II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 194

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26.1. Konondie der Norte Zyklus
Wurltrr.
Freimtenblatt, Wien
Ausschnitt aus:
Ausschnitt aus: Neue Freie Presse, Wien
Abendblatt
250
vom:
vom: J0bursg:
Schnitzler=Premiere im Berliner Lessing=Theater.
(Schnitzlers „Komödie der Worte“ in Berlin.
(Telegramm der „Neuen Freien Presse“.)
Berlin, 21. Oliober. (Tel d. „Fremden=Blatt“.) Samstag
Berlin, 24. Oktober.
fand hier die Erstaufführung von Schnitzlers Einalter¬
Artur Schnitzlers drei Einakter „Komödie der Woxte“
Zyklus „Komödie der Worte“ am Lessingtheater statt. Die
hatten im Lessing=Theater einen großen Erfolg, der
amüsante Geistigkeit und Sprachkunst Schnitzlers waren gestern
sich besonders nach dem zweiten Stück, „Die große Siene“ in
stärker als das Gefühl des großen Abstandes zwischen den Lieb¬
lautem Beifall und vielfachen Hervorrufen des Autort der zur
lingsthemen dieses Autors und der Gegenwart. Ueber die In¬
Berliner Premiere aus Wien gekommen war, und : Dar¬
haltsknappheit half in erster Linie Bassermanns Meister¬
steller kundgab. Das erste Stück wurde mit Interesse, oder auch
schaft hinweg, der sich besonders in der „Großen Szene“ selbst
mnit einiger Verwunderung angehört, das dritte entsprach nicht
übertraf, ferner der witzigkühle Theaterdirektor Forests und
ganz den Erwartungen, welche das zweite hervorgerufen hatte,
im „Bacchusfest der simplizissimushaft immer korrekte Dr. Wör¬
aber dieses zweite, wie gesagt, entschied den Erfolg des Abends,
nig des vielgewandten Kurt Götz. Besonders nach der „Großen
und auch nach dem Schluß der Vorstellung setzten Beifall und
Szene“ gab es vielen Beifall. Solchen erregte auch der heitere
Hervorrufe wieder kräftig ein. Große Bewunderung fand die
Salzburger Bahnhofsulk. Schnitzler konnte mehrmals erscheinen.
schauspielerische Leistung Albert Bassermanns, der in allen
Am Beginne der „Großen Szene“ ereignete sich ein un¬
drei Stücken die Rollen spielte, die Harry Walden in Wien
[liebsamer Zwischenfall, der beinahe zu einer Panik
kreiert hat und der namentlich im zweiten Stück den
geführt hätte. Es wurden starke störende Geräusche bemerlbar,
Komödianten, der die große Szene aufführt, mit seinem Humor
für die jede Aufklärung fehlte. Der Vorhang fiel. Endlich er¬
und großer Lebenswahrheit verkörperte. Die etwas unwahrschein¬
schien ein Feuerwehrmann und gab die beruhigende Aufklärung,
liche Voraussetzung des ersten Stückes, daß ein Gatte den Ehe¬
daß ein Gebrechen der Heizanlage die Störung verur¬
bruch seiner Frau entdeckt und zehn Jahre lang darüber
sacht habe. Sodann wurde die Aufführung fortgeseßt.
schweigt, suchte Bassermann dadurch glaubhaft zu machen, daß
er der Physiognomie des Gatten einen Zug von Wahnsinn gab.
Bassermann hatte an dem Erfolge des Abends einen sehr wesent¬
lichen Anteil und ihm galten neben dem Antor die Herpor¬
Ausschnitt aus: Osisee Zeitung, Stettm
rufe. Die übrige Darstellung stand namentlich in den Frauen¬
rollen nicht auf der gleichen Höhe und blieb vor allen Dingen
vom:
L L1L
250071975
weit zurück hinter derjenigen des Burgtheaters.
Theater= und Kunstnachrichten.
„Komödie der Worte“.
Wer Einalter von Arthur Schnitzl##erstälfführung
im Lessingthenter.
Aus Berlin wird uns geschrieben: Eigentlich ist es eher
Kine Tragödie der Worte, die sich in den drei Einaktern Schnitz¬
lers vor uns enthüllt. Wenn zwei von ihnen auch humoristisch
aufgemacht sind: die dahinterliegenden menschlichen Schicksale
sind, von einer höheren Warte aus gesehen, tragisch. Die han¬
bewahr.)
delnden Menschen machen sich allerdings das vor, was man im
gewöhnlichen Leben „Komödie“ nennt. Aber es ist dies nur eine
oberflächliche Benennung, die den tieferen Sinn nicht streift. Der
Pasturss Wimer Palisian
schnitt aus:
Dichter will jedoch, daß es eine Komtdie sei, eine Komödie der
Wien
Worte. In stilistisch=künstlerischer Hinsicht hat er Recht. Die
1:
Worte rauschen vor uns auf, sie flattern hoch, aber sie ver¬
Mnsenhenstursesendesn
prasseln wie Raketen. Sie zwingen nicht, sie bannen nicht. Man
glaubt ihnen nicht — wenigstens nicht immer und gerade nicht
*
bei den psychologischen Verkettungen. Es sind ihrer zuviele.
