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Psychologen gesellschaftlicher Stimmungen die
Beobachtungen und Erkenntnisse von selbst an die
e Journalistenkomödie von
Hund gibt.
Schnitzler, der selbst im sorglosesten Millionär,
und Adligen iraend einen Bodensatz von West¬
doch die Melancholie
schmerz aufstöbert, wit
und den tragikomischen Zwiespalt im Wesen dieser
Halbbürger und Halbkünsiler aufgreifen und
formen?
Da ist nun aber, gerode in der Stadt, in
der
cinst Jakob Julius Damds Bekenntnisbuch
über die Zeitung erschienen ist, von dem reprä¬
sentativen Mann der Wiener Literatur eine Ko¬
mödie verfaßt worden, die alles das, was sie hätte
sehen müssen, nicht sieht. Gerade Schnitzler, dessen
Dichtungen die umslorte Heiterkeit den eigentlichen
Reiz und Wert gibt, hätte dieses Lustspiel mit
einem lachenden und einem nassen Auge schreiben
müssen. Statt dessen stürzt er sich in ein Flachland,
in dem kleine Geister — von Kino=Operateuren
ganz abgesehen — mit beträchtlich größerem Glück
sich umhertreiben. Bedurste es
des Schöpfers
von Anatol“ um, als des Wites Höhepunkt, den
Konflikt zu ersinnen, daß ein aufstrebender Repor¬
ter zugleich für ein liberales und konseroatives
Blatt schreibt und in die Lage kommt, sich selbst
in der Zeitung zu beschimpfen? Ein Fevilleton
in einem mittleren Witzblatt, das Schlußstück im
Programm einer Lichtspielbühne — nach Abwick¬
lung des seriösen Detektiv=Dramas — wäre der
würdigere Platz für die Gestaltung solchen Ein¬
falls. Von den äußeren Unmöglichkeiten der
Handlung ganz zu schweigen — nie noch hat
Schnitzler ein so in Fabel und Dialeg dürftiges
Werk geschrieben. Den Zoll an die Personen¬
zeichnung und wohl auch an die Satire entrichtet
er, indem er einige wohlbekannte Typen aus
Redaktionsstuben hinstellt, unier denen der im
Leitartikelstil sprechende politische Redakteur
natürlich nicht sehlt, Trpen freilich, die wieder
nur Abdrücke von Clichés sind; und dort, wo sie
etwas Herzhaft=Lustiges sagen, klingt es in!
Stimmung und gelegentlich im Wortlaut an jenes
glänzende dramatische Gespräch in einer Redaktion
an, das einst Karl Kraus in parodistischer Laune
schrieb. Um, neben dem Vermerk auf dem Titel¬
blatt, die Marke des Autors auch sonst noch anzu¬
bringen, kommt der übliche Schnitzlersche
Aristokrat vor, der einige kluge Worte — die ein¬
zigen — spricht, aber alsbald in einen überhitzten
Zynismus verfällt, der in ganz plan= und halt¬
lose Reflexionen mündet. Und als des Humors
letzter Schluß bei dieser in einer Großstadt spie¬
lenden, aber geistig ganz kleinstädtischen Jour¬
nalistenkomödie ergibt sich: die „Fixigkeit“ des
Reporters.
Um dieses Erzeugnis schwacher Stunden be¬
mühte sich gestern die von Herrn Demetz ge¬
leitete Aufführung, nicht ohne einige nützliche
Striche vorzunehmen, aber auch nicht, ohne man¬
ches Witzwort unter den Tisch fallen zu lassen.
