II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 130

der Wortes, welche
I in Betracht kommt. Im ersten Einakter „Stunde des
Erkonnenz=ist es ein atter, wie—man—meinten sollte,
langst vergessener Ehebruch, der zum tragischen Kon¬
stikt kommt. Ein praktischer Arzt hat ohne etwas
mernen zu lassen, daß er von der Schuld seiner Frau
eiwas weiß, neben dieser scheinbar ruhig und zufrie¬
den 10 Jahre weitergelebt. Erst als die Tochter, die
dieser Ehe entsproß, selbst verheiratet ist, kommt
seine sittliche Entrüstung zum Ausdruck, um die Ehe¬
brecherin von einst aus dem Hause zu sagen. Er hat
in der Tiefe seiner Seele seine Existenz von der seiner
Frau getrennt und der Stunde entgegengelebt, die
nun endlich gekommen ist. Der folgende Einakter,
„Große Szene“ betitelt, ist ein Schauspielerstück. Man
glaubt die Figuren zu kennen, denen Schnitzler dichte¬
risches Leben gibt. Der Hofschauspieler Herbot hat
wieder eines seiner zahlreichen Abenteuer hinter sich,
das diesmal nicht ohne ernsteren Folgen zu bleiben
drohte. Seine Frau, die ihm schon unzählige Seiten¬
sprunge verziehen hatte, wollte nie mehr zu ihm
zurückkehren und erst nach langem Bitten hat sie sich
entschlossen, noch einmal Gnade walten zu lassen. Da
kommt der Brautigam des Mädchens, welches Herbots
Geliebte gewesen und bittet diesen, die volle Wahr¬
heit zu sagen, was zwischen ihm und seiner Braut vor¬
gefallen ist. Herbot erzählt nun dem betrogenen
jungen Mann einen förmlichen Roman, als ob er um
dessen Brau toll geworden wäre und sie hätte ihm
nicht erhört. Frau Herbot hat alle die Lügen im
Nebenzimmer mit angehört, es erfaßt sie ein Ekel,
sie will endgültig von ihrem Manne weg. Doch der
Ueberredung des Theaterdirektors gelingt es schlie߬
lich doch wieder, eine Versöhnung herbeizuführen.
Der dritte der 3 Einakter, „Das Bacchusfest“, gleich¬
falls eine Ehebruchskomödie, spielt in einer Bahn¬
hofshalle. Frau „Stauffner“ erwartet ihren mit dem
Innsbrucker Zug eintreffenden Gatten. Sie ist von
einem jungen Manne begleitet. Vor sechs Wochen
hat sie an dieser Stelle von ihrem Gatten Abschied
genommen. Nun will sie die Gattin eines Zweiten,
eines Doktors der Ehemie, werden. Sie wollen dies
dem Manne bei seinem Eintreffen aus der Sommer¬
frische gleich sagen. Dieser läßt es zu keiner Erklä¬
rung kommen, vielmehr erzählt er den beiden den
Grundgedanken seines eben vollendeten Dramas „Das
Baechusfest“. Dieser besteht darin, daß bei den
Griechen in der Zeit der Weinlese für eine Nacht
alle Bande der Familie und Gebote der Sitten auf¬
gehoben waren. Nach einer zweiten Nacht gab es
keine Rückkehr mehr. Die Erzählung tat ihre Wir¬
kung. Der junge Mann besteigt den Zug nach Paris,
das Ehepaar bleibt bis auf weitere Untreue der Frau
wohl wieder vereint. Alle drei Stücke sind unleugbare
„Schnitzler=Produkte“. Voll geistvoller aber auch voll
cynischer Redewendungen und Gedanken. Das beste
und wirkungsvollste derselben ist die „Große Szene“.
Das schwächste „Das Bacchusfest“ welches schon gleich
zu Anfang durch den langatmigen Dialog der Frau
und des Liebhabers ermüdend wirkt. — Der Gast
des Abends, Herr Höbling, hat sich diesmal in
richtiger Erkenntnis seines Könnens, vor eine seiner
Darstellungskunst würdige Aufgabe gestellt. In sein
charakterisierter Wiedergabe hat er in den drei Ein¬
aktern die verschiedenen Gestalten sowohl in äußerer
Erscheinung, als auch im Spiel auseinandergehalten
und wiedergegeben. Den Glanzpunkt bildete der von
Herrn Höbling meisterhaft gespielte „Herbot“ in der
Großen Szene" Es stehen dem Künstler zur voll¬
endeten Darstellung dieser auch dankbaren Rolle eben
alle Mittel zu erfolgreicher Durchführung zur Verfü¬
gung. Nicht endenwollender Beifall wurde dem Künst¬
ler nach dem zweiten Einakter gespendet. Als Part¬
nerinnen desselben wirkten im ersten Stück Frl.
Fichner als verständnisvolle Darstellerin, nur läßt
leider Ihr Organ keine Steigerung im Affekt auf¬
kommen und geht manche wirkungsvolle Stelle ver¬
loren. In den beiden letzten Einaktern waren die
weiblichen Hauptrollen in den Händen von Frl.
Magda. In beiden derselben verfiel dieselbe aber!
in einen derart weinerlichen Ton, der auf die Dauer
ermüdend auf das Publikum einwirkte. Namentlich
als Frau des berühmten Schauspielers hätte Frl. ;
Magda mehr Temperament und eine geschmackvollere
Toilette wählen müssen, welche den Eindruck ihrer
hübschen Erscheinung wesentlich erhöht hätte. Die
Herren Grieg, Stolfa, und Hoppe behaupte=
#ten sich voll entsprechend im Zusammenspiel des in¬
Dr.
teressanten Theaterabendes.
