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K I 1I K ee ene fen Se enie en eeet eseeetae are ee u
gut21317
GERMANIA BERLIN
Fink und Fliederbusch.
Erstaufführung im Lessingtheater.
Arthur Schisitzler hat den Gußay Freysäg vom Jahre 1900
pielen wollest, alt er „die“ moderne Journalistenkomödle
„Fink und Fiederusch“ escheieb. So sagen wenigstens die
Schnitzlerverehren Dsa Schnitzlerfreunde sine schon vorsichtiger;
sie sprechen nir don dem Versuch einer Satire auf das mo¬
derne Journalsstenwsen. Der objoktive Beobachter aber schaut
diesen neuesten Schnitzler mit ruhigem Behagen und findet
nun er findet den alten Schnitzler, den Schnitzler mit der
beinahe natürlich wirkenden Konstruktion, mit der beinahe
treffenden Charakter stik, mit der beinahe entschiedenen Stl¬
lungnahme zu — Allem und Nichts. Beinahe hat dann dieser
Poet auch noch die Kraft, eine abendsüllende Komödie zu
An dem Beinahe“ krankt der ganze
sschreiben ..
Schnitzler, krankt um so mehr daran, als man ihn immer
glauben gemacht hat, er wisse und könne alles so recht ganz
und aus dem ff.
Seine „Fink= und Fliederbusch“=Komödie ist nun gar ein
Musterbeispiel für die „Beinahe“=Kunst“. Die Fabel vom
jungen Journalisten, der aus Lüst an seinem neugebackenen Jour¬
31
nalistentum für zwei gegnerische Blätter schreibt — rechts und
links, als Fink oder Fliederbusch — ist nicht neu, mag aber
**
hingehen. Doppelrollen gibts ja im Leben, und auf der Buhne
haben sie immer ihre Schuldigkeit getan. Schnitzler aber
nimmt die Doppelrolle, nicht um sie mit dem ihm'sonst eigenen
tragischen Schimmer zu umkleiden — auch das lustgste
Menschenwesen verträgt diesen Schuß „Sentimentalität“
vielmehr geht er ganz unbekümmert auf die Schwankwirkung
beinahe echte Figur des doppeltärg.n
aus
Fink=Fliederbusch wird bis zum „Beinahe"=Duell
Grund der gegeneinander
ihrer Bestandteile auf
So wird, was
geschriebenen Personalinjurien gehetzt.
beinohe tragisch ausschauen könnte, tragisch lustig. Denn
wirklich lustig zu werden, fehlt der Sache auf die Dauer doch
der glaubhafte Kern und der gesunde Humor. Wird doch nie¬
mand erwarten, daß der junge Herr Zwiefalt tatsächlich zum
Duell mit sich selber geht!
Noch hübscher ins Beinahe=Land verirrt sich aber Sch itzter,
wo er die Dinge auf den Redaktionsstuben in lustiger Ver¬
zerrung schildert. Da geht er auf alte Fliegendeblätterspäße
gar zu gutwillig ein, und wo er seine Sriche zieht, sitzen sie
nur beinahe richtig. Natüelich unterläuft Schnitzler einmal
an entscheidender Stelle die Unmöglichkeit, daß sich der eben
neu angeworbene Schriftleiter an einem Blatt mit katholischer
Tendenz — duellieren soll und seine Redaktion wie sein Ver¬
leger seine Zustimmung dazu gibt. Aber so etwas geniert
große Geister seibstverständlich nicht. Um so weniger, als die
ganze Geschichte ursprünglich wohl, und das der Schilderung
der Verhältnisse nach mit Recht, nicht unter Hereinziehung
eines „klerikalen“ Bluttes geplant wan.
box 33/3
Zeilung: Hannoverscher Anzeiger
Adresse: Hannover
S. 12 191
„Fink und Fliederbusch“ Artur Schnitzlexs neue
#ternim Berliner LestinfsTheater
einen Achtungsdurchfall sozusagen. Jus Mittelpunkt
der erklügelten Handlung steht ein moberner Schmock,
der die Fertigkeit, links zu schreiben und rechts zu
schreiben edermaßen ausgebildet hat, d# er, Fink und
Fliederbusch in einer Person, gegen seine eignen
Artikel in einem andern Artikel in den gefährlichsten
und beleidigendsten Ausdrücken polemisiert, sich selbst
zum Zweikampf herausfordern muß und dadurch in
Lagen gerät, die Schnitzler sich gewiß außerst komisch
und unterhaltend dachte, was das Berliner Publikum
aber keineswegs fand. Es entwicktelte sich schließlich
eine regelrechte Premierenschlacht, und
es blieb
zweifelhaft, ob darin die Zischer oder die unentwegten
Bewunderer Schnitzlers die Oberhand behielten.
