II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 147

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26.1. Konoedie der Vorte zvklus
gioi): „Aha, da steht, was du mitbringen sollst: Kaffee, Jullel,
Strup und Vater?... Was bedeutet denn das letzte Wort?“
Peperl: „Das gilt nicht für Sie... den Vater soll ich aus dem
„otey=Ochsen“ mitbringen!“
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verheiratet mit einer schlichten, bürgerlich=ehrlichen Frau. Er
ist ihr öfters untreu, er ist gänzlich gewissenlos, doch ohne seine
Frankfurter Theater.
Frau kann er nicht leben. Alle seine Eheirrungen werden so zu
Schauspielerei, zu Theaterszenen, — wahr bleibt nur sein ge¬
Neues Theater.
heimnisvolles Gebundensein an seine schlichte, ehrbare Frau.
Erstaufführung: „Komödie der Worte“. Drei Einakter.
Das letzte Stück des Zyklus ist weder so reich an seelischen
Von Arthur Schnitzler.
Enthüllungen und überraschungen, wie das erste, noch an
Vielleicht steckt in der Sammelüberschrift, die Arthur
szenischer Farbigkeit, wie das zweite. Ein berühmter Schrift¬
Schnitzler über seine drei neuen Einarter: „Stunde des Erken¬
steller gewinnt hier seine Frau zurück, die sich gerade entschlossen
nens“, „Große Szene“ und „Das Bacchusfest“ gesetzt hat, etwas.
wie eine captatio benevolentiae. Vielleicht! Man könnte sich
hatte, ihn mit einem jungen und unverbildeten Durchschnitte¬
immerhin denken, daß der Wiener Dichter im Gefühl oder in
menschen zu verlassen. Er lehrt sie auf listige Art. daß sie zu
der Erkenntnis, er habe im Wesentlichen nur mit Worten ge¬
ihm gehört, und wie sie es eingesehen und ihr Liebhaber ver¬
spielt, anstatt von Leben erfüllte Vorgänge zu gestalten, im
dutzt abgeht, sagt der Gatte: „Ich hasse Dich!“ Sie antwortet:
Gesamttitel eine Art Entschuldigung=im=Voraus versucht. Wie
„Und ich Dich noch tausendmal mehr.“
gesagt: vielleicht. Man kann natürlich der Signierung „Ko¬
mödie der Worte“ auch eine andere Deutung geben, ja es fiele
Die schauspielerische Darstellung wird beim letzten Stück
nicht allzuschwer, eine ganze Reihe von Erklärungen auszu¬
leicht in einen possenhaften Ton abgleiten, was aber wenigstens
klügeln. ... Die drei neuen Schnitzlerschen Einakter stellen
hier vom Publikum nur angenehm empfunden wurde. Die
Variationen zu dem vom Dichter immer wieder aufgegriffe¬
Bühnenwirksamkeit erhöht übrigens der originelle Ort der
nen Komplex jener Probleme dar, unter denen die wichtigsten
diese sind: Sinn und Wege, Wellentäler und =höhen, Hemmun¬
Handlung: eine Bahnhofshalle, die eine geschickte Regie als
gen und Absurditäten des Zusammenlebens von Mann und
Aufmarstt gelände für intes Statistenvolk gut ausnutzen kann.
Frau und die Möglichkeiten der Rolle des Weibes in der Ehe.
Der größte Erfolg im Theater wird aber stets, wie hier in
Was zu dem reichlich oft behandelten Thema neues gesagt
Frankfurt, der „großen Szene“ zuteil werden, einem Stück, für
wird? Garnichts oder doch nur recht wenig. Ob Schritte nach
vorwärts oder aufwärts gegenüber früheren Arbeiten erkenn¬
das Theaterdirektor Held und das Publikum von jeder Mischung
bar sind? Nein. Schnitzler ist mit seinen in die Form von
dem Wiener Dichter dauernd dankbar bleiben wird.
Wechselgesprächen gekleideten feuilletonistisch=novellistischen Be¬
Fritz Seger.
trachtungen über Wert, Evolutionen und Revolutionen ehe¬
licher Gemeinschaft gewissermaßen auf einen toten Punkt ge¬
Die „Komödie der Worte“ wurde auch im Wiener
kommen. Auch an das Bild vom Manne, der im Kreise herum¬
Hofburgtheater mit Erfolg aufgeführt. Harry Walden
läuft, kann man denken. Die „Stunde d
s Er¬
spielte die Hauptrollen.
kennens“, der erste Einakter, gemahnt in Ton
und
Haltung an die
„Gefährtin", ohne diesem
Dr. Albert Bauer.
