II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 203

27. Einkund Fliederbusch

31
Proitktenblatt, Wter
Abendblatt

„Fink und Fliederbusch.“
7
Von Artur Schnitzler.
Erstauffüh
n
C Seltsam unberechenbar ist das Publikum: mild lächelnd,
v
läßt es hier Abend für Abend die ganze Undramatik unserer Tage
t
über sich ergehen, plötzlich aber reißt ihm die Geduld und es be¬
ginnt zu pfeisen. Bei Schnitzler! Noch dazu bei diesem
*
Schnitzler, der gar keiner ist! Wo war der feine geistreich-tiefe
i
Dialog? Mit Händen und Füßen wird im Lessing=Theater daran
7
gearbeitet, ihm auf die Beine zu helfen, und die Ersatzpointen
1
füirren nur so in der Luft herum. Alles vergeblich: es ist wie ein
nasses Tuch, das nicht im Winde slattern will. Für den findigen,
zwiespältigen jungen Mann hat sich Bassermann einen leisen
Waßmann=Ton zugelegt. Sein geprägtes Gesicht will sich der
Leichtigkeit der Gestalt nicht ganz bequemen. Bewußten Könnens
voll sind seine Monologe. Im ganzen aber jongliert er mit der
Rolle und läßt sie nur für Augenblicke fest in seiner Hand ruhen.
Fein, in sich geschlossen, wie mit einem Schimmer von Reife über¬
zogen ist alles in der Darstellung der Ilka Grüning. Wie gut ihr!

der liebenswürdige Wiener Aristokratenton gelingt, das kann von
den Berlinern gar nicht gebührend gewürdigt werden. Dankens¬
wert diskret bewegt sich Bonn innerhalb des Horizonts des
Sportgrafen. Man fühlt in weiter Ferne irgendwo Menschentum.
Das Bild des Redaktionslebens hat die Linie der Karikatur, ohne
ihrem Gehalt zum Ausdruck zu verhelsen. Lokalton, dem künst¬
lerische Objektivierung fehlt. Die Darstellung gibt darin dem Stück
nichts nach. Den flatternden Cajetan des Herrn Goetz, trotz ver¬
einzelter heiterer Momente, mit eingeschlossen. Pfeisen, Klatschen:
ein Temperamentausbruch, der durch diesen geringfügigen Anlaß
gewiß nur zufällig zur Entladung kam, denn das Schnitzlersche
Stück hat zu wenig Temperament, als daß etwas davon aus¬
strählend massenbewegend wirken könnte.
Christoph, Brakt.
— — — —
30
Berliner Local Anzeiger
(Das Wiener Journalistenstück „Fink und

Kliederbusch“ von Arthur
6. Segente in Selisg-Preiste
obie durch freundliche Scherge, erheiternde Bisse
keiten und allerlei andere Schnitzlereien. Der
bittere Nachgeschmack dieser Schmockiade blieb aber
die Erkenninis, daß der Fink, der hier im Flieder¬
busch sein Spottlied singt, doch ime### ein
großer Schmutzfint ist.
box 33/3
W0 „ —.
1-55.0
Oatereichache Rundschau, Wen
Berliner Theater.

Dann gab es Stücke, die es
gab.
Die keine Spur hinterließen. Auch „Fink
und Fliederbusch“ muß ich ihnen bei¬
zählen, obwohl das Lustspiel von Arthur
Schnitzler, dem Erlesenen, stammt. Schnitz¬


ler soll das Stück — es wurde an dieser
Stelle nach der Wiener Aufführung be¬
sprochen — mehrere Jahre getragen haben.
Ausgetragen hat er es nicht. Aus dem ge¬
spaltenen Ich, aus dem Journalisten, der in
zwei gegnerischen Blättern mit impressio¬
nistischer Augenblicksüberzeugung gegen sich
selber polemisiert, hätte wirklich eine große
Komödie werden können. Doch die Haupt¬
sache mußte eingestellt werden: der pro¬
blematische Mensch. Schnitzler behalf sich
(„vorläusig“, möchte man sagen!) mit einem
dummen Jungen. Wenn nun aber der Fink¬
Fliederbusch jung, ganz jung sein mußte,
dann war es wiederum grundfalsch, mit
dieser Jugend eine# parodistischen Jux zu
treiben und di olle dem onkelreifen
Bassermann zu lassen. Über eine Matrone
im Backfischkleidchen lachen doch nur an¬
spruchslose Genießer. Ach, aber ach, die
Starrkrankheit! Ehedem kannte man sie
nicht an der Spree. Sie verschuldete jetzt,
daß Schnitzlers Komödie gemischten Pei¬
fall fand.
M 4
LRerarisches C“
alhlatt, Leipzig
Bagigen olleb die Schmock¬
Geschichte A. Schui#lers „Fink und Fliederbusch“ im Lessing¬
Theater matt; es ist in dieser auf einem mäßigen Einfall aufgebauten
Komödie wirklich recht wenig Witz und garnichts Dichterisches zu spüren.
Anders an der gleichen Stelle Strindbergs Weik „Nach Damaskus“
Wenn irgendwo dann spürt man in diesem niederdrückenden Stückt auf¬
begehrenden Trotzes Strindbergs Ringen, aber auch das Quälerische
seines Schaffens. Mit Erwartung sicht man der versprochenen Fort¬
setzung dieses gut besetzten, aber durch Th. Loos doch nicht ganz aus¬
geschöpften ersten Teiles entgegen.Das Theater in der Königeg
straße hat sich seit langenndbergs mit besonderer Neigung
genommen, und immer Tigentlich spürt man hier dank wohlgenflegter.
Darstellung namentlich durd