II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 197

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Einkund Friederbuscn
Karlsbader Sauebiar
000 abt7,
6 Kunst und Wissenschaft.
miere in Berlin. Her¬
MStürmische
mann Kienzk'schlelbl den „Leipz. N. Nachr.“ Aus dem
immer heißen Boden des Lessingstheaters schlugen
die Flammen auf. Ein Schadenfeuer! Arthur Schnitz¬
lers neue Komödie „Fink und Fliederbusch“ ver¬
brannte. Die Feuerwehr war mit eifrigen Händen
tätig, aber der böse Wind zischte und pfiff. Der zö¬
gernde Beifall nach dem ersten Akt ermutigte die
feindlichen Elemente. Sie begannen sich nach dem
zweiten Akt zu regen, als sich ein wärmerer Erfolg
durchsetzen wollte; sie tobten los nach dem dritten
und letzten. Eine Premierenschlacht wie in der gu¬
#ten alten Zeit! Dagegen ist grundsätzlich nichts einzu¬
wenden, obwohl der Gedanke natürlich bitter ist, daß
solche Strenge einem unserer Besten und Feinsten
widerfährt, während der milde Schund rings im
Lande ungekränkt gedeiht. Die Komödie obwohl sie
im höheren Sinne mißlungen ist, hat ohne Zweifel
geistige Werte vor dem gefälligen Durchschnitt vor¬
aus. Bekannt ist den Lesern aus dem Bericht über
die Wiener Uraufführung, was im Stücke vorgeht.
Zu wenig, jawohl, für drei Akte! Ein kleiner Einfall
wird breitgetreten. Die Ungerechtigkeit des Schnitz¬
lerschen Zeitungsschreibergetriebes empörte nicht ein¬
mal die vernünftigen Männer der Feder, die sich doch
sagen, daß der Laune des Schwankes satirische Ein¬
seitigkeit erlaubt ist. Höher als bis zum Schwanke
reicht Schnitzlers Satire freilich nicht. Anderswo
steckt das Problem von „Fink und Fliederbusch“ es
ist das doppelte Ich des Herrn Fliederbusch (oder
Fink). Es ist derselbe Casus, wenn Paul Lindaus
fleckenloser Staatsanwalt des Nachts die Ballon¬
mütze des Einbrechers aufsetzt, oder wenn Schnitzlers
Journalist heute freiheitlich, morgen reaktionär
schreibt, und in zwei gegnerischen Blättern so gegen
sich selbst loszieht, daß er sich zum Duell herausfor¬
dern muß. Schnitzler hat den Fall nicht wie Lindau
pathalogisch, leider aber ebenso wenig wie Lindau
psychologisch behandelt. Und das ist die große Ent¬
täuschung, die er, gerade er uns bereitet! Der schwache
Anflug eines tieferen Sinnes wurde bei der Berliner
Aufführung vollends vertilgt von dem possenhaften
Ulk, der mit der Rolle des Fliederbusch getrieben
wurde, indem man das unreife Bürschchen durch den
sehr reifen Herrn Bassermann spielen ließ. Der
Spaß lief nun gleichsam darauf hinaus, eine Mat
rone im kurzen Backfischkleidchen zu zeigen!
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iee
draz, Stelenen
Eine stürmische
Première. Unser
Berliner Theaterbertchrekstaiter schreibt uns: Der
ausendköpfige Areopag des Lessingtheaters, nach
Über=lieferung der gefährlichste in Theaterdeutsch¬
and, kühlte wieder einmal sein Mütchen an einem
rlesenen Manne. Artur Schnitzlers Komödie
Fink und Fliederbusch (über die wir bereits
mläßlich der Wiener Uraufführung gehandelt haben)
gewiß trotz der vielen Feinheiten, die wir von
iesem Geiste als selbstverständlich entgegennehmen,
ine verfehlte Arbeit. Doch fast jedes Wort der
stomödie ist eine feine Köstlichkeit denen, die derlei
zu schmecken verstehen! Der laue Beifall nach dem
rsten Akt verriet, daß den meisten Zuschauern das
Gegenständliche (die Redaktionsstube) gleichgültig ge¬
blieben war. Nach dem zweiten Akte mischte sich be¬
reits Widerspruch in den verstärkten Beifall, nach dem
dritten standen den Gewogenen die Zischer und Pfei¬#
fer in kompakten Massen entgegen. Daß man einen“
Virknosenscherz mit dem Scherze geirieben und den##
halbflüggen Fliederbusch=Fink an Bassermanng
künstliche Kindlichkeit abgegeben hatte, befördekte des
Unbei