II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 78

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26.1. Konoedie der Worte zyklus

Hier, in dieser dreifaltigen Komödie der Worte,
Panorama des ersten Aktes erscheint ziemlich streng und
wird des Lebens Szene dreimal zum Tribunal. Eine, die,
düster. In dem der beiden anderen mengen sich helle unds
Feuilleton.
Imnk
als das Schicksal sie anrief, nicht das entscheidende Wort
dunkle Farben, herbe und weiche Linien zu reizvoller Un¬
der Erwiderung fand, tritt ein in den Kerker der Be¬
bestimmtheit. Oft ganz übermütig sprudelnd fließt das
Burgtheater.
trübnis. Vielleicht gar ins Grab. Ein schlechter Kerl
Glitzerbächlein des Dialogs zwischen melancholisch schattenden
bahnt sich mit dem Dietrich seiner Suada den Weg ins
Trauerweiden, in denen wiederum die muntern Vöglein
„Komödie der Worte“,drei
Freie. Und ein anderer behält im kurzen Prozeß um sein
singen. In einer molligen Dur=Tonart. Es wandelt sich
er von Artur Schnitzler.)
Lebensglück die Oberhand, weil er den Widersacher einfach
sehr angenehm in dieser touristisch gesicherten, wie von
er Worte. Das kann heißen: Held dieser
nicht zu Worte kommen läßt.
einem rührigen Verschönerungsverein betreuten Gegend.
Wort. Oder (bitter): Ach, Worte!
Allenthalben wird offenbar, daß Worte unverläßliche
Der erste Einakter heißt „Die Stunde des Erkennens“
r von Worten, Worte sind nur Komödie.
Botschafter sind. Sie kompromittieren das Reich der Seele,
Spielt zehn Jahre vorher. Damals legte das Schicksal
esen kleinen Dramen geschieht nichts, es
das sie vertreten. Sie „reißen es hinein“ reißen es aller¬
dem Glück des Ehepaares Eckold — alle Leute dieser
hen. Alle Erklärungen treffen zu; und
dings auch, kann sein, wieder heraus. Niemals sagen sie
Komödie haben so affektiert schöne zweisilbige Namen:
. Ueberlassen wir die letzte Entscheidung
die letzte, allerbestenfalls die vorletzte Wahrheit. Beim
Eckold, Osmin, Földing — eine Mine. Jetzt fliegt sie auf.
hnitzler=Philologie. Fest steht titelgemäß
Versuch, ein Gesühl in Worte überzugießen, wird das
mit bescheidenem Krach, aber immerhin mit ekrasanter
himen sind die drei Akte nicht.
Beste verschüttet. Ein Glück, daß in der Regel auch um
Wirkung. Drei Männer bestimmten das Schicksal der Frau
eit: auf das Dialektische kommt es an!
dieses Beste noch nicht schad ist. Das Wesen, den mystischen
Eckold. Den einen liebte sie, dem andern gab sie sich hin,
te. Nicht wie einer tut, denkt, fühlt,
Kern einer Sache treffen Worte nie. Man kann nur alles
den dritten nahm sie zum Mann. So ist es! Man hat
r seines Lebens Gestaltung, sondern wie
in Worte „kleiden“; sie bleiben aber Umhüllung, ein
ein Herz, eine Epidermis und eine Lebensraison. Alle
inische Sprache hat, sehr sinnvoll, ein
Fremdes, leicht Zerreiß= und Beschmutzbares. Und doch
drei wollen befriedigt werden und streben doch keineswegs
sdruck für überzeugen und überreden.
kommt es auf das Dialektische an! Hier, in diesem Wider¬
immer zum gleichen Ziel. Warum gab sich die Dame
die rechte Sache, sondern das rechte Wort
spruch, wurzelt des Kulturmenschen tiesste Tragödie und
nicht dem Manne, den ihr Herz verlangte? Da sie doch
n rechten Tonfall. Ob dich das Schicksal
tiefster Spaß. Worte ... also und so weiter.
nichts Prinzipielles gegen die Eheknickung hatte? Weil sie
eispricht, hängt nicht von deiner Schuld
Ein passender Gesamttitel für die Einakter=Reihe
den Geliebten zu innig und wahrhaftig geliebt. Die.
sondern von der Tüchtigkeit des Ad¬
Artur Schnitzlers wäre auch: Komödie der Ehe. Um eine
Empfindung für ihn war ihr zu gut, um sie an ein
deinen Lippen sitzt. Wehe den Unartiku¬
Ehe handelt es sich erstens, zweitens und drittens. Um.
Techtlmechtl zu verschwenden. Das klingt unwahrscheinlich,
rten ist das Netz gewebt, mit dem man
eine gebrochene, eine bröcklige und eine gebogene Ehe.
aber schön. Warum gab sie sich dann dem Andern? Weil
Aus Worten die Keule gedrechselt, mit
Sittliche Anklagen werden nicht erhoben; wer kann dafür?
die erotische Spannung doch irgendwie gelöst sein wollte.
rsprechliche Argumente totschlägt. Aus
heißt es schon in der „polnischen Wirtschaft“. Nur daß
Und der Gatte? Der glaubt heute noch, daß sie ihn mit
das Wolkenschiff gezimmert, in dem
es dort ein Coupletrefrain, hier eine launig=bittere Frage
dem richtigen und nicht mit dem Ersatz=Geliebten gekränkt.
er felsenfeststehende Tatsachen hinweg¬
an die unerforschlichen Götter ist. Der Dichter dieser Ehe¬
Er ist nicht für Subtilitäten. Er ist ein Rechnec, ein
n Allerweltsmaterial sind Worte! Man
kombdien urteilt und verurteilt nicht. Mit der heiteren
Verwaltungsbeamter seines eigenen Schicksals, ein geeig¬
dien aus ihnen machen, die aussehen,
Gelassenheit eines psychologischen Wurzelsepp stochert er
neten=Moment=Abwarter. Zehn Jahre hat er den
ter das Blut seines Herzens, den Saft
ins Tiefe; nach Urgründen des Geschehens.
kochenden Zorn in seines Herzens Töpfchen warm gehalten.
inverkocht; und das feinste Lächeln aus
Die geistige Landschaft der drei Akte ist eine sanft Jetzt, da das einzige Kind glücklich auf der Hochzeitsreise,
kkerbüchse darübergestreut.
hügelige, mit weiter, etwas dunstiger Perspektive. Das tischt er ihn auf. Er schmeckt, wie er schmecken muß: ab¬
TTAPA