II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 240

box 32/3
26.1. Konoedie der Vortezyklus
Mnmnmmminmmimmmminnmmnmmnnnnmnin Dramatische Rundschau isimmesmmmintmmmmmmnningnn 585



400
W
L 0


L
Aufn. Zander & Labisch. Berlin
Lina Lossen, Albert Bassermann und Max Landa (Prof. Ormin) in Schnitzlers =Stunde des Erkennens=
(Lessingtheater)
sich herumgetragen, aber erst jetzt öffnet er Aufklärung aus dem Hause. So übergiftet
die Lippen, weil auch er in Gegenwart der das Schweigen das Gift der Worte Die
Tochter den äußerlich ruhigen Lauf ihrer Künstelei dieser ehelichen Abrechnung würde
sich in ihrer ganzen kalten Blöße und Win¬
Existenz nicht unterbrechen, nicht eine so
digkeit enthüllt haben, wenn Schnitzlers
tiefgreifende Erschütterung der Lebensver¬
glänzender Dialog, ein Meisterstück seelischer
hältnisse herbeiführen wollte. So eng die
Anatomie, es nicht fertigbrächte, mit immer
Gaiten auch all die Jahre zusammen gelebt
neuen Wendungen, immer neuen Ver¬
haben, so zärtlich sie scheinbar miteinander
schränkungen zu überraschen und zu spannen.
waren, im Grunde seiner Seele hielt sich
Und dann: neben Albert Bassermann,
dieser Nächer seiner Ehre von seiner Frau
einem Musterbild ehrverbohrter Kleinselig¬
getrennt und lebte mit allen Fibern dem
keit, stand Lina Lossen! Dem bis ins
Tage der Vergeltung entgegen, der nun end¬
kleinste und feinste beseelten Spiel ihrer
lich gekommen ist. Die Schmach, die er sich
Augen und Mienen glaubte man alles, jede
von ihr angetan meint, ist in seinen Augen
leiseste, noch so flüchtige Abschattung des
um so größer, weil sie, wie er glaubt, ihre
Liebe dem schenkte, der im vollen Glanze Gefühls und der Empfindlichkeit — nur
des Erfolges und Ruhmes stand, während den Ehebruch ihrer Vergangenheit nicht.
ihm das Schicksal nur die bescheidene Exi¬ So ward sie, aus höherem Zwang der
stenz eines praktischen Arztes gönnte. Er Natur, bei aller Hingabe an ihre Aufgabe
meint Ormin, er bildet sich ei. daß der zugleich eine unerbittliche Richterin des
auch hier sein glücklicher Rivale war. Die Stückes und seiner psychologischen Voraus¬
setzungen.
Angeklagte öffnet schon den Mund, ihn
„Die große Szene=: natürlich ein
über seinen Irrtum aufzuklären — da durch¬
Schauspielerstück. Ein berühmter, von aller
zuckt sie der Gedanke, daß ihr ja gerade
dies teuflische Mißverständnis die Waffe in
Welt verwöhnter Mime, der eben feierlich
allem Lügenkram abgeschworen hat und dem
die Hand gibt, die Erniedrigung der zehn
zum Lohn dafür seine Frau zurückgekehrt
Jahre, wo sie ihres Mannes „Geliebte=,
ist, läßt sich schon im nächsten Augenblick
nicht aber seine Frau war, ihrerseits zu
rächen. Deshalb läßt sie ihn in dem Irr= so von den alten eitlen Lockungen seines
tum, einem Wahn, der die kleine, neid. Handwerks hinreißen, daß er einem braven
erfüllte Seele auf die Dauer am tiefsten Kerl, dem er in schmählichster Weise die
wurmen wird, und geht ohne ein Wort der Braut verführt hat, eine seinen eifersüchti¬
Westermanns Monatshefte, Band 119, II: Heft 712
48