II, Theaterstücke 27, Fink und Fliederbusch. Komödie in drei Akten (Journalisten, Der Unsichtbare und die zwei Schatten), Seite 242

box 33/4
27. Einkund Fljederbusch
BOHEMIA. PAAG
001 1910
shen, Dehmels wundervolle Dichtung „Menschen¬
freunde“, irgendeine der vielen schönen durch¬
Bühne und Kunst.
gefallenen Komödien des kürzlich verstorbenen
1
Hermann Essig, das sogar in Wien bekannt¬
gewordene Erstlingsdrama „Verführung“ des
N Schauspiel=Bilanz.
jungen Pragers Paul Kornfeld, die feine, dank¬
Vor einer Woche zog F. A. an dieser Stelle bare „Madame Legros“ von Heinrich Mann.
Rens Schickeles kluges Elsässerdrama „Hans
„die Bilanz der verflossenen Opernspielzeit, wo¬
im Schnackenloch“ Sorges „Bettler“, Goerings
bei er die Gelegenheit ergriff, die Abhängig¬
„Seeschlacht", Barlachs „Der arme Vetter“ ein
keit des Opernspielplanes von dem hier in
früheres Werk von Fritz von Unruh oder Karl
Mode gekommenen Startum zu besprechen.]
Wenn ich mich heute der undankbaren Aufgabe Hauptmann, Wilhelm von Scholz oder Arno
unterziehe, das abgelaufene Prager Schauspiel= Radel. In Deutschland beginnt ein neues Dra¬
ma sich aus tastenden Anfängen freizuringen.
jahr auf Herz und Nieren zu untersuchen, muß
Wenn unser Theater in den Kammerspielen
ich zunächst bedauernd feststellen, daß dem
Schauspiel ein Star nichts geschadet hät'e. Die nur einmal monatlich zeigen würde, daß e¬
Abende, an denen ein Stau gastierte, waren mit der neuen Jugend jung sein will, wäre die
Spielplanfrage gelöst.
die besten, das Gastspiel Leman= Moissi der
Wer das vor dem Krieg einem Theater.
Glanzrunkt der Saison. Dem E#le gehörte
direktor gesagt hätte, wäre belächelt worden
eine Reihe von sehr begabten Schauspielern an,
aber dadurch, daß wichtige Posten unbesetzt Idealist! Aber jetzt haben es die Theaterdirek
toren so bequem, daß sie nicht mehr aus Idea
blieben war der Spielplan in enge Grenzen
lismus Idealisten sein müssen. Idealismu¬
verwiesen. Darunter litten insbesondere die
st
das beste Geschäft geworden. De¬
Klassikeraufführungen. Wir hatten beispiele¬
Münchner Theaterdirektor, der an hunder
weise keine Sappho. Wie wichtig das wäre,
Winterabenden Shakespeare spielt, hat keiner
geht daraus hervor, daß eine kleine Bühne wie
Heller Tantiemen zu zahlen. Das nenne ich
die Münchner Kammerspiele fünfzigmal in
einen einträglichen Idealismus. Freilich mus
einer Spielzeit bei ausverkauften Häusern das
der Shahespeare danach sein. Wenn die Leut¬
„Wintermärchen“ geben kann. Einen solchen
Erfolg hatte bei uns nicht einmal das — sogar die Klassikervorstellungen stürmen, wer
den sie gewiß auch für die Jüngsten zu haber
„Extemporale“.
Wie das neue Schauspielensemble beschaft sein, womit ich allerdings nicht jedem Milch
bart das Wort reden will, bloß weil es eie
fen sein wird, weiß man noch nicht. Gastspiele Milchbart ist. Nur los von der aufgeplustertei
auf Anstellung gah es heuer nicht, so daß Burgtheaterlangweile! Los von der wohlten
Publikum und Presse bei Beginn der nächsten
perierten Talmiromantik! Los von den ge
Spielzeit vor vollendete Tatsachen gestellt sein
stempelten und gekrönten Talentlosigkeiten
werden. Hoffentlich wird jede Lücke, die heuer
Wo die Talente offene Tür finden, braucht nie
störte, ausgefüllt sein: erst dann könnte eine
mandem um die Würde des Theaters bang
Neubelebung des Spielplanes in Angriff ge¬
nommen werden. Daß es nicht allzuschwer ist,j#“ sein, mag sich der sunge Most noch so absur
Ludwig Winder.
jeden Monat mindestens ein interessantes neues (gebarden.
Stück herauszubringen, haben im verflossenen
Jahre selbst die kleineren reichsdeutschen Thea¬
ter gezeigt. Städte wie Mannheim, Darmstadt,
Düsseldorf konnten sich mit je fünfzehn bis
fünfundzwanzig Uraufführungen brüsten. In
Prag gab es bloß wenige Uraufführungen.
Außer der neuen Komödie des heimischen
Autors Anders und Demetz' Festspiel „Die gol¬
d##ne Geige“ wurde nur Rudolph Lothars
„Metternichpastete“ aus der Taufe gehoben,
ein Stück, das vielleicht einem literarisch un¬
verwöhnten Kriegsgewinnergaumen behagen
nag, das aber bestimmt mit Kunst nicht vie!
zu tun hat. Der beste Abend der Kammer¬
piele war Strindbergs „Rausch,“ während
er Kriegsschwank „Der Floh im Panzer¬
aus“ wohl nur bei schlechter Bewachung in
ie Kammerspiele gelangen konnte. Die drei
lasanova=Einakter von Greeven, die man in
en Prager Kammerspielen zum erstenmal
ih, erwiesen sich als schwächliche Klügeleien
ines nicht einmal technisch sattelfesten Litera¬
m. Daß sich die Burgtheater= und Volksthea¬
erstücke aus Wien in Prag nicht durchsetzen
ießen, ist kein Wunder. Die Wiener Theater¬
irektoren haben das wunderbare Taient.
inter tausend eingereichten Stücken auf den
rsten Blick den ärgsten Kitsch herauszufinden,
er selbstverständlich sofort angenommen und
tufgeführt wird. Zu diesem Fitsch, der auch
zen Pragern nicht erspart blieb, gehörte
Schnitzlers neuestes Lustspiel „Fink und Flie¬
erbusch.“ Fehetes „Panik der Herzen.“ „Her¬
egs „Blausuchs,“ den die Konstantin nach
Prag schieppte, Fuldas „Verlorene Tochter,“
Stüchlens „Straße nach Stannaich“ Wertvol¬
SA