Den geriebenen Titelhelden oibt Herr Fehér
mit der frischen Skrupellosigkeit, den er für solche
Fälle bereit hat und der ihn recht gut kleidet. Wie
er, unterwürsig und frech, schüchtern und kühn zu¬
gleich, die Verwandlung vom kümmerlichen Zeilen¬
schinder zum umworbenen Leitartikler demon¬
strierte, das war gescheit und witzig gespielt. In
der Redaktion des liberalen Blattes erdröhnt es
natürlich von nem Jargon, den man jetzt auf der
Bühne mit steigender Häusigkeit zu hören be¬
kommt. Mit besonderem Feuereifer legt sich Herr
Wurmser ins Zeug, der übrigens den Typus
nicht übel, jedenfalls mit viel Drastik hinstellt,
neben ihm die Herren Bogyansky, Zeis¬
ler Volker und Bauer. Weniger amüsant
geht es in der anderen Redaktion zu, deren Chef
Herr Reinhardt spielt und wo nur Herrs
Romanowsky eine lebenswahre Figur zeich¬
net. Die Gescheitheiten des Grafen hat Herr
Huttig vorzutragen und Herr Hofer schießt
als betriebsamer Reporter und Bühnendichter
zwischen Redaktionen und Ereignissen hin und
her. Die einzige weibliche Rolle, natürlich eine
schöne Frau, spieli Frau Breda mit stolzer Ge¬
lassenheit. Doch konnte redliche Mühe
de¬
schwachen Werk keine Kraft geben; man sah und
hörte mit Achtung und Geduld, aber der zaghafte
Beifall erstickte im Hüsteln.
Montagsblatt aus Böhmen, Prag%..
Fink und Fliederbusch. Komödie von Arthur
Schnitzler. Es gab eine Zeit, da man einer Schnitz¬
lerschen Erstäufführung mit berechtigter Spannung ent¬
gegensah. Damals war Schnitzler noch der erste dra¬
matische Dichter der österreichischen Gegenwart. Dann
kam eine Zeit, da er Dichter und Weiser zugleich war;
seine Werke verloren zwar an Kraft, aber gewannen
dafür Anmut und waren durchleuchtet von reifer, iro¬
nischer Weisheil. Heute aber ist nichts übrig geblieben,
als ein Rest dieser ironisierenden Weisheit und auch
die ist vielfach in billige Klugheit verflacht. Der gegen¬
wärtigen Journalistenkomödie fehlt so ziemlich alles,
was zu einem dramatischen Werke gehört. Man hat
sich bei der gegenwärtigen Fleischnot an wenig Fleisch
gewöhnt, aber nur Tunke und gar kein Fleisch, das ist
auch für einen literarischen Magen zu wenig. Ein feuil¬
letonistischer Witz, der übrigens gar nicht übel ist, wird
durch vier Bilder hindurch breitgeschlagen, bis man
dessen yerzlich überdrüssig ist. Schnitzler will den Sno¬
bismus verhöhnen, aber es will mir schier bedünken,
daß er selbst an diesem Uebel erkrankt ist, worauf schon
die Namen der Personen hindeuten. Preßhefe allein
genügt nicht für eine Pressekomödie. In diesem Stücke
schwankt alles, die Gesinnung der Personen, die labile
Handlung und — auch der Erfolg. — Die Spiellei¬
tung des Herrn Demetz gab sich die größte Mühe,
das schwankende Werk zu stützen; aber Inszenierung
und Darstellung mußten versagen. Unter den Mitwir¬“
kenden ragte Herr Fehêr hervor, der mit frischer Keck¬
heit die Doppelsigur des Fink und Fliederbusch hin¬
schmiß, eines Journalisten, der in zwei gegensätzlichen
Zeitungen den Ringkampf mit sich selbst durchführt
und schließlich ein Duell mit sich selbst bestehen soll.
Herr Huttig war diesmal vornehmer als Aristo¬
krat, als man es sonst von ihm gewöhnt ist. Herr
Hofer verschmockte den Charakter seiner Rolle voll¬
ständig. Auch Herr Koch war matter als sonst; in
Wien hatte gerade seine Nolle einen starken, freilich
den einzigen Erfolg. In Prag war es höchstens ein
F.
Achtungserfolg.
