II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 174

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27. Eink und Fliederbusch
e Rundschau
rgen-Ausgabe
8 DEZ./977
S PF R
den's doch gar nicht gibt, fordert den Fliederbusch, den's
ebenfalls nicht gibt? Fink=Fliedrbusch lacht sich in drei recht
Kunstleben.
langen Monologen darüber selber fast zu Tode . .. fast, denn
noch muß er ja doch am Leben bleiben, um einer pikanten
sing-Theaker.
Fürstin den Hof zu machen und mit dem Gnafen Niederhof
rbusch“, Komödie in 3 Akten
der einzig wahren und echten Gestalt dieser traurigen
Kerzur Schnitzler.
Komödie — besagtes Gespräch von den verschiedenen Ueber¬
doch an die „Joxphalisten“. Das
zeugungen zu haben. Dann aber kommt das Duell. Im
Prater, in einem Prater, den die Phantasie eines Herrn
und Frankfurt a. M., wo diese
Uraufführung erlebte, auch schon
Michael Rachlis zu einer Urlandschaft des Paradieses werden
hübsch ist. Aber Fheaterzettel und
läßt, was vielleicht die Komik der Situation erhöhen sollte ...
Doch nein, dieses Duell kommt nicht. Denn weder ist der Fink
sichtiger als alle guten Vorsätze. Der
noch ist der Fliederbusch da. Nur Fink=Fliederbusch. Und
in Ehren . . . und für Schnitzler
der kann sich doch schließlich nicht selbst tot schießen. „Gegen¬
Ich weiß: das Publikum, das sich
wart“ und „Elegante Zeit“ sind wütend, Fink=Fliederbusch
estiert. Es jubelte. Pfeifen und
n auf. Im Gegenteil, es verstärkte
dagegen gar nicht. Denn er macht nun die Karriere, die ihm
ublikums, das wie am Kurfürsten¬
schon längst prophezeit war. Die Chefredakteure beider
Blätter überbieten sich schnell, um sich diesen jungen Mann
ng Kaufmann — an die eine possen¬
te — wollüstig erschauernd eine neue
zu sichern, die Fürstin — Gott weiß, wie sie dazukommt —
fragt sehr neckisch, was hier denn versteigert wird, und zu
aber, welche Schnitzler lieben, ver¬
guter Letzt gewinnt ihn der Herr Graf, der gar keine Ueber¬
vielmehr sie schlüpften eilends in
zeugung hat, für sein neues Blatt, weil es ihn amüsiert, daß
den Kragen hoch und gingen.
jemand — zwei Ueberzeugungen hat. Schluß! Beifall,
rechte Wetter just zum Abschied¬
Zischen, Hausschlüssel.
wart“, einer demokratischen Tages¬
Das ist in drei langen Akten erzählt, die nicht von
gewisser Fliederbusch, der annoch
Schnitzler sein dürften, wenn sie nicht hier und da witzig
ist, jedoch die Kündigung schon in
wären. Aber dieser Witz geht diesmal auf den Krücken von
unger Mensch, einen Angriff gegen
langen Monologen und Dialogen, die ganz unschnitzlerisch
henschrift „Die elegante Zeit. Bei
sind. Ich will nicht noch einmal an Freytag denken. Ich will
ns „Welt“. Das Zartgefühl des
auch nicht an „Oaha“, Wedekinds Satire der Satire, denken.
daraus eine „Zeit“ ... das neben¬
Das würde viel zu weit führen. Aber ich denke an den
eine Parlamentsrede eines Grafen
Schnitzler des „Einsamen Wegs“ und werde traurig. Ist das
nun der, daß der Artikel in der
der Zweck einer Komödie? Nun ja, die Idee! Sie ist an sich
s von Fliederbusch stammt. Nur
nett. Daß der Franzose Tristan Bernard sie gleichzeitig
em Namen Fink. Es greift also
hatte, spricht nicht dagegen. Aber was nutzt eine Idee, die
d. h. es greift sich jemand selbst an.
Idee bleibt? Und davurch, daß man so viel krauses Beiwerk
über die Skrupellosigkeit der
dazugibt, das diese Idee fast erstickt und ihr nichts übrig läßt
zt diesen „Fall“, um sich im 3. Akt
als fortwährend krampfhaft nach Luft zu ringen, wird sie auch
kolleg des näheran über die leider
nicht schöner. O, Sternheim macht Schule. Selbst in Wien.
uung von Ueberzeugung und Ueber¬
Man versucht sich am Grotesken. Der Schatten Bürger
was seinem Stücke keineswegs zu
Schippels geistert über die Bühne. Liebelei'n sind abgetan.
eht ... das wieder nebenbei! Wir
Jett hat das „bürgerliche Heldenleben“ das Wort, und da
selbst den Witz (Witz? Wer lacht
dies Heldenleben schon so ziemlich abgegrast, mußte diesmal
die Presse herhalten. Und der Bürger Zuschauer, der morgen
Denn dieser Fink der „Eleganten
eudalen Pseudofirniß dieses Blätt¬
die Zeitung in die Hand nimmt, frohlockt: denn er weiß jetzt,
liederbusch. Auf Pistolen. Drei¬
ahal, wie's gemacht wird. Das hat mit seinem Singen der
ßig Schritte Distanz. Wie? Fink, Schnitzler getan!
S
n
Fink=Fliederbusch war Bassermann. Im 1. Akt
ein Dümmling in kurzen Hosen und Sporthemd, im 2., mit
Monokel und weißen Gamaschen, ein Geck in grauem Renne
habit, im 3. ein schellenlauter Tor in leichter Sommerjacke.
geschickt das
Den Schnitzlerschen Frechdachs, der so
Mäntelchen nach dem Winde trägt, macht Bassermann zu
einem dummen Jungen, der fortwährend verlegen lacht und
feixt und dessen zerbrochene Stimme, dessen ganze reife Ge¬
stalt doch alle Jugend leugnen. Er veralbert die Rolle und
nimmt ihr dadurch den letzten dünnen Rest von Wahrschein¬
lichkeit. Um ihn herum eine Fülle von Gestalten, die mehr
oder weniger abgeschmackt wirken. Am übelsten wohl der
Schmock des Herrn Götz. Dies Kompliment an die Presse
hätte sich Schnitzler, hätte sich Barnowsky sparen können.
Amüsant immerhin einzelne Redakteurfiguren aus der Redak¬
tion der „Gegenwart": Licho als Politiker, Emil Lind als
Theaterkritiker, Wallauer als Chefredakteur. Gut, weil
auch im Kern echtester Schnitzler, der Graf des Herrn
Bonn und der zum literarischen Hochstapler verplunderte
Baron des Herrn Schroth. Blaß und blässer dagegen
Max Landa als Leodegar Satan, der Chefredakteur der
„Eleganten Zeit“ und ein sehr unbeholfener Herr Schroe¬
der als Egon, sein Sohn. Eine scharmante Fürstin war
Ilka Grüning: ihr glaubt man alles, ob sie nun ein Holz¬
weibel ist oder eine Durchlaucht weanerischen Geblüts.
Die Regie führte Barnowsky selbst. Er dachte wohl,
diesmal das Komische durch diese und jene Uebertreibungen zu
erzwingen. Wie Schnitzler. Sie haben sich beide getäuscht.
Ludwig Sternaux.