II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 131

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Brüxer Zeitung
„Komödie der Worte“, drei Einakter von
Arthur Schnitzler. Zweiter Gastspielabend
des k. k. Hösschisbielers Harry Walden. Drei
Einakter sind es, die der Dichter gestern uns vor¬
führte, halb philosophisch, halb scherzhaft, ein
Spiel, das uns zeigen sollte: Worte sind leerer
Schall, eine Umgangsmünze mit unbeständigem
Kurs, unter dem die Menschen ihr wahres Wesen
verstecken, ein Notbehelf, um die eigenen Gedan¬
ken zu verbergen, ein Pfandohjekt, um sich selbst
und andere zu betrügen oder in den Schlaf zu
lullen. Zuweilen aber können Worte lebendig
an eine
werden, wie die des Dichters, die
Schnur gesädelt — in ihrem Glanze, ihrem, Ge¬
dankenreichtum und geistigen Gehalt, einer Per¬
lenkette von unschätzbarem Werte gleichen.
„Stunde des Erkennens“ ist eigemtlich
eine Komödie des Schweigens, denn der betrogene
Gatte öffnet den Mund 10 Jahre zu spät. End¬
lich gestehen sich die beiden Gatten, daß ihr ehe¬
liches Glück eigentlich nur in den Worten lehte,
mit welchen sie sich das Glück ihrem Kinde zuliebe
vorgetäuscht haben. In der „großen Szene“
feiert die Kunst des Schauspielers einen Triumph.
Dieser Komödiant spielt so gut Komödie, daß
selbst seiner Frau dabei unheimlich wird und sie
sich deshalb von ihm trennt. Ein Theaterdirektor
leimt den Bruch. „Das Bacchusfest“ ist eine
Debatte über Liebesverirrungen, die der Dichter
durch schöne Gleichnisse aus der Mothologie zu
illustrieren weiß. In allen drei Stücken gab
Harry Walden, der gefeierte Gast des Hofburg¬
theaters, die männliche Hauptsigur. Die Dar¬
stellung derselben erfordert viel Temperament,
Geist und Laune. Er hielt die einzelnen Charak¬
tere streng auseinander, führte den Dialog scharf,
klar und deutlich. Sein Spiel in Geste und Mine
ist überall großartig und hinreißend. Vieles er¬
innerte an Keinz. Die Gestalt ist zwar nicht die
gleiche, aber seine Natur, seine Kunst feiert
hier eine Wiedergeburt. Von den heimischen
Kräften standen neben dem Gast Frl. Beruth,
Frau Dir. Linzer, Frl. Finkler und Herr
Marholm in vorderster Reihe. Frl. Beruth
zeigte wieder ihr großes Können, wie die Schau¬
spielerin die Sängerin überflügelt. Ihre Klara
war eine tief erschütternde Frauengestalt, echt in
ihrer Liebe, voll Kraft und Zuversicht in ihrem:
Schmerz. Ebenso trefflich war die Sophie der
Frau Dir. Linzer, eine Menschenstudie von
kristallener Klarheit und reifer Kunst. Fräulein
Finkler sah entzückend aus. In zarter Ab¬
tönung zeichnete sie die von Haß und Liebe er¬
füllte Frau mit weithin glitzernden Farben. Herr
Marholm zeigte in den beiden Rollen, dem
Edgar Gley und dem Dr. Wernig, wie gut er zu
charakterisieren versteht. Sein munteres, flottes
Spiel trug ihm warme Anerkennung ein. In
einer Episode konnte Frl. Dewald ihr heiteres.

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lichtes Wesen gut zur Geltung bringen. Herr
Dir. Linzer hatte leichtes Spiel und durfte
ganz echt bleiben, denn er gab das, was er ist: ein
Theaterdirektor. Herr Wipplinger wirkte
eingangs etwas schläfrig; später sand er den Ton
und auch die Temperatur für seinen im Gewande
der Selbsttäuschung einhergehenden Philosophen.
Die Aufnahme der drei Einakter weneine aeteilte.
Die Mehrzahl der Besucher des ausberkauften
Hauses lauschte mit Spannung den Vorgängen
auf der Bühne, die uns durch die gute Interpre¬
tation der Dursteller verständlich gemacht wurde