„ # antschar Sinangraeaanih
Psychologen gesellschaftlicher Stimmungen die
Beobachtungen und Erkenntnisse von selbst an die
e Journalistenkomödie von
Hund gibt.
Schnitzler, der selbst im sorglosesten Millionär,
und Adligen iraend einen Bodensatz von West¬
doch die Melancholie
schmerz aufstöbert, wit
und den tragikomischen Zwiespalt im Wesen dieser
Halbbürger und Halbkünsiler aufgreifen und
formen?
Da ist nun aber, gerode in der Stadt, in
der
cinst Jakob Julius Damds Bekenntnisbuch
über die Zeitung erschienen ist, von dem reprä¬
sentativen Mann der Wiener Literatur eine Ko¬
mödie verfaßt worden, die alles das, was sie hätte
sehen müssen, nicht sieht. Gerade Schnitzler, dessen
Dichtungen die umslorte Heiterkeit den eigentlichen
Reiz und Wert gibt, hätte dieses Lustspiel mit
einem lachenden und einem nassen Auge schreiben
müssen. Statt dessen stürzt er sich in ein Flachland,
in dem kleine Geister — von Kino=Operateuren
ganz abgesehen — mit beträchtlich größerem Glück
sich umhertreiben. Bedurste es
des Schöpfers
von Anatol“ um, als des Wites Höhepunkt, den
Konflikt zu ersinnen, daß ein aufstrebender Repor¬
ter zugleich für ein liberales und konseroatives
Blatt schreibt und in die Lage kommt, sich selbst
in der Zeitung zu beschimpfen? Ein Fevilleton
in einem mittleren Witzblatt, das Schlußstück im
Programm einer Lichtspielbühne — nach Abwick¬
lung des seriösen Detektiv=Dramas — wäre der
würdigere Platz für die Gestaltung solchen Ein¬
falls. Von den äußeren Unmöglichkeiten der
Handlung ganz zu schweigen — nie noch hat
Schnitzler ein so in Fabel und Dialeg dürftiges
Werk geschrieben. Den Zoll an die Personen¬
zeichnung und wohl auch an die Satire entrichtet
er, indem er einige wohlbekannte Typen aus
Redaktionsstuben hinstellt, unier denen der im
Leitartikelstil sprechende politische Redakteur
natürlich nicht sehlt, Trpen freilich, die wieder
nur Abdrücke von Clichés sind; und dort, wo sie
etwas Herzhaft=Lustiges sagen, klingt es in!
Stimmung und gelegentlich im Wortlaut an jenes
glänzende dramatische Gespräch in einer Redaktion
an, das einst Karl Kraus in parodistischer Laune
schrieb. Um, neben dem Vermerk auf dem Titel¬
blatt, die Marke des Autors auch sonst noch anzu¬
bringen, kommt der übliche Schnitzlersche
Aristokrat vor, der einige kluge Worte — die ein¬
zigen — spricht, aber alsbald in einen überhitzten
Zynismus verfällt, der in ganz plan= und halt¬
lose Reflexionen mündet. Und als des Humors
letzter Schluß bei dieser in einer Großstadt spie¬
lenden, aber geistig ganz kleinstädtischen Jour¬
nalistenkomödie ergibt sich: die „Fixigkeit“ des
Reporters.
Um dieses Erzeugnis schwacher Stunden be¬
mühte sich gestern die von Herrn Demetz ge¬
leitete Aufführung, nicht ohne einige nützliche
Striche vorzunehmen, aber auch nicht, ohne man¬
ches Witzwort unter den Tisch fallen zu lassen.
