W
KOm
26.1. Konsedie der Jorte Zuklus box 32/3
K
Nattfscha Algemeine Zeit
Ausschnitt aus:
Berlin.
vom:
260K119 15
ann
Theater und Konzerte in Berlin.
-a. Im Lessingtheater spielte man am Sonnabend erstmals i
drei Einakter von Arthurmödie der
Worte; die im ganzen eige böchst verfänige, im einzelnen eine
nach der Wärme stark abgestufte Aufnahme fanden. Der Gesamt¬
titel scheint ein gemeinsames Programm der drei Einakter anzudeuten.
Tatsächlich handelt es sich in allen Stücken um nichts anderes als
Dialoge — allerdings solche, die nicht vom Wetter oder der jüngsten
Hutmode handeln, sondern Lebensschicksale in sich bergen. Diese
Worte bedeuten also tatsächlich so
viel und doch gleichzeitig
wieder so wenig. Diese innerlich so bewegte Handlung in
Worten ist doch gleichzeitig [Komödie, Schauspielertum vor sich
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
und anderen, keine xeine Wahrheit, sondern wie das ganze
Leben Theater.
esterreichische Volkszeitung
Es ist.
eine reise, vielleicht überreise Er¬
Ausschnitt aus:
fahrung und Weisheit, die aus dem süßen Gift dieser
Wien.
technisch wunderbar konzentrierten, in Wortkunst meisterhaft gepflegten,
2607. 1975
aber im Aufbau der Menschenschicksale gekünstelten, unglaubwurdig
vom:
konstruierten, ästhetisch erklügelten Einakter spricht also ein
en#r literarische und dramatische Feinschmecker,
Kaviar für das Volk, wobei es jedem überlassen bleibt,
—Artur Schnitzlers Einakterzyklus
dem Volk oder dem Kaviar die höhere Note zuzuweisen. 2
Homödie der Worte“ hatte Samstag im
einem richtigen Genuß für Kenner wurde dieses erlesene
Birliner Lessingtheater bloß teilweise Erfolg. Man
dramaturgische Menü aber doch erst durch die glänzende Mimenkunft
Albert Bassermanns, der in drei ganz heterogenen Rollen die
rifhmnt „die amüsante Geistigkeit und Sprechkunst
außerordentliche Kraft seines Temperaments und seiner Kunst seelische:
Ichnitzlers“ Immerhin hatte der anwesend ge¬
Zergliederung mit hinreißender Eindringlichkeit bekundete. Die drei
nesene Verfasser Gelegenheit, mehrmals Hervo##
Einakter sind eigentlich zu fein und zu schade, um in einem kurzen
aufen(Folge zu leisten.
Abriß ein trockenes Skelett ihrer Handlung aufzustellen. Der erste:
„Stunde des Erkennens“ ist bet weitem der bedeutendste,
der eigentliche Träger des gedanklichen Leitmotivs. Ein Arzt Dr.
Eckold nimmt nach zehn Jayren Rache an seiner Frau mit der er
seither in scheinbar bestem Einvernehmen zusammengelebt,
wegen eines Ehebruchs.
Er will in der ganzen Zeit dem
Augenblick entgegengelebt haben, in dem er seine Rache in den tödlich
demütigenden Worten ganz auskosten kann, mit denen er ihr die Türe
weist. Er entlarvt sie und entlarvt sich. Die getreue Gattin wird
lterse en sete
zur Sünderin, der biedermännische Gatte zum Verbrecher in Worten.
Sces Wieder Jburhel, Wie
Aber die Worte töten: die Frau verschwindet auf Nimmerwieder¬
sehen. Das Stück ist reich an Hebungen und Senkungen, an Wert¬
Ausschnitt aus:
effekten und überraschenden Wendungen, aber bei aller Kunst des
Dichters wirkt der Charakter des Arztes konstruiert — das Gesetz
S80K71911
der Zeit spricht gegen ihn. Bassermann gab einen verknöcherten
vom:
1 1
Fachmann von olientalischem Aussehen, einen Verbitterten,
twoch in Beilin die Elelta.
