II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 83

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26.1. Kongedie der WorteZyklus
(Quelienangabe ohne Gewähr.)
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— wie sie selbst sagt — mehr noch als Flöding. Und ) hat tatsächlich zehn Jahre lang gewartet, um seine
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trotzdem? Eben deshalb, deutet der Dichter uns an.
Gattin ihren Betrug ins Gesicht zu schreien.
Eben weil Ormin ihrem Herzen so teuer war,
— ch gelöst „erlassen.“
Das Wiener Burgtheater=Publikum befand sic
konnte, durfte sie ihm nicht angehören. Sie sagt es
bisher in derselben Lage wie Ormin, dem so viele
Eplanuel Geibel.
klar: „Hätte ich Sie weniger geliebt, so hätte ich
das er wissen möchte, dunkel bleibt. Nun wiede
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die Ihre werden können — vielleicht.“
können die Zuschauer Klara nur recht geben, wen
sie ausspricht, was jeder von ihnen empfindet: „D
Das alles aber erklärt uns noch nicht, aus welchen
hast es über dich gebracht, zu schweigen, zehn Jahr
Koibleis=Konlobie der Worte.
Motiven sie sich Flöding zugewendet hat. Wir wissen
lang? ... Ich glaub' es nicht. Solche Selbstbeherr
nur, weshalb sie nicht Ormins Geliebte wurde,
schung trau ich keinem Menschen zu . . .“ Wir auc
nicht aber, was sie veranlaßt hat, sich Flöding hin¬
nicht.
Von unserem ständigen Vertreter in Wien.
zugeben. Wir wissen es nicht. Wir möchten es aber
Diesor Karl Eckold hat also zehn Jahre lan
gerne wissen. Und Ormin ist in diesem Punkte
Komödie der Worte, dieser Titel gibt zu denken.
geschwiegen. Nun redet er, und es hat ganz den An
ebenso neugierig wie wir. Frau Klara speist ihn und
Er paßt vortrefflich auf das zweite Stück, das der
schein, als sei es ihm gar nicht so schwer gefallen
uns mit halben Andeutungen, mit geistvollen Be¬
Dichter „Große Szene“ genannt hat. Ob auch
diese, uns fürchterlich lang erscheinende, Zeit zu er
merkungen über die Ehe im allgemeinen und ihre
auf die beiden anderen, zumal auf das erste, „Die
tragen. Er hatte eben „seine bestimmten Pläne fü
Che im besonderen ab. Wenn man mit haldem Ohre
Stunde des Erkennens“, läßt sich nicht so
die Zukunft", und der Gedanke an diese Zukunf
hinhört, klingt alles ungeheuer deutlich. Paßt man
leicht entscheiden. Wie immer man sich zu dem Kon¬
half ihm, die Gegenwart zu ertragen. Man sollt
jedoch genauer auf, so kann man sich nicht verhehlen,
flickt dieses Dramoletts stellen mag, ob man den
meinen, er habe sich weiß Gott welche barbarisch
daß man über den Beweggrund ihrer Untreue und
Grundgedanken artistisch erklügelt, ob man das
Rache für diesen Tag aufgespart. Dabei macht e
all das, was damit in Zusammenhang steht, höchst
Ganze ein lebensvolles Theaterstück oder nur ein
ihr aber schließlich nur den Vorschlag, nach Berlit
nebelhafte Aufklärungen erhält. Ormin versteht sie
dem Theater angepaßtes Stück Leben nennen will,
zu übersiedeln, was man ja füglich gar keine
offenbar auch nicht, und das ist keineswegs zu ver¬
jedenfalls wird man nur schwerlich auf den Ge¬
furchtbare Strafe nennen kann.
wundern. Was Frau Klara ihm sagt, sind Worte,
danken verfallen, es eine Komödie oder wie man
Nicht mit Taten, doch mit Worten weiß er sie
wirklich nur Worte. Sollte sich der Gesamttitel
eigentlich sagen müßte: eine Tragödie der Worte zu
schmerzlich zu treffen. Klara und Eckold haben mit
darauf beziehen?