Den geriebenen Titelhelden oibt Herr Fehér
mit der frischen Skrupellosigkeit, den er für solche
Fälle bereit hat und der ihn recht gut kleidet. Wie
er, unterwürsig und frech, schüchtern und kühn zu¬
gleich, die Verwandlung vom kümmerlichen Zeilen¬
schinder zum umworbenen Leitartikler demon¬
strierte, das war gescheit und witzig gespielt. In
der Redaktion des liberalen Blattes erdröhnt es
natürlich von nem Jargon, den man jetzt auf der
Bühne mit steigender Häusigkeit zu hören be¬
kommt. Mit besonderem Feuereifer legt sich Herr
Wurmser ins Zeug, der übrigens den Typus
nicht übel, jedenfalls mit viel Drastik hinstellt,
neben ihm die Herren Bogyansky, Zeis¬
ler Volker und Bauer. Weniger amüsant
geht es in der anderen Redaktion zu, deren Chef
Herr Reinhardt spielt und wo nur Herrs
Romanowsky eine lebenswahre Figur zeich¬
net. Die Gescheitheiten des Grafen hat Herr
Huttig vorzutragen und Herr Hofer schießt
als betriebsamer Reporter und Bühnendichter
zwischen Redaktionen und Ereignissen hin und
her. Die einzige weibliche Rolle, natürlich eine
schöne Frau, spieli Frau Breda mit stolzer Ge¬
lassenheit. Doch konnte redliche Mühe
de¬
schwachen Werk keine Kraft geben; man sah und
hörte mit Achtung und Geduld, aber der zaghafte
Beifall erstickte im Hüsteln.
Montagsblatt aus Böhmen, Prag%..
Fink und Fliederbusch. Komödie von Arthur
Schnitzler. Es gab eine Zeit, da man einer Schnitz¬
lerschen Erstäufführung mit berechtigter Spannung ent¬
gegensah. Damals war Schnitzler noch der erste dra¬
matische Dichter der österreichischen Gegenwart. Dann
kam eine Zeit, da er Dichter und Weiser zugleich war;
seine Werke verloren zwar an Kraft, aber gewannen
dafür Anmut und waren durchleuchtet von reifer, iro¬
nischer Weisheil. Heute aber ist nichts übrig geblieben,
als ein Rest dieser ironisierenden Weisheit und auch
die ist vielfach in billige Klugheit verflacht. Der gegen¬
wärtigen Journalistenkomödie fehlt so ziemlich alles,
was zu einem dramatischen Werke gehört. Man hat
sich bei der gegenwärtigen Fleischnot an wenig Fleisch
gewöhnt, aber nur Tunke und gar kein Fleisch, das ist
auch für einen literarischen Magen zu wenig. Ein feuil¬
letonistischer Witz, der übrigens gar nicht übel ist, wird
durch vier Bilder hindurch breitgeschlagen, bis man
dessen yerzlich überdrüssig ist. Schnitzler will den Sno¬
bismus verhöhnen, aber es will mir schier bedünken,
daß er selbst an diesem Uebel erkrankt ist, worauf schon
die Namen der Personen hindeuten. Preßhefe allein
genügt nicht für eine Pressekomödie. In diesem Stücke
schwankt alles, die Gesinnung der Personen, die labile
Handlung und — auch der Erfolg. — Die Spiellei¬
tung des Herrn Demetz gab sich die größte Mühe,
das schwankende Werk zu stützen; aber Inszenierung
und Darstellung mußten versagen. Unter den Mitwir¬“
kenden ragte Herr Fehêr hervor, der mit frischer Keck¬
heit die Doppelsigur des Fink und Fliederbusch hin¬
schmiß, eines Journalisten, der in zwei gegensätzlichen
Zeitungen den Ringkampf mit sich selbst durchführt
und schließlich ein Duell mit sich selbst bestehen soll.
Herr Huttig war diesmal vornehmer als Aristo¬
krat, als man es sonst von ihm gewöhnt ist. Herr
Hofer verschmockte den Charakter seiner Rolle voll¬
ständig. Auch Herr Koch war matter als sonst; in
Wien hatte gerade seine Nolle einen starken, freilich
den einzigen Erfolg. In Prag war es höchstens ein
F.
Achtungserfolg.
„ # antschar Sinangraeaanih