche
Striche vorzunehmen, aber auch nicht, ohne man¬
ches Witzwort unter den Tisch fallen zu lassen.
Den geriebenen Titelhelden aibt Herr Fehér
mit der frischen Skrupellosigkeit, den er für solche
Fälle bereit hat und der ihn recht gut kleidet. Wie
er, unterwürfig und frech, schüchtern und kühn zu¬
gleich, die Verwandlung vom kümmerlichen Zeilen¬
schinder zum umworbenen Leitartikler demon¬
strierte, das war gescheit und witzig gespielt. In
der Redaktion des liberalen Blattes erdröhnt es
natürlich von jenem Jaraon, den man jetzt auf der
Bühne mit steigender Häusigkeit zu hören be¬
kommt. Mit besonderem Feuereifer legt sich Herr
Wurmser ins Zeug, der übrigens den Typus
nicht übel, jedenfalls mit viel Drastik hinstellt,
neben ihm die Herren Bogyansky, Zeis¬
ler Volker und Bauer. Weniger amüsant
geht es in der anderen Redaktion zu, deren Chef
Herr Reinhardt spielt und wo nur Herr
Romanowsky eine lebenswahre Fiaur zeich¬
net. Die Gescheitheiten des Grasen hat Herr
Huttig vorzutragen und Herr Hofer schießt
als betriebsamer Reporter und Bühnendichter
zwischen Redaktionen und Ereignissen hin und
her. Die einzige weiblic
schüne Frau, spielt Fr
Essenheit. Doch ko
*
###achen Werk keine
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Beifall erstickte im K
box 33/2
— —
ung: Prager Tagblatt

resse: Prag
2 2.900.1917
itum:
„Theater und Kunst.=
„Fink und Fliederbusch“
Komödié von Aribur Schnitzler. Erstazfführung
gestern im Neuen Theater.
Eine Ivornalistenkomödie von Schnitzler?
Von dem ironischen Kenner und Zergliederer
mittelstarker Nazuren, dem überlegenen Prüfer.
aller Motive, die schließliche die Probe auf ihre
Echtheit nicht bestehen, dem Tichter jener Gesell¬
schaft, in de sich die Aristotraten vorurteilsfrei¬
und doch nicht ohne hochmütigen Hohn, mit Bür¬
gern und Bohemiens begegnen, von ihm darf man
doch erwarten, daß er mit seinem wehmütigen
Humor, ein Journalistenstück schreibt,
dem
in
dieser im Zwielicht von Kunst und Handwerk
schimmernde Beruf von einer neuen Seiterherer
faßt und abgeschildert wird? Zumal er nur ins
Nachbarhins, in eine Sphäre, die der seinigen
sozial und persönlich verwandt ist, zu blicken
braucht, um stofflich überreich versehen zu sein;
uner uberons gerode die Wiener Jolem
mit ihrem westenördlichen Mischungscharakter dem
Psychologen gesellschaftlicher Stimmungen die
Beobachtungen und Erkenntnisse von selbst an die
Hind gibt. Eine Journalistenkomödie von
Schnitzler, der selbst im sorglosesten Millionär¬
und Adligen irgend einen Bodensatz von Welt¬
schmerz aufstöbert,ird doch die Melancholie"
und den tregikomischen Zwiesp lt im Wesen dieser
Halbbürger und Halbkünstler ausgreifen und
formen?
Da ist nun aber, gerade in der Stadt, in
der einst Jalob Julius Davids Bekenntnisbuch
über die Zeitung erschienen ist, von dem reprä¬
feutativen Mann der Wiener Literatur eine Ko¬
mödie verfaßt worden, die alles das, was sie hätte
sehen müssen, nicht sieht. Gerade Schnitzler, dessen
Dichtungen die umslorte Heiterkeit den eigentlichen
Reiz und Wert gibt, hätte dieses Lustspiel mit
einem lachenden und einem nassen Auge schreiben
müssen. Statt dessen stürzt er sich in ein Flechland,
in dem kleine Geister — von Kino=Operateuren
ganz abgesehen — mit beträcktlich größerem Glück
sich umhertreiben. Bedurfte es des Schöpfers
von „Anatol“ um, als des Witzes Höhepunkt, den
Lonslikt zu ersinnen, daß ein aufstrebender Repor¬
ter zugleich für ein üiberales und konservatives
Blatt schreibt und in die Lage kommt, sich selbst
in der Zeitung zu beschimpfen? Ein Feuilleton
in einem mittleren Witblatt, das Schlußstück im
Progrumm einer Lichispielbühne — nach Abwick¬
lung des seriösen Detektiv=Dramas — wäre der
würdigere Platz für die Gestaltung solchen Ein¬
falls. Von den äußeren Unmöglichkeiten der

nie noch hat
Handlung ganz zu schweigen
Schnitzler ein so in Fabel und Dialeg dürftiges
Werk geschrieben Den Zoll an die Personen¬
zeichnung und wohl auch an die Satire entrichtet
er, indem er einige wohlbekannte Typen aus
Redaktionsstuben hinstellt, unier denen der im
Leitartikelstil sprechende politiiche Redakteur
natürlich nicht fehlt, Trpen freilich, die wieder“
nur Abdrücke von Clichés sind; und dort, wo sie
etwas Herzhaft=Lustiges sagen, klingt es in
Stimmung und gelegentlich im Wortlaut an jenes
glänzende dramatische Gespräch in einer Redaktion
an, das einst Karl Kraus in parodistischer Laune
schrieb. Um, neben dem Vermerk auf dem Titel.
hlatt, die Marke des Autors auch sonst noch anzu¬
bringen, kommt, der übliche Schnitzlersche