II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 85

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26.1. Konoedie der Norte zyklus
Ausschnitt aus: Jnigreerentes Platt. Wien
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Theater und Kunst.
Theater und Kunn.
Hofburgtheater: „Komödie der Worte“.
(Schnitzler im Wiener Burgtheater.) Aus
drei Einakter von Arthur Schnitzler. Wenn Arthur
Wren WirsAns geschrieben: Die Erstaufführung
Schnitzler statt Mediziner Dr. juris geworden wäre,
der unter dem Namen „Komödie der Worte“
er hätte sich einen Ruf als Vertreter in Ehebruchs¬
zusammengefaßten drei Stücke Schnitzlers mag
angelegenheiten erworben und einen Kasten voll Geld
als literarisch=technische Arbeit von Interesse ge.—
damit verdient. Die drei Einakter leben von Ehebruch
wesen sein, doch in unsere große Zeit, die eiserne
in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der
Menschen erfordert, passen die entarteten Herr¬
Zukunft. Im ersten Einakter hat die Frau des Arztes
schaften des Wiener Schriftstellers nicht hinein.
Dr. Eckold vor zehn Jahren die Ehe gebrochen. Mit
Was man in einem Kunstwerk in erster Linie
irgend einem verbummelten Literaten, der ihrem Herzen
suchen soll: Schönheit der Charaktere — sei sie nun
le Nicht Nühe geständen ist. Sie gesteht dies ihrem
im bösen oder guten Sinn —. großzügige, dem
Herzensfreund, den sie immer heimlich geliebt, aber
Innern entquellende Handlung, findet sich nicht.
gleich so heftig, daß sie ihm nie angehören konnte, er
Schnitzler malt nicht, er photographiert. Alle Nich¬
wäre sonst ihr Schicksal geworden. Der Freund geht
tigkeiten und lächerlichen Verirrungen bringt seine
nun mit einer ausgesprochenen Arterienverkaltung als
literarische Dunkelkammer haarscharf hervor, aber
Leiter einer Roten Krenz-Expedition nach Japan. Der
die Spuren des echten Kunstwerkes sucht man ver¬
Mann aber, Herr Dr. Eckold, sagt seiner Frau gemüt¬
gebens. Wenn man jetzt noch nach Ehebruchs¬
lich, daß er seinen Haushalt auflösen wolle, seine Lieb¬
pfeffer greifen muß, um dichten zu können, dann
lingsidee seit zehn Jahren, die er nur aufgeschoben,
muß es in dem Empfinden und Seelenleben des
bis die Tochter nach Berlin geheiratet habe. Die Frau
betreffenden Schriftstellers — Dichter wollen wir
erschrickt, sie sieht ihre alte Sünde aufgedeckt und
nicht sagen! — recht eigentümlich aussehen. Daß
erinnert den Mann an Liebesstunden während der zehn
die anwesenden Schnitzler=Verehrer des Wiener
Jahre. Er lächelt kühl, sie sei ihm nicht Frau,
Orients Beifall spendeten, ist klar, — für uns
nicht Geliebte gewesen, sondern nur — die Frau ist
wirkte dieser Abend wie ein Gassenhauer inmitten
entrüstet, sie merkt aber, daß er seinen Verdacht auf
von Beethovens „Eroika“
ihren schuldlosen nach Japan reisenden Herzensfreund und
nicht auf den Literaten richte. Jetzt rächt sie sich dadurch,
daß sie ihn in seinem Irrtum läßt. Sie geht in den Tod.
Der zweite Einakter, „Große Szene“, behandelt den
Ehebruch eines großen Tragöden. Dieser kann ohne seine
Frau nicht leben und nicht spielen, nur lieben kann er. Sein
jüngstes Verhältnis war verlobt und der Bräutigam
rückt ihm auf die Bude, um sich die Antwort „ja“
oder „nein“ zu holen. Der seelisch verlotterte Mann
Ausschnitt aus: Der Humerist, Wien
spielt ihm nun eine Komödie vor, nach der der Bräu¬
