II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 178

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26.1. Konoedie der Vorte zyklus
Ausschnitt abelliner Neueein Nachtichten
vom:
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in den Typen der „Komödie der Worte“ darstellen, die sich durch
nichts, auch gar nichts von der großen Herde unterscheiden,
„Komödie der Worte.“
und nur in seinem dichterischen Mikroskop als dramatische Fi¬
1 Drei Einakter von Arthur Schnitzler. —
guren erscheinen.
S.
Erstaufführung im Lessing=Theater.
Wer ist in der „Stunde des Erkennens“ tragisch,
der Gatte, die Frau oder der Dritte, der in diesem Falle einmal
Der Titel stimmt bis auf das Tüpfelchen über dem i.
ausnahmsweise nicht der „gaudens“ ist. Der Gatte glaubt zehn
„Komödie der Worte“ — das Alpha und Omega unseres ge¬
Jahre lang, daß sie ihn mit einem anderen betrogen hat. Er
wöhnlichen Lebens. Wir wissen gar nicht, daß wir je nach
schweigt aber und weist sie erst aus seinem Leben, als seine
Anlage gut oder schlecht schauspielern, wir nehmen uns näm¬
Tochter sich vermählt hat. Nun hat sie ihn allerdings einmal
lich selbst furchtbar ernst, und wenn uns dann ein Dichter
betrogen, aber nicht mit dem verdächtigen andern, sondern mit
den Spiegel vorhält, dann schlagen wir uns an die Brust und
einem „ganz andern“, in dessen Arme sie sich ohne Liebe ge¬
sind sehr stolz, nicht zu sein wie „diese“. Man darf für diese
flüchtet hat, um dem „andern“ nicht aus Liebe zu verfallen.
merkwürdige Erscheinung nicht allzu starke Worte wählen,
Und auf diesen verzwickten Irrgang ihrer Leidenschaft baut
sintemalen der größte Teil der Menschheit in dem berüchtigten
sie ihre Verteidigung auf, indem sie dem wahren Geliebten
Glashaufe sitzt, aus dem man nicht mit Steinen werfen darf.
und nie Beglückten beichtet. Dann zieht sie es vor, zu sterben.
Man soll aus Rücksicht auf sich selbst nicht von Heuchelei und
Betrug, sondern höchstens von Selbsttäuschung sprechen, die
Die „Große Szene“ ist einfacher, natürlicher und
mit schönen und guten Worten aufgeputzt nud freundlich ge¬
brutaler. Ein Komödiant, der aus Gewohnheit und Natur¬
staitet wird.
anlage Frauen gegenüber ein ausgemachter Hallunke ist, hat
sich an der Verlobten eines Andern vergangen. Er gelobt
Alle diese Leute, mit denen sich Schnitzler gewohnheits¬
seiner Gattin mit Krokodilstränen Besserung und phantasiert
mäßig beschäftigt, haben nicht, wie arglose Gemüter annehmen
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von Wahrheit und Ehrlichkeit große Stücke. Fünf Minuten
könnten, einen Knax, sondern sind ganz gewöhnliche Durch¬
später muß seine Frau Zeugin sein, in wie abgefeimt=nieder¬
schnittsmenschen, deren Aufrichtigkeit gegen sich selbst dank
trächtiger Weise er den armen Betrogenen, der ihn auf Ehre
ihrer mäßigen Begabung auf dem Nullpunkt steht, und die
und Gewissen nach den Beziehungen zu seiner Braut fragt,
Worte gebrauchen, um ihre fadenscheinige Ethik zu bemänteln,
mit Hilfe eines abgekarteten Briefes und unter Aufbietung
wohlgemerkt im besten Glauben. Hallunken, die absichtlich
aller Kulissenreißereien übers Ohr haut. Er spielt die „Ko¬
die „Komödie der Worte“ spielen, gibt es natürlich auch, aber sie
mödie der Worte“ bis zur äußersten Konsequenz. Er betrügt
ssind ebenso vereinzelt wie gewöhnliche Verbrecher. Die Brüchig¬
und belügt seine Frau und schwatzt ihren Abscheu in Grund
kkeit des Seelenlebens ist eben eine Folge der nur äußerlich
und Boden, und führt eine ganze Tragikomödie auf, um sie
aufgenommenen Kultur. Die paar Menschen, die über diesem
wieder dumm zu machen. Schön ist dieser Blick in die Welt
Standpunkt stehen, werden sich durch Schnitzlers Peitschen¬
des Theaters nicht, aber echt, unangenehm echt!
hiebe nicht getroffen fühlen, und die Anderen, die es angeht,
werden nicht einsehen, daß sie damit gemeint sind und gar
Um vieles geschraubter ist „Das Bacchus=Fest“.
nicht daran denken, sich mit Rücksicht auf die schlechte Zensur,
Hier klügelt Schnitzler wieder einmal gründlich herum und
die der Dichter ihnen erteilt, zu bessern. Man könnte darum
dreht und poliert, bis alles in Grund und Boden gewirt¬
ddie Frage aufwerfen, ob es nicht müßig und überflüssig ist,
schaftet ist. Er läßt hier die „Komödie der Worte“ spielen,
ssolche Stücke zu schreiben, die nur das wiedergeben, was auch
wo sie in keinem Punkte am Platze ist.
Ein Schriftsteller,
jjeder Verständige sieht. Aber es ist eben der Witz, daß das
dessen Gattin sich während seiner wochenlangen
Ab¬

PPublikum sich auch bei dem neuen Werk Schnitzlers darüber
wesenheit mit einem Stubengelehrten getröstet hat,
be¬
wundert, daß es solche Menschen gibt, und sich dabei glän¬
gnügt sich trotz seiner Wut damit, den Störer seines
zend unterhält.
ehelichen Friedens mittels seiner überlegenen „Dialek¬
tik“
Schnitzler's Anschauungs= und Darstellungskreis ist ein
hinauszuekeln, statt ihm und der Treulosen ein paar
beschränkter. Er hat nur Blick für die Leute, wie sie sich auch bedeutende Ohrfeigen zuteil werden zu lassen. In diesem
Punkt, nämlich hat Sch
Bruch. Der betrogen Teil
eigener Untreue der zu
günstig liegt, die „Kor
Worte“ vorzuziehen. Da
seitige Bekenntnis der
diese Beteuerung ist n
Musterexemplare werd
Moral sich fünf Minute
sinken.
Bassermann w
seiner Künstlerschaft. D
meisterhaft, als betrügen
gleichen, und das mit 9
keit, die ihn den etwas i
und den überlegen zynisc
chus=Fest“ gleich eigenar
merte in der „Großen
der ewig schauspielernde
Histrione auf Lager hat
nicht leben zu können,
haben; ich behaupte, d
Bassermanns Kon
„Stunde des Erkennens“
Lossen die Partner gle
stück sekundierte Else
ihrer immer reifer werde
und Forest sich dem Ge
einfügten. Im „Bacchu
Carlsen neben Basser
zeichneten Götz.
Das Publikum nahm
Achtung auf, bejubelte
stürmisch, so daß Schnitzl
konnte. Er hatte übrige
überstehen. Im zweiten
gekommen. Es ließ sich ei
des Zischen vernehmen, w
Theater verließ. Dann be
ein Aufstehen! Der Versu
dadurch verhindert, daß ei
haft rief: „Sitzenbleiben —
hang niederging und das
Dinge, die da kommen
schüchterner Feuerwehrman
und meinte mit piepsende
Heizung!“