Aus Berlin wird uns über die
Worte — Worte! Schall und Rauch. Und zwischen drin ein
Première von Artur Schuimlens.„Komödie
prickelndes Svielen. Am besten ist das mittlere Stück der Drei¬
der Worte“ telegraphiert: Die amüsante Geistig¬
einigkeit: „Große. Szene". Der Schauspieler Konrad Herbot
keit und Sprachkunst Schniplers waren gestern
hat die Braut eines Freundes verführt. Die eigene Frau ist ihm
stärker als das Gefühl des furchtbaren Abstandes
deshalb davongelaufen. Sie kehrt in dem Augenblick zurück, als
zwischen den Lieblingsthemen dieses Autors und
der gebörnte Bräutigam von ihrem Gatten Rechenschaft fordert
der Gegenwart. Ueber die Inhaltsknappheit half
und Wahrheit. Aber sie nuß erkennen, daß Herbot dazu unfähig
in erster Linie Bassermanns Meisterschaft
ist, daß das Innerste seines Wesens auf Lüge und Betrug auf¬
hinweg, der sich besonders in der „Großen Szene“
gebaut ist, daß er von der Lüge und der Verstellung lebt, daß er
selbst übertraf, ferner der witzig=kühle Theater¬
sich damit selbst betört. Er glaubt schließlich selbst an die eigene
direktor
Lüge und betrachtet die ganze ernste Abrechnung nur vom
et und im „Bacchusfest“ der
schauspielerischen Standpunkt aus, als „große Szene". Ihr Ent¬
simplizissimushaft immer korrekte Dr. Wörnig des
schluß ist gefaßt; sie will ihren Gatten endgültig verlassen. Aber
vielgewandten Kurt Götz. Besonders nach der
es bleibt auch bei ihr ein Spiel mit Worten, eine Komödie. Eine
„Großen Szene“ gab es vielen Beifall, solchen
Hamletaufführung hängt von ihrem Bleiben ab. Sie läßt sich
erregte auch der heitere Salzburger Bahnhofsulk.
überreden und von ihrem Gatten in die Loge tragen. Ernst¬
Schnitzler konnte mehrmals erscheinen. Am
hafter hat Schnitzler das Problem im ersten Stück gefaßt, in der
Beginne der „Großen Szene“ ereignete, sich ein
„Stunde des Erkennens". Ernsthafter, aber nicht wahrer. Es
unliebsamer Zwischenfall, der beinahe zu einer.
ist im Grunde genommen nur eine geistreiche Konstruktion. Am
PPanik geführt hätte. Es wurden starke störende
Tage nach der Verheiratung seiner Tochter löst Dr. Eckold die ehe¬
Geräusche bemerkbar, für die jede Aufklärung
liche Gemeinschaft mit seiner Gattin auf, weil er sie vor zehn
Jahren auf einem Abwege ertappt zu haben glaubt. Zehn Jahre
fehlte. Der Vorhang fiel. Endlich erschien ein
lang hat er geschwiegen aus Rücksicht auf die Tochter. Aber er
Feuerwehrmann und gab die beruhigende Auf¬
lebte nur auf die Stunde der Abrechnung hin. Sein ganzes
klärung, daß ein Gebrechen der Heizanlage die
Zwischenleben war Verstellung — Komödie. Und zwar eine un¬
nötige, denn der Ehebruch hat gar nicht stattgefunden. Im
Störung verursacht habe. Sodann wurde die Auf¬
„Baechusfest“, dem dritten Stück, weiß ein Schriftsteller seine
führung fortgesetzt.
Frau durch überlegenes Symbolisieren in dem Augenblick wieder
Die dreiaftige Cherette on
an sich zu reißen, als sie ihn mit einem Geliebten verlassen will.
Dis Spiel ist geistreich, aber auf der Bühne wenigstens lang¬
weilig. Trotz einer hervorragenden Leistung Albert Bassermanns,
der als Schriftsteller vielleicht das Beste des Abends gab. Sein
Schauspieler war etwas zu dick aufgetragen, während er als
Dr. Eckold einige überaus seine psychologische Schttierungen“
hatte. Leider waren die Frauengestalten nicht befriedigend. Am#
besten war noch Lina Lossen als Frau des Arztes. In Neben¬
rollen leist#ten Wer Landa, Theodor Loos, Karl Forest und Kyert
Götz Gutes.