der durch seinengfanatischen, alttestamentlichen Rachedurst plötzlich zu
9r Wie aus Berlin gemeldet wird, erzielte die Erstauf¬
tragischer Höhe emporschoß. Gleich darauf kam Bassermannn wieder
zur Unkenntlichkeit verwandelt in dem nächsten Stück „Große
führung von Artur Schuißlers „Komödie der Worte“ im
Szene“, als großer ausgelassener Junge ganz jenseits von Gut und
Lessing=Theater großen Erfolg und trug dem anwesenden Dichter
Böse mit unbezähmbarem Temperament — ein vergötterter Schau¬
zahlreiche Hervorrufe ein. Während der erste Einakter „Stunde
spteler der auch das Leben fortwährend zum Theater macht, lügt,
des Erkennens“ keine besondere Wirkung übte, schlug der zweite,
daß sich die Balken biegen, ein Vollblutkünstler, der alle Schranken
die „Große Szene“ stark ein und das „Barchusfest“ amüsierte
bürgerlicher Moral niederreißt und nur das eine Bedürfnis
kennt, sich zu spielen sich auszutoben in gemalten Leidenschaften
sehr. Bassermann, der in allen drei Stücken auftrat, war glänzend###
im Leben wie auf der Bühne. Er hat die Braut eines Freundes
* Aus Berlin wird uns telesraut1—
verführt, den Bräutigam betrogen. Von dem Bräutigam zur Rechen¬
schaft gezogen macht er aus der Szene ein Theater, er spielt ihm,
selber hingerissen von dem tödlichen Ernft des Augenblicks eine
Szene vor, Wahrbeit und Dichtung geschickt durcheinandermischend,
und wie auf der Bübne genießt er auch hier in der Wirklichkeit einen
durchschlagenden Erfolg. Seine Frau, die eben erst zu ihm zurück¬
gekehrt, hat die ganze Szene im Nebenzimmer mitangehört;
angewidert von dieser abgrundtiefen Verlogenheit, will sie ihn
Aber das siegreiche Temperament
nun endgültig verlassen.
des Schauspielers, der schnell eine neue große Szene improvisiert,
gewinnt auch diese zweite schwerere Schlacht, das moralinfreie Tem¬
perament des großen Mimen siegt auf der ganzen Linie. Basser¬
mann gab diesen kraftstrotzenden, seinen Ueberschuß nach allen Seiten
ausströmenden Rassenmenschen mit prachtvollem Schwung, er rettete
die Rolle die an der Grenze des unfreiwillig Komischen steht
Beifallssalven, unzählige Hervorrufe dankten dem Dichter, der sich
aus Wien persönlich hier eingefunden, und seinem kongentalen Inter
preten. — Schwächer wirkte das „Bacchusfest“ in dem ein
Schriftsteller einen jungen Fant, der im Begriff ist, ihm seine Frau
zu entführen, bloß durch seine überlegen wirkende Gegenwart und die
Macht seiner Rede sanft, aber nachdrücklich zur Türe hinauskom¬
plimentiert. Sehr anziehend wirkte hier das Bühnenbild, darstellend
die stark belebte Bahnhofehalle einer österreichischen Gebirgsstadt. —
Im zweiten Akt entstand eine zuerst bedenklich aussehende Störung
durch ein hartnäckiges Geräusch, das ein Rohrbruch in der Ventilation
verursachte. Der eiserne Vorhang mußte einen Augenblick nieder¬
gehen, bis das Geräusch verschwunden und die Ruhe wiedergekehrt war.
KOm
26.1. Konsedie der Jorte Zuklus box 32/3
K
Nattfscha Algemeine Zeit
Ausschnitt aus:
Berlin.
vom:
260K119 15
ann
Theater und Konzerte in Berlin.
-a. Im Lessingtheater spielte man am Sonnabend erstmals i
drei Einakter von Arthurmödie der
Worte; die im ganzen eige böchst verfänige, im einzelnen eine
nach der Wärme stark abgestufte Aufnahme fanden. Der Gesamt¬
titel scheint ein gemeinsames Programm der drei Einakter anzudeuten.
Tatsächlich handelt es sich in allen Stücken um nichts anderes als
Dialoge — allerdings solche, die nicht vom Wetter oder der jüngsten
Hutmode handeln, sondern Lebensschicksale in sich bergen. Diese
Worte bedeuten also tatsächlich so
viel und doch gleichzeitig
wieder so wenig. Diese innerlich so bewegte Handlung in
Worten ist doch gleichzeitig [Komödie, Schauspielertum vor sich
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
und anderen, keine xeine Wahrheit, sondern wie das ganze
Leben Theater.
esterreichische Volkszeitung
Es ist.
eine reise, vielleicht überreise Er¬
Ausschnitt aus:
fahrung und Weisheit, die aus dem süßen Gift dieser
Wien.
technisch wunderbar konzentrierten, in Wortkunst meisterhaft gepflegten,
2607. 1975
aber im Aufbau der Menschenschicksale gekünstelten, unglaubwurdig
vom:
konstruierten, ästhetisch erklügelten Einakter spricht also ein
en#r literarische und dramatische Feinschmecker,
Kaviar für das Volk, wobei es jedem überlassen bleibt,
—Artur Schnitzlers Einakterzyklus
dem Volk oder dem Kaviar die höhere Note zuzuweisen. 2
Homödie der Worte“ hatte Samstag im
einem richtigen Genuß für Kenner wurde dieses erlesene
Birliner Lessingtheater bloß teilweise Erfolg. Man
dramaturgische Menü aber doch erst durch die glänzende Mimenkunft
Albert Bassermanns, der in drei ganz heterogenen Rollen die
rifhmnt „die amüsante Geistigkeit und Sprechkunst
außerordentliche Kraft seines Temperaments und seiner Kunst seelische:
Ichnitzlers“ Immerhin hatte der anwesend ge¬
Zergliederung mit hinreißender Eindringlichkeit bekundete. Die drei
nesene Verfasser Gelegenheit, mehrmals Hervo##
Einakter sind eigentlich zu fein und zu schade, um in einem kurzen
aufen(Folge zu leisten.