1
Trtaist' Piisner Tagbi,
Theater und Konzerte
Hustspiel des Hofschauspielers Harry Walden.
Koyödie der Worte“. Drei Einakter von Arthur
Schnißter
Arthur Schuitetriten Per¬
sönlichkeit. Begeisterter Verehrung auf der einen
Seite steht Herabsetzung seiner dichterischen Tätigkeit
auf der anderen Seite gegenüber. Man mag sich zu
ihm stellen, wie man will, eines wird man seinen
Dramen nicht absprechen können
— Bühnenwirksam¬
keit. Das gilt besonders von den Einaktern, denn
in ihnen beruht die Stärke dieses Dichters, sie
sind
den mehraktigen Dramen überlegen, ebenso wie
Schnitzlers kurze Novellen über seinen Romanen ste¬
hen. Ausschnitte des menschlichen Lebens geben beide
Arten wieder, die gedrängte Knappheil kennzeichnet
sie und wo in Roman und Drama eine breitere An¬
lage und eingehende Charakterisierung nötig ist, zeigt
sich, daß es hierin nicht auf der gleichen Höhe steht.
In allen drei Dramen, die unter dem Titel „Ko¬
mödie der Worte“ zusammengefaßt sind, steht im Mit¬
telpunkte ein Ehepaar, dessen Ehe zerstört oder doch
bedroht wird, ein Stoff den Schnitzler mit Vorliebe
in seinen Dramen behandelte. Im ersten und drit¬
ten, der „Stunde des Erkennens“ und im „Bachus¬
fest“ erfolgt es durch die Schuld der Frau, in der
„Großen Szene“ durch die des Mannes. Da ist das
Gemeinsame in ihnen und Worte, die den Taten
widersprechen, führen das Unheil
herbei. Freilich
paßt der Gesamttitel so recht nur auf das zweite
Stück.
Die männlichen Hauptrollen dieser Einakter sind
von einander grundverschieden und es ist ein schweres
Stück, an einem Abende sich zweimal nicht nur umzu¬
schminken, sondern auch einen anderen Menschen an¬
zuziehen. Her Walden zeigte sich in seiner Meister¬
schaft und man wird vor eine schwere Wahl gestellt,
wenn man sich entscheiden müßte, welcher der drei
Rollen man den Lorbeerkranz zuerkennen sollte. Er
war in allen dreien auf der Höhe der Schauspieler¬
kunst: als erfahrener Arzt, der sich von seiner Frau¬
betrogen weiß, der zehn Jahre lang, bis nach der Ver¬
heiratung seiner Tochter schweigt und dann erst die
Ehe löst, als leichtlebiger Schauspieler, der seine Frau
liebt und doch eine andere begehrt, und deren Bräu¬
tigam durch eine große Szene über seine Beziehungen
täuscht oder endlich als reifer Schriftsteller, der mit
starker Hand seine Frau, die ihm zu entschlüpfen
droht, durch die Macht seiner Persönlichkeit an sich
fesselt. Am formvollendetsten, weil einheitlichsten
war doch seine Darstellung des Eckold, nach dem Bei¬
fall zu schließen, ist das zweite Drama jenes gewesen,
das am meisten gefiel. Herrn Walden zur Seite
standen in den weiblichen Hauptrollen Frl. Punik
(Klara) in der „Stunde des Erkennens“, Frl. Dee¬
ren (Sophie) in der „Großen Szene“ und Frau
Roland (Agnes) im Bacchusfest“. Alle drei wa¬
ren recht gut, Frl. Deeren natürlich am besten. Von
kleinen Rollen abgesehen, wirkten mit die Herren:
Volker (der Ormin), Kirsch (Gley), Stippin¬
ger (Theaterdirektor) und Decani (Dr. Wering)
sowie Frl. Salut (Vilma Flamm), mehr oder we¬
niger erfolgreich, am wenigsten wurde Herr Decani
seiner Aufgabe gerecht. Der Spielleitung des Herrn
Lippert gebührt volles Lob. Im Zuschauerraum
herrschte nicht die Ruhe, die aus Rücksicht für Dar¬
steller und Umsitzende geböten wäre. Zum Sprechen
und Räuspern sind die Pausen doch wahrlich lange
genug.
Dr. F.
Theaternachricht. Heute, Mittwoch, wird im
Abonnement, gerader Tag, der Operettenschlager „Die
Czarda=fürstin“ zur Aufführung gebrächt. Don¬
nerstag wird im Abonnement, ungerader Tag, das
interessante Schauspiel „Ein Tropfen Gif:“
mit Frl. Derren, Gerold, Herren: Bowacz, Volker und
Kirsch und Derani gegeben. Herr Gustav Decan:
verabschiedet sich in dieser Rolle vom hiesigen Publi¬
kum, da er zur militärischen Dienstleistung einrücken
muß. Freitag wird bei aufgehobenem Abonnement,
gerader Tag, zum Vorteile des Operettensänger¬
Josef Sorelli die prächtige, melodiöse Operette
„Don Cesar“ mit dem Benefizianten in der Titel¬
rolle, gegeben. Sonntag nachmittags gelangt bei be¬
deutend ermäßigten Preisen der überaus lnstige mu¬
sikalische Schwank „Der Regimentspape
zur Aufführung. Der Vorverkauf #ur diese Borste,,
lungen ist bereits eröffnet.
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