Jedenfalls bedeutet dieses Stück eine arge Ent¬
täuschung, denn man hatte gerade von Schnitzler eine
lustige Neuauflage von Freytags „Journalisten“
erwartet.
——
Doch genug von der Schmokgeschichte. Es sei nur beigefügt,
daß ein wenig Stadtklatschschilderung zur Charakteristik eines
vielgewandten Zeitungsreporters die Lücken der Haupthandlung
motdürftig ausfüllt.
Wäre Schnitzler nicht der geschickte Plauderer, der im Wort¬
gefecht auch manchen fein geschlifsenen Satz gleichsam unter
—2
den Tisch fallen läßt, so bliebe von seiner Komödie nichts als
ein ziemlich schaler und weitgesponnener Spaß. Und das, ob¬
wohl Bassermann — übrigens trotz allem Schneid und
aller Jugend zu alt für diese, nur einem „dummen Jungen“.
verzeihliche Rolle — sich ausgezeichnet mit seinen Künsten für
Herrn Fli derbusch wie Herrn Fink einsetzte, und obwohl ihm
im Götz als Reporter, in Bonn, Wallauer, Licho, John, Lind,
Felix, Landa, Schroth, Sternberg und der Grüning eine Reihe
von höchst amüsanten Tyxew zur Seite standen, an denen man
im einzellnen wie im Zusammenspiel seine Freude haben konnte.
Was allerdings zu einem so zweisellosen Theaterkampf um
Erfolg oder Mißerfolg des Stückes verführt hat, wie er tat¬
ssächlich nach dim Schluß der Vorstellung in Szene ging er¬
scheint reichlich unklar. Weder bot die Schilderung der schwachen
Rückgrate noch sonst irgend etwas Anlaß, das laulichte Produkt,
das eine etwas müde Erheiterung vermittelt, zum Kampf¬
objekt emporzuzischen. Nur durch den Widerstand der Ah¬
lehnenden kam es zu eifrigerer Belätigung der Klatschlustigen
und den Schaden — trug das Elektrizitätswerk infolg der ver¬
Dr. 7%
längerten Brenndauer der Beleuchtung.
Kunst und Wlissenschett 4
K I 1I K ee ene fen Se enie en eeet eseeetae are ee u
gut21317
GERMANIA BERLIN
Fink und Fliederbusch.
Erstaufführung im Lessingtheater.
Arthur Schisitzler hat den Gußay Freysäg vom Jahre 1900
pielen wollest, alt er „die“ moderne Journalistenkomödle
„Fink und Fiederusch“ escheieb. So sagen wenigstens die
Schnitzlerverehren Dsa Schnitzlerfreunde sine schon vorsichtiger;
sie sprechen nir don dem Versuch einer Satire auf das mo¬
derne Journalsstenwsen. Der objoktive Beobachter aber schaut
diesen neuesten Schnitzler mit ruhigem Behagen und findet
nun er findet den alten Schnitzler, den Schnitzler mit der
beinahe natürlich wirkenden Konstruktion, mit der beinahe
treffenden Charakter stik, mit der beinahe entschiedenen Stl¬
lungnahme zu — Allem und Nichts. Beinahe hat dann dieser
Poet auch noch die Kraft, eine abendsüllende Komödie zu
An dem Beinahe“ krankt der ganze
sschreiben ..
Schnitzler, krankt um so mehr daran, als man ihn immer
glauben gemacht hat, er wisse und könne alles so recht ganz
und aus dem ff.
Seine „Fink= und Fliederbusch“=Komödie ist nun gar ein
Musterbeispiel für die „Beinahe“=Kunst“. Die Fabel vom
jungen Journalisten, der aus Lüst an seinem neugebackenen Jour¬
31
nalistentum für zwei gegnerische Blätter schreibt — rechts und
links, als Fink oder Fliederbusch — ist nicht neu, mag aber
**
hingehen. Doppelrollen gibts ja im Leben, und auf der Buhne
haben sie immer ihre Schuldigkeit getan. Schnitzler aber
nimmt die Doppelrolle, nicht um sie mit dem ihm'sonst eigenen
tragischen Schimmer zu umkleiden — auch das lustgste
Menschenwesen verträgt diesen Schuß „Sentimentalität“
vielmehr geht er ganz unbekümmert auf die Schwankwirkung
beinahe echte Figur des doppeltärg.n
aus
Fink=Fliederbusch wird bis zum „Beinahe"=Duell
Grund der gegeneinander
ihrer Bestandteile auf
So wird, was
geschriebenen Personalinjurien gehetzt.
beinohe tragisch ausschauen könnte, tragisch lustig. Denn
wirklich lustig zu werden, fehlt der Sache auf die Dauer doch
der glaubhafte Kern und der gesunde Humor. Wird doch nie¬
mand erwarten, daß der junge Herr Zwiefalt tatsächlich zum
Duell mit sich selber geht!