Abriß ein trockenes Skelett ihrer Handlung aufzustellen. Der erste:
„Stunde des Erkennens“ ist bet weitem der bedeutendste,
der eigentliche Träger des gedanklichen Leitmotivs. Ein Arzt Dr.
Eckold nimmt nach zehn Jayren Rache an seiner Frau mit der er
seither in scheinbar bestem Einvernehmen zusammengelebt,
wegen eines Ehebruchs.
Er will in der ganzen Zeit dem
Augenblick entgegengelebt haben, in dem er seine Rache in den tödlich
demütigenden Worten ganz auskosten kann, mit denen er ihr die Türe
weist. Er entlarvt sie und entlarvt sich. Die getreue Gattin wird
lterse en sete
zur Sünderin, der biedermännische Gatte zum Verbrecher in Worten.
Sces Wieder Jburhel, Wie
Aber die Worte töten: die Frau verschwindet auf Nimmerwieder¬
sehen. Das Stück ist reich an Hebungen und Senkungen, an Wert¬
Ausschnitt aus:
effekten und überraschenden Wendungen, aber bei aller Kunst des
Dichters wirkt der Charakter des Arztes konstruiert — das Gesetz
S80K71911
der Zeit spricht gegen ihn. Bassermann gab einen verknöcherten
vom:
1 1
Fachmann von olientalischem Aussehen, einen Verbitterten,
twoch in Beilin die Elelta.
der durch seinengfanatischen, alttestamentlichen Rachedurst plötzlich zu
9r Wie aus Berlin gemeldet wird, erzielte die Erstauf¬
tragischer Höhe emporschoß. Gleich darauf kam Bassermannn wieder
zur Unkenntlichkeit verwandelt in dem nächsten Stück „Große
führung von Artur Schuißlers „Komödie der Worte“ im
Szene“, als großer ausgelassener Junge ganz jenseits von Gut und
Lessing=Theater großen Erfolg und trug dem anwesenden Dichter
Böse mit unbezähmbarem Temperament — ein vergötterter Schau¬
zahlreiche Hervorrufe ein. Während der erste Einakter „Stunde
spteler der auch das Leben fortwährend zum Theater macht, lügt,
des Erkennens“ keine besondere Wirkung übte, schlug der zweite,
daß sich die Balken biegen, ein Vollblutkünstler, der alle Schranken
die „Große Szene“ stark ein und das „Barchusfest“ amüsierte
bürgerlicher Moral niederreißt und nur das eine Bedürfnis
kennt, sich zu spielen sich auszutoben in gemalten Leidenschaften
sehr. Bassermann, der in allen drei Stücken auftrat, war glänzend###
im Leben wie auf der Bühne. Er hat die Braut eines Freundes
* Aus Berlin wird uns telesraut1—
verführt, den Bräutigam betrogen. Von dem Bräutigam zur Rechen¬
schaft gezogen macht er aus der Szene ein Theater, er spielt ihm,
selber hingerissen von dem tödlichen Ernft des Augenblicks eine
Szene vor, Wahrbeit und Dichtung geschickt durcheinandermischend,
und wie auf der Bübne genießt er auch hier in der Wirklichkeit einen
durchschlagenden Erfolg. Seine Frau, die eben erst zu ihm zurück¬
gekehrt, hat die ganze Szene im Nebenzimmer mitangehört;
angewidert von dieser abgrundtiefen Verlogenheit, will sie ihn
Aber das siegreiche Temperament
nun endgültig verlassen.
des Schauspielers, der schnell eine neue große Szene improvisiert,
gewinnt auch diese zweite schwerere Schlacht, das moralinfreie Tem¬
perament des großen Mimen siegt auf der ganzen Linie. Basser¬
mann gab diesen kraftstrotzenden, seinen Ueberschuß nach allen Seiten
ausströmenden Rassenmenschen mit prachtvollem Schwung, er rettete
die Rolle die an der Grenze des unfreiwillig Komischen steht
Beifallssalven, unzählige Hervorrufe dankten dem Dichter, der sich
aus Wien persönlich hier eingefunden, und seinem kongentalen Inter
preten. — Schwächer wirkte das „Bacchusfest“ in dem ein
Schriftsteller einen jungen Fant, der im Begriff ist, ihm seine Frau
zu entführen, bloß durch seine überlegen wirkende Gegenwart und die
Macht seiner Rede sanft, aber nachdrücklich zur Türe hinauskom¬
plimentiert. Sehr anziehend wirkte hier das Bühnenbild, darstellend
die stark belebte Bahnhofehalle einer österreichischen Gebirgsstadt. —
Im zweiten Akt entstand eine zuerst bedenklich aussehende Störung
durch ein hartnäckiges Geräusch, das ein Rohrbruch in der Ventilation
verursachte. Der eiserne Vorhang mußte einen Augenblick nieder¬
gehen, bis das Geräusch verschwunden und die Ruhe wiedergekehrt war.