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27. Einkund Friederbuscn
erschau
Seite 53
mödie
„Frau Warrens Gewerbe“
und Wildgans' erotische Ballade
„Liebe', die freilich seither nicht über¬
zeugender geworden ist, zur Aufführung.
Bernau wird dem Volkstheater endlich
Physiognomie geben, ohne ihm Gewalt an¬
zutun; es gehört nämlich zu den Lügen des
Wiener Feuilletons, daß man dieses bürger¬
lich-allzubürgerliche Theater zu einem großen
Theater aufstacheln könne. Es soll und wird
Wiens Amusierbühne bleiben; zu regulieren
ist nur sein Niveau. Es kann gar nicht hoch
genug sein! Zur Lehre und Erkenntnis
diene jenen Kritikern, die aus dem Volks¬
theater eine mondäne oder, besser gesagt:
hysterische Küche dramalischer Retortenpro¬
dukte machen wollen, der Erfolg der drei
Einakter Felix Saltens „Kinder der
Freude“. Die Art mag einem im allge¬
meinen und besondern zuwider sein: das
Können, das in ihnen steckt, ist nicht zu
leugnen. Die solide, sichere Theaterarbeit
bewährte sich und schuf Erfolg. Alle drei
Stücke sind nichts mehr als gute Einfälle;
sie sind schon in der Form ganz auf
Schärfe und Eleganz der Sprachkunst ge¬
stellt; darin aber gepflegt, virtuos, wir¬
kungssicher. Drei dialogisierte feuillekoni¬
stische Skizzen, in der Manier Artur Schni߬
lers zu artigen dramatischen Vorspiegelun¬
gen gestaltet.
Dabei ergab sich, daß diesmal der
Nachahmer glücklicher im Erfolge war als
der Originale. Artur Schnißlererschien
mit einem angeblichen Journalistenstück. Es
war ungemein poelisch benannt: „Fink
und Fliederbusch" und war doch von
einer Dürre der Lebensanschauung, Enge
des Gesichtskreises, daß es — in Anbetracht
der Autorschaft eines so raffinierten Autors
wie Schnitzler — als Natur- und Schulbei¬
spiel des Danebengreifens angesehen werden
kann.
Die Vorliebe Schnitzlers für über¬
spitzte psychologische Probleme — ein Jün¬
gel arbeitet unter den angenommenen Na¬
men Fink und Fliederbusch bei einem
„Adelsblatt“ und bei einer jüdischen Zel¬
tung mit — kommt auch hier zur Geltung;
ja, sie nimmt einmal einen nicht sexuellen
lice denchen d.
spiele Bernhard Shaws beste Ko. Vorwurf auf. Aber der Autor versagte
27. Einkund Friederbuscn
erschau
Seite 53
mödie
„Frau Warrens Gewerbe“
und Wildgans' erotische Ballade
„Liebe', die freilich seither nicht über¬
zeugender geworden ist, zur Aufführung.
Bernau wird dem Volkstheater endlich
Physiognomie geben, ohne ihm Gewalt an¬
zutun; es gehört nämlich zu den Lügen des
Wiener Feuilletons, daß man dieses bürger¬
lich-allzubürgerliche Theater zu einem großen
Theater aufstacheln könne. Es soll und wird
Wiens Amusierbühne bleiben; zu regulieren
ist nur sein Niveau. Es kann gar nicht hoch
genug sein! Zur Lehre und Erkenntnis
diene jenen Kritikern, die aus dem Volks¬
theater eine mondäne oder, besser gesagt:
hysterische Küche dramalischer Retortenpro¬
dukte machen wollen, der Erfolg der drei
Einakter Felix Saltens „Kinder der
Freude“. Die Art mag einem im allge¬
meinen und besondern zuwider sein: das
Können, das in ihnen steckt, ist nicht zu
leugnen. Die solide, sichere Theaterarbeit
bewährte sich und schuf Erfolg. Alle drei
Stücke sind nichts mehr als gute Einfälle;
sie sind schon in der Form ganz auf
Schärfe und Eleganz der Sprachkunst ge¬
stellt; darin aber gepflegt, virtuos, wir¬
kungssicher. Drei dialogisierte feuillekoni¬
stische Skizzen, in der Manier Artur Schni߬
lers zu artigen dramatischen Vorspiegelun¬
gen gestaltet.
Dabei ergab sich, daß diesmal der
Nachahmer glücklicher im Erfolge war als
der Originale. Artur Schnißlererschien
mit einem angeblichen Journalistenstück. Es
war ungemein poelisch benannt: „Fink
und Fliederbusch" und war doch von
einer Dürre der Lebensanschauung, Enge
des Gesichtskreises, daß es — in Anbetracht
der Autorschaft eines so raffinierten Autors
wie Schnitzler — als Natur- und Schulbei¬
spiel des Danebengreifens angesehen werden
kann.
Die Vorliebe Schnitzlers für über¬
spitzte psychologische Probleme — ein Jün¬
gel arbeitet unter den angenommenen Na¬
men Fink und Fliederbusch bei einem
„Adelsblatt“ und bei einer jüdischen Zel¬
tung mit — kommt auch hier zur Geltung;
ja, sie nimmt einmal einen nicht sexuellen
lice denchen d.
spiele Bernhard Shaws beste Ko. Vorwurf auf. Aber der Autor versagte