II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 242

26.1. Konoedie der Norte—ZyKIus
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Konkordiaplatz 4
Der Tag, Berlin
1- 1. 1916

haben.“

Das Lessing=Theater gab am 23. Ok=
tober zum erstenmal drei Einakter, die Arthur
Schnitzler unter dem für die Gesamtheit seines
dramatischen Schaffens bezeichnenden Titel „Ko¬
mödie der Worte“ zusammengestellt hatte.
Sehr viel Worte wurden in den drei Stücken um
früher geschehene Taten herumgewechselt, und
heraus kam dabei schließlich nur eine „große
Szene“ Die trug, als zweiter Teil des
Abends, den Erfolg davon, während das erste
Stück, „Die Stunde des Erkennens“, für
das Publikum eine herbe Stunde des Erkennens
der Irrtümer eines Komödiendichters war und
bei dem Schlußakt „Das Bacchusfest“ der
feuchtfröhliche Titel die Trockenheit des kärglichen
Mahles schmerzlichst empfinden ließ.
P Anfaurmten Wutet.. WPr eigen stisten!
(D Im Lessing=Theater haben es Arthur Schnitzlers
drei Ehebruchseinakter Komödie der Worte“ während des
letzten Bierteljahrs auf 50 Aufführungen gebrächt. Die vor¬
treffliche Vorstellung, in der sich Herr Bassermann dreifach und
vielfach entfaltet, war gestern nahezu ausverkauft. Das Aerztestück
wurde stumm, das Schauspielerstück Flachend, das Wartesaalstück
lächelnd ausgenommen.
Von dieser Trilogie sagte ein witziger
Wiener: „Große Ausstellung von Ehebrüchen, arrangiert von Arthur
Schnißler.“
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„Und Pippa tanzt“, Gerhart Hauptmanns Glas¬
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hüttenmärchen hatte genau zehn Jahre nach der Berliner Urauf¬
führung bei der Münchener Premiere in den Kammer¬
ar,
spielen wie unser Korrespondent uns schreibt, einen vollen
Erfolg. Unter Marx' Regie gab es eine im ganzen schöne Auf¬
ins
führung, aus der Annemarie Seidels Pippa und Stahl=Nachbaurs
eit
Huhn hervorragten. Das dichterisch Reine, das Märchenhafte
hen
besiegte alle Zweisel. Man vergaß das daramatisch Unzulängliche, das
das
Vergängliche alten Streites und blieb bei dem, was hinanzog: dem
gen
Ereignis der phantastisch singenden Dichterseele.
veil
Theaterchronik. „Die selige Exzellenz“, das seine—
ver¬
und behagliche Lustspiel von Rudolf Presber und Leo Walter
ent¬
Stein, erlebte gestern im Deutschen Künstlertheater die
100 Aufführung und kam dank der glänzenden Darstellung zu
zündender Wirkung. Rudolf Presber konnte für den starken Beifall
des Hauses danken.
tut
Direktor Barnowsky teilt uns mit, daß er das Lustspiel
„Onkel Bernhard“ für das Deutsche Künstlertheater
ißig
nicht erworben hat. Uns war die Nachricht vom Verleger des
Werkes zugegangen.
noch
Im Kleinen Theater geht am Freitag Georg Hermanns
von Schauspiel „Jettchen Gebert“ in einer vollständigen Neuein¬
studierung in Szene.
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fenglenaggape ohne bewährg,
AusschnitF RUDER ANZEIGEN
vom: 29. MERZ 1916

nnne den # uprete
* Kemödie der Worte. Arthur Schnitzlers Einaster¬
fulge=kehrte mit Albert Basseann auch im
AEerttheater ein. Wurmstichige Kleinigkeiten, die mit
Schgeheuer viel Geschwätz und romanhaftenVoraussetzungen
ein verlogenes Bild des Lebens geben wollen. Man sollte
sich von der äüßeren=Glätte, von dem vornehmen Getne des
Schnitzlerschen Dialogs nicht blenden lassen, von dieser
gezierten Eleganz. Wenn man Schnitzlers Stücke heute, im
Kriegsjahr 1916, sieht, fühlt man, wie dieser Dichter aus
fernen, verklungenen Tagen zu kommen scheint und unserer
Zeit nicht mehr das Mindeste zu sagen hat. Diese Art,
Eheprobleme wie eine mathematische Gleichung auszu¬
klügeln, mit weichlichen, angeschmutzten Liebesgeschichten
die Phantasie zu beschäftigen, einem kyrischen Hauch, einem
crotischen Traum zuliebe mit Reinheit und Treue zu
evornehmen,
spielen, und dabei doch den Schein
kultivierten Künstlers zu wahren, diese Art beginnt man!
nachgerade satt und übersatt zu bekommen. „So wenig ge¬
pflegte Fingernägel einen seelisch verluderten Menschen
rein machen können, so wenig macht rein äußerliche Kultur
einen Dichter.“ Die drei kleinen Stücke, die man vorgestern
sah, sind nicht um einen Zollbreit besser oder schlechter als
der Turchschnitt Schnitzlerscher Stücke zu sein pflegt. Aber
die Wirkung ist dahin, die früher so bestrickend und liebens¬
würdig und unwiderstehlich schien. Die Stücke kommen
uns matt, flau, novellistisch vor; das ewige Gerede wirkt oft
wie widerliches Geschwätz; es würde uns grauen, müßten
wir diese leere Kunst häufiger genießen. Man sieht in dem
letzten Stück ein falsches Liebespaar aus zwei Gläsern
Limonade trinken und mit einem Strohhalm heftig Zucker
und Himbeersaft verrühren. So wird in den Stücken, die
unter dem Titel: Komödie der Worte vereint sind,
das Laster durch gebrechliche Strohhalme mit der Limonade
verrührt. Das ließe sich, wäre es der Mühe wert, an den
einzelnen Stücken erweisen. Wir versagen uns, auf die
Werke einzugehen, und wollen nur darauf hinweisen, daß
den Schauspielern dankbare Aufgaben zusallen. Albert
Bassermann nunmehr öfter als früher in Dresden spielen
zn sehen, verdanken wir dem Alberttheater. Der Künstler
wirkte mit jener Euergie, die seinem Talente eigen ist. Bei
ihm wird schrofsste Charakteristit zu
höchster Schönheit.
Eigentlich muß man sich Schnitzlersche Gestalten viel weicher,
anmutsvoller denken. Bassermann strafft ihre Sehnen,
bringt etwas Nordisches, Rauhes, Stachliges hinein.
IImmer aber bezwingt er den Lebenskern einer Gestalts
immer entwickelt er soviel Charakteristik, daß man von
Anfang bis Ende im Vonn seiner Auffassung steht. Basser
mann ist heute wohl derjenige Künstler, der am er¬
barmungslofesten das Bild des modernen Mannes zeichners
Phrasenlos, mit Preisgabe des letzten Restes von De¬
klamation, mit geradezu vernichtender Wahrheitsliebes¬
bringt er in das Wesen seiner Personen. Sonveräu gebietetg
er über die Ausdrucksmittel. Was der Dichter Arthur¬
Schnitzler nicht kann, in Seelen blicken zu lassen, das tann
sein