II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 10


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fühfung bringen lassen. Komödie der Worte? Ist das nicht
einfTitel, der an sich gegen die Werke spricht? Mit Worien
lässt sich bekanntlich wacker streiten, läßt sich ein System
bereiten, die zünftige Kritik, erlaubt aber nicht, daß das
Theater allein nur aus Worten bestehe. Selbstverständlich
ist der Sinn des Titels im Schnitzlerschen Sinne, in seiner
seinen gedan'lichen Art schon ein Gleichnis; das erste, dem
dann in den Stücken selbst viele, viele folgen.
Unser Wiener Dichter der Wiener Seele, wie sie heute
zwischen dem Burgtheater und den traulichen, behaglichen
Häuschen an den Gehängen des Kahlenberges oder Hermanns¬
kogels auf und nieder schwebt, ist in den drei Akten, die er
zu einem Theaterabend vereinigte, über die geistige und
materielle Welt seiner letzten Werke nicht hinausgegangen.
Irgend welche kritische Bemerkungen sind unangebracht. Der
Dichter datiert ihr Entstehen nicht: wer weiß, wann und
seit welcher Zeit die drei Akte, innerhalb und zwischen der
Entstehung großer Stücke sie ihm erwuchsen? Diese drei
Komödien der Worte muten an wie Paraphrasen, Variationen
des „weiten Land“ des „Zwischenspiel“ Man muß das
verstehen: es mag den Dichter gelockt haben, unmittelbar
nach Vollendung eines großen Werkes, seine Gestalten noch
einmal, nur auf anderen Schicksalsbähnen wandeln zu
lassen. Wie naheliegend bei einem Dichter von dem immer
vergeistigter, raffinierter werdenden inneren Gesicht Schnitzlers!
Erinnern wir uns: Schnitzler, ein Geist und Gemüt, erfüllt
von den Schönheiten. Melancholien. (ich muß leider das
verdächtige Wort gebrauchen!) Kulturen Wiens, ging, wir
alle Dramatiker Oesterreichs von altersher, vom Theater
aus. Die „Liebelei“ ist erfüllt vom Theaterwelt (der alte
Weyrin, Logenbesuch im Burgtheater u. s. w.): „Freiwild“
ist bekanntlich völlig ein Stück vom Theater. Dann ward
aus dem Theater die Welt der Masken und Schnitzler
schrieb jene feinen psychologischen Dramen in Helldunkel,
die für alle Zeiten seine Art und Natur bleiben werden.
Fortschreitend in die Versenkung der Seele, kan und kommt
er heute zu den nun schon fast branndunkeln Spielen mit
Symbolen und Abstrakten. Zumeist jeuer der Liebe und
ihrem Fluche — der gebrochenen Treue. Komödien der
Treue sind auch die neuen Einakter „Stunde des
Erkennens“, „Große Szene“ Das Bacchus
fest“. Sie zeigen uns den Dichter von keiner neuen Seite.
Rein künstlerisch ist es aber immer von höchstem Reize und
anziehendstem Gewinn, eine neue Arbeit Schnitzlers zu
empfangen.
Stücke der ehelichen Treue, vom erotischen Krieg,
Bekenntnisse aus der ehelichen Gefangenschaft sind die drei
Akte. In Stunde des Erkennens“ in tragischer Tönung,
in Große Szene“ komödienhaft, in „Das Baechusfest“
satirisch-ironisch. Wundervoll, pointiert, tiefgeschürft die Auf¬
deckung der Mannesseele. Wahrhaft ein Verrat an den
letzten Geheimnissen der Mannesart! Was bleibt denn den
Frauen an uns zu erkennen übrig, wenn ein Schnitzler so
alle Schleier lüftet? Indes — es geschieht mit der
kultiviertesten Geste, mit einem goldenen Schlüssel mensch¬
lichen Scharfsinnes.