Werk gleichwertig zu sein. Die „Große Szene“
gibt einen Ausschnitt aus einer Schauspielerehe, wie man sie
Von dem Oberarzt der Kgl. chirurgischen Klinik in
aus Theaterromanen zur Genüge kennt. „Das Bacchus¬
Breslau, Herrn Prof. Coenen gehen uns aus dem Felde
fest“ endlich nützt einen an sich hübschen Lustspieleinfall — ein
reichlich ungeschickter Liebhaber will eine Frau, mit deren Ein¬
folgende Zeilen zu:
verständnis, vom Gatten lösen und muß allein und gebemütigt
Der am 26. September 1915 in Frankreich gefallene Oberarzt
abziehen — nur schlecht aus. Die Linienführung ist unsicher,
der Reserve, Dr. Albert Bauer gehörte der chirurgischen Klinik
der Ausgang blaß. Natürlich werden auch in diesen drei Ein¬
in Breslau seit 1908 an und wurde von hier aus in medizinischen
aktern des österreichischen Autors geistreiche Gedanken ausge¬
und technischen Kreisen bekannt durch seine originellen Ideen.
sprochen, leuchtende Steine fehlen nicht. Allein sie sind sehr
Seiner Zeit begrüßte es die Schlesische Gesellschaft für vater¬
vereinzelt Der Glanz des Ganzen ist um vieles matter als
ländische Kultur mit großem Enthusiasmus, alsBauer durch eine
in anderen Dialogstücken Schnitzlers. Auf manchen Szenen
ruht gar kein Licht. Entgleisungen wie der beinahe schwank¬
besonders imprägnierte, später patentierte Binde den menschlichen
hafte Schluß des zweiten Stückes zeigen, daß selbst bei einem
Körper im Röntgenlicht aufleuchten ließ, so daß man die inneren
Dichter wie bei diesem der Geschmack gelegentlich versagt. Das
Organe und das Knochengefüge direkt sehen konnte und ein
Neue Theater, das die drei Stücke am gleichen Abend wie
Darmstadt und Wien herausbrachte, hat sich durch diese Erst¬
einfachen, aber sinnreichen Bügel, der mit großer Kraft, aber
aufführung gleichwohl ein Verdienst erworben, das durchaus
schonend am Oberschenkel angesetzt, eine genaue Einrichtung der
anerkannt werden soll. Herr Direktor Hellmer gab sich
beim Bruch auseinander gewichenen Knochenenden und die sofortige
rechtschaffen Mühe, gute Vorstellungen über die Bühne gehen
Vergipsung ermöglichte. Jetzt im Kriege wurde dieser Bügel viel
zu lassen. Die Regie war mit Umsicht und Geschick tätig. Da
und dort hätte sie die Zügel der Spielleitung noch etwas straffer
angewandt. Seine auf anatomischen Untersuchungen basierende
anziehen dürfen. Herr Willi Schröder trat als Dr. Eckold,
unblutige Methode der Behandlung des Darmvorfalles erwarb sich
Konrad Herbot und Felix Staufner auf. Man lernte in ihm
viele Freunde. Auf rein wissenschaftlichem Gebiete war
einen Schauspieler kennen, der verheißungsvolle Entwicklungs¬
er tätig durch seine monographische Bearbeitung des Schief¬
möglichkeiten zu besitzen scheint. Gestern Abend gelang es
halses in den „Ergebnissen der Chirurgie und Orthopädie",
ihm nicht, alle Klippen, die seinem Spiel drohten, zu meiden.
durch die Veröffentlichung einer seltenen Wundergeschwulst
Am besten schien ihm Felix Staufner zu liegen. Im ganzen
(Teratom) der Zwerchfellgegend und durch seine auf Veran¬
standen die Leistungen Herrn Schröders immerhin auf einer
lassung von seinem Chef, Geh. Rat. Küttner, mit Dr. S. Weil
beachtenswerten Höhe. Die reifste Gabe des Abends bot Frau
gemeinsam gemachten Tierversuche, die die Einheilung von
Leiko als Klara Eckold. Sie erbrachte aufs neue den Be¬
weis, daß sie recht schweren Aufgaben gewachsen ist. Mit:
keimfreiem totem Knochen im Organismus einwandsfrei
Glück versteht sie, die ihr übertragenen Gestalten selbständig auf¬
dartaten und damit eine wissenschaftliche Stütze wurden für die
zufassen und ihr Spiel von Schablonisierungen freizuhalten.
Frl. Sangora fand sich mit der Schauspielersgattin des
zweiten Einakters im allgemeinen gut ab. Das letzte Stück
brachte Frl. Fuchs als die Frau auf die Bühne. Sie ließ
mehr als einen Wunsch unerfüllt, da sie mit der Figur, die
sie zu verkörpern hatte, völlig im Belanglosen blieb. Von den
übrigen Mitwirkenden seien die Herren Klöpfer, Gro߬
mann, Gewinner und v. Möllendorf genannt. Das
Haus war gut besucht. Die Zuschauer schienen aufmerksam
den wortreichen Unterhaltungen, die man auf der Bühne
führte, zu folgen. Nach dem zweiten und letzten Einakter
setzte starker Beifall ein, der auch dem Spielleiter des Abends
galt.

Carl Klippel
Kaiserstr. 75, nächst Hauptbahnhof.“
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