Noch hübscher ins Beinahe=Land verirrt sich aber Sch itzter,
wo er die Dinge auf den Redaktionsstuben in lustiger Ver¬
zerrung schildert. Da geht er auf alte Fliegendeblätterspäße
gar zu gutwillig ein, und wo er seine Sriche zieht, sitzen sie
nur beinahe richtig. Natüelich unterläuft Schnitzler einmal
an entscheidender Stelle die Unmöglichkeit, daß sich der eben
neu angeworbene Schriftleiter an einem Blatt mit katholischer
Tendenz — duellieren soll und seine Redaktion wie sein Ver¬
leger seine Zustimmung dazu gibt. Aber so etwas geniert
große Geister seibstverständlich nicht. Um so weniger, als die
ganze Geschichte ursprünglich wohl, und das der Schilderung
der Verhältnisse nach mit Recht, nicht unter Hereinziehung
eines „klerikalen“ Bluttes geplant wan.
box 33/3
Zeilung: Hannoverscher Anzeiger
Adresse: Hannover
S. 12 191
„Fink und Fliederbusch“ Artur Schnitzlexs neue
#ternim Berliner LestinfsTheater
einen Achtungsdurchfall sozusagen. Jus Mittelpunkt
der erklügelten Handlung steht ein moberner Schmock,
der die Fertigkeit, links zu schreiben und rechts zu
schreiben edermaßen ausgebildet hat, d# er, Fink und
Fliederbusch in einer Person, gegen seine eignen
Artikel in einem andern Artikel in den gefährlichsten
und beleidigendsten Ausdrücken polemisiert, sich selbst
zum Zweikampf herausfordern muß und dadurch in
Lagen gerät, die Schnitzler sich gewiß außerst komisch
und unterhaltend dachte, was das Berliner Publikum
aber keineswegs fand. Es entwicktelte sich schließlich
eine regelrechte Premierenschlacht, und
es blieb
zweifelhaft, ob darin die Zischer oder die unentwegten
Bewunderer Schnitzlers die Oberhand behielten.
Jedenfalls bedeutet dieses Stück eine arge Ent¬
täuschung, denn man hatte gerade von Schnitzler eine
lustige Neuauflage von Freytags „Journalisten“
erwartet.
——
Doch genug von der Schmokgeschichte. Es sei nur beigefügt,
daß ein wenig Stadtklatschschilderung zur Charakteristik eines
vielgewandten Zeitungsreporters die Lücken der Haupthandlung
motdürftig ausfüllt.
Wäre Schnitzler nicht der geschickte Plauderer, der im Wort¬
gefecht auch manchen fein geschlifsenen Satz gleichsam unter
—2
den Tisch fallen läßt, so bliebe von seiner Komödie nichts als
ein ziemlich schaler und weitgesponnener Spaß. Und das, ob¬
wohl Bassermann — übrigens trotz allem Schneid und
aller Jugend zu alt für diese, nur einem „dummen Jungen“.
verzeihliche Rolle — sich ausgezeichnet mit seinen Künsten für
Herrn Fli derbusch wie Herrn Fink einsetzte, und obwohl ihm
im Götz als Reporter, in Bonn, Wallauer, Licho, John, Lind,
Felix, Landa, Schroth, Sternberg und der Grüning eine Reihe
von höchst amüsanten Tyxew zur Seite standen, an denen man
im einzellnen wie im Zusammenspiel seine Freude haben konnte.
Was allerdings zu einem so zweisellosen Theaterkampf um
Erfolg oder Mißerfolg des Stückes verführt hat, wie er tat¬
ssächlich nach dim Schluß der Vorstellung in Szene ging er¬
scheint reichlich unklar. Weder bot die Schilderung der schwachen
Rückgrate noch sonst irgend etwas Anlaß, das laulichte Produkt,
das eine etwas müde Erheiterung vermittelt, zum Kampf¬
objekt emporzuzischen. Nur durch den Widerstand der Ah¬
lehnenden kam es zu eifrigerer Belätigung der Klatschlustigen
und den Schaden — trug das Elektrizitätswerk infolg der ver¬
Dr. 7%
längerten Brenndauer der Beleuchtung.
Kunst und Wlissenschett 4