Das Burgtheater läßt den Stücken eine tüchtige Dar¬
stellung angedeihen. Herr Walden spielte den messerscharfen,
kalten Arzt der Stunde des Erkennens“ den „tollen
Hanswurst“ des Stückes vom Komödianten und endlich
den Schriftsteller des „Bacchusfest“. Er steht immer irgend¬
wie im Stande einer ge- und zerbrochenen Ehe. Walden
ist eindringlich und bedeutend als Arzt, interessant, scharf¬
kantig und von der angestrebten verversen Grau¬
samkeit als Autor des „Bacchusfest" und Mann
einer im Durchgehen begriffenen Frau. Walden ist¬
saftig, echt, ganz im Ftuidum der Dichtung schwimmend als
treulos=treuer berühmter Hofschauspieler. Prächtig natürlich,
alle Tragik vergeistigt andeutend, steht Frau Medelsky
ihm zur Seite. Sie ist übrigens die interessanteste Figur
der Stücke: die Frau, die sich aus Ekel über des Mannes
grenzenlosen, unabsehbaren Lügengeist, eine Unaufrichtigkeit,
die an Schurkerei grenzt. abwendet. Frau Bleibiren
als ein Weib mit drei Lieben, zwei Liebhabern und einem
Geliebten, doch zu erhaben, zu wenig Eva. Nicht zu Hause
beim Charakter, ohne Humor für die Situation Fr. Kallina?)
ist Frl. Wolgemut als Bacchussünderin. Leer, monoton
auch ihr Partner, Herr Romberg. Taktvoll Herr
Gerasch, eindringlich, farbig Herr Tiedtle. Frisch
und munter Frl. Kutschera.
Die Neuheit wurde sehr freundlich aufgenommen.
Artur Schnitzler wurde oft gerufen.
R. Holzer“
(Quellenangabe ohne Gewahr.)
##nea1
(Iliot uno Krenon-Zeitung, Wich
Ausschnitt aus
1.1975
20, 00, ULI2C. L.


Theater und Kunt.
Burgtheater.
„Komödie der Worte“ nennt Sch###lerseine
dei neuen, aneinandergespannten Einauter. Es sild nächdenk¬
fiche Studien, grüblerische Dinge und sehr heikle und gescheidte
Wortspielereien. Also echte Schnitzlersche Wiener Werkstätten.
künstlerarbeit Man staunt und bewundert die Feinheiten, das
Material, die Entwürfe, die einander so ähneln, aber man hat
doch fast immer mehr Bewunderung, Anerkennung als Freude
übrig. Zuerst „Stunde d’es Erkennens“ eine dialogi¬
sierte Novellenskizze, voll großer Stimmungswerte, reich an
feinen Worten und doch voll von Unwahrscheinlichkeiten und
Rätselhaftigkeiten. Frau Klara Eckold, eine stolze, gesunde
Natur, hat ihr pflichtenreiches Leben viele Jahre mit dem Gatten
geteilt. Ihr Herz neigte sich dem Kollegen des Mannes zu und
sie gab sich aber doch einem ungeliebten Freunde. Der Kollege;
nimmt Abschied. Er zieht als Arzt auf einen fernen Kriegs¬
schauplatz. Er ist herzleidend und kehrt wohl niemals wieder.
Die Stunde des Erkennens bringt schließlich alle drei ausein¬
ander. Der Gatte schickt seine Frau fort. Er glaubt, daß sie
ihn vor zehn Jahren mit dem Kollegen betrog und offenbart ein
jahrelang verstecktes Geheimnis. Und die Frau, die eine andere
Schuld drückt, schweigt aus Trotz. Sie geht ohne Geständnis
irgendwohin in ein unbekanntes Leben oder in den Tod. Man
wird dieser Menschen und ihrer Schicksale nicht froh. Man
schüttelt den Kopf über diese Seelenkranken und verläßt ein
wenig bedrückt Schnitzkers erste psychologische Konsultations.
stunde an diesem Abend ...
Das Mittelstück „Große Szene“ wendet sich schon an
einen viel größeren Zuhörerkreis. Theater auf dem Theater.
Man hat diesen Typus von großen Kömödlanten und kleinen
Menschen in allen möglichen Gestaltungen im Rampenlicht ge¬
zeigt. Diesmal heißt er Konrad Herbot, und ist natürlich von
einem Künstler gezeichnet, dieser große Mime, mit dem großen
Weiberverbrauch und dem kleinen Gewissen. Und eine treue,
gute, tluge Frau hat sich an sein Schicksal gehängt. Sie geht
ihm durch, als er ein junges Mädchen, eine Braut, seiner per¬
sönlichen Eitelkeit opfert. Der Direktor versucht immer wieder
das Eheband, das jeden Augenblick entzweireißt, mühsam zu
flicken. Er weiß, er braucht den Komödianten und der Schau¬
spieler braucht seine Frau. Die Gattin hat die große Szene
zwischen dem Gatten und dem Bräutigam der Verführten be¬