tigam im Glauben abgehl, das Bräutchen sei ein
vom:
Unschuldslämmchen. Unzählige Ehebrüche lauern da
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in Zukunft. Die Frau des Tragöden, die eben von
einer Flucht aus dieser Ehe zurückkehrt, ist über sein
Theater und Kunst.
virtuoses Lügen entsetzt und will sich wieder von ihm
losmachen, er ist aber der Stärkere und zwingt sie in
(Burgtheater.) Ein neuer Schnitzler Komödie der Worte“.
seinen Bann. Er wird sie weiter betrügen, sie sich
hat nur teilweise befriedigt. Es nüßt nichts, daß gewisse Kreise
Die
kränken und ärgern, aber bei ihm bleiben.
und ihre Wortführer Begeisterung markieren, die kühle Haltung
dritte Komödie, „Das Bacchusfest“, spielt auf dem
der Zuhörer zeigte mehr als deutlich, daß es diesmal nichts oder
Bahnhof in Salzburg zwischen der Abfahrt zweier
wenig war. Von Anfang bis zum Ende eine Kömödie der Worte,
Schnellzüge. Ein Schriftsteller und seine Frau haben
vieler, mitunter sehr schöner und sehr kluger Worte, aber doch nur
sechs Wochen Sommerfrische von einander getrennt ver¬
neue Wendungen über ein altes, längst abgewandeltes Thema, dem
bracht. Beide natürlich die Ehe kräftig gebrochen. Er
gar keine neue Seite abgewonnen wurde. In allen drei Einaktern
hat nebenbei noch ein Stück geschrieben „Das Bacchus¬
wird gebrochen und zwar die Ehe, in jedem von einem andern
fest“. Es behandelt die historisch nicht begründete, alt¬
und von jedem werden viel Worte gemacht. Es ist ja richtig, daß
griechische Sitte, bei dem alljährlichen Bacchusfest den
die Menschen von heute zu sehr literarisch verdorben sind, nicht
Frauen und Mädchen jede Lust zügellos zu gestatten.
aus sich heraus leben, handeln und sprechen, sondern stark Theater
Ihre Verirrung war ihm nur ein solches Bacchusfest,
im Leben spielen, aber um das aufzuzeigen, hätten die Helden
sie kommt mit dem Männchen Hand in Hand, sie will
nicht der Literatur so nahe stehen dürfen, wie der Arzt, der Schau¬
ihr Sommerspielzeug dauernd besitzen. Er spottet den
spieler und der Schriftsteller. Eigentlich sauber und scharf gezeichnet
Jüngling fort und zieht seine Frau an sich, mit dem
ist nur der Komödiant, bei dem man nicht weiß, ist es ihn um
dumpfen Geständnis, sie zu hassen. Die drei Einakter
die Pose ernst, oder will er nur seiner betrogenen Frau etwas
wurden vorzüglich inszeniert gegeben, die Darstellung
privat vortheatern. Harry Walden gab die drei Hauptrollen,
brachte die ersten Burgtheaterkräfte ins Treffen. Harry
und das war von Uebel. Was den Komödianten hätte ergeben
Walden spielte in allen drei Stücken die Hauptrolle
sollen, war voll ironischer Persiflage. Dem Arzt und dem Schrift¬
blendend virtuos, besonders im zweiten Stück dem
steller blieb er alles schuldig. Die Medelsky zerflüsterte seine
Publikum so zum Gefallen, daß es wahre Beifalls¬
Gattin bis zur Unhörbarkeit, Frau Bleibtreu und Frl. Wohl¬
stürme gab. Bleibtreu schwer im Ton, einfach und
gemuth waren voll am Platze, ebenso wie Herr Gerasch. Sonst
wirkungsvoll in der Gebärde. Medelsky bot. eine
war die Vorstellung ganz burgtheater mäßig. Fritz Blank.
schön gerundete darsteklerische Leistung. Die übrigen

Darsteller, besonders Herr Tiedtke als spaßiger
Theatexdirektor, eifrig im Dienste des=Autors, für den)

es zahllreiche Hervorrufe gab.