nennen. Kommt es doch hier am wenigsten darauf
einander gelebt, wie Mann und Frau miteinande
an, was gesagt, als darauf, was verschwiegen wird
Zu der Tatsache dieser „Untreue“ nimmt jeder
zu leben pflegen. Nach der „schlimmen Zeit der Ent
und was verschwiegen wurde. Letzteres eben stellt
in seiner Art Stellung. Ormin mit verbindlicher
fremtung“, nach der Zeit ihrer Untrche waren wie
die Streitfrage zwischen den Anhängern und Geg¬
Melancholie, Frau Klara mit einem Aufwand von
der Jahre der „Hingebung und Zärtlichkeit“ ge
nern des Dichters dar, fast möchte man auch sagen:
Aperaus, der darauf schließen läßt, daß sie in den
kommen, Jahre, in denen sie sich, stärker als zuvor
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zwischen den Anhängern und Anhängern, denn auch
gesammelten Werken Arthur Schnitzlers voll In¬
geliebt und begehrt von ihm glaubte. Nun aber sag
von denen, die Schnitzler bisher stets treue Gefolg¬
teresse, oft und gern geblättert hat. Es bleibt nur
er es ihr oder würde es ihr wenigstens sagen, wenn
schaft leisteten, hat sich vielleicht der eine oder andere
noch die Frage offen, was Dr. Eckold sagen würde,
sie ihm nicht in die Rede fiele: sie war ihm in der
eines bedenklichen Kovfschüttelns nicht enthalten
wenn er es wüßte. Oder weiß er es gar? Natürlich
ganzen Zeit weder Frau noch Geliebte, sondern —
können.
weiß er es. Neuerdings wissen es die Ehemänner
höchstens ... Und darin besteht ihre Strafe.
Die drei Personen des Schauspiels sind: Karl
immer. Ahnungslosigkeit ist gänzlich aus der Mode
Nun aber stellt es sich plötzlich heraus — und
Eckold, praktischer Arzt, Personalbeschreibung:
gekommen. Gleich anfangs, wenn er so nebenher
dieser Spaß will bitterernst genommen werden —,
„45 Jahre, dunkelbrauner Vollbart, beginnende
äußert, daß er „nichts Besonderes“ mit der Gattin
daß der Gatte die Gattin zehn Jahre lang mit einem
Glatze“, seine Gattin Klara, „40, noch schön“ sagt
zu besprechen habe, und hinzufügt: „Keineswegs eilt
Falschen im Verdacht gehabt hat. Er hat damals
die Regiebemerkung, und Professor Rudolf Ormin
es“, fühlt der in der dramatischen Kniff=Kunde nicht
offenbar einen Detektiv von geringer Verläßlichkeit
„hager, scharfgeschnittenes Gesicht, bartlos, gegen
ganz Unerfahrene sofort, daß es sich um etwas höchst
in Sold gehabt, und so kommt es daß er Ormin für
50“ Flöding, die wichtigste Figur der Handlung,
Bedentsames handeln muß. Das stimmt denn auch.
seinen glücklichen Nebenbuhler hält. Das aber ist
tritt nicht auf. Er wird uns als ein Einsamer, als
Die Mitteilung, die er Klara zu machen wünscht.
ihm ein unerträglicher Gedanke. „Wär's nicht er
Mensch mit trotziger, verbitterter Seele geschildert.
hat — das muß man zugestehen — allerdings keine
gewesen“, sagt er, „ich glaube fast daß ich dann
Ihm war Frau Klara — dereinst, vor mehr als zehn
Eile. Hat man sich zehn Jahre lang Zeit gelassen,
hätte vergessen, verzeihen können. Daß mein Zorn
Jahren — Liebende und Geliebte. Aber hat sie
so kommt es freilich auf ein Stündchen mehr oder
längst verweht, mein Haß irgend einmal erloschen
denn damals nicht Ormin geliebt? Ja doch, und weniger nicht sonderlich an. Und dieser Karl Eckold I wäre. Aber daß gerade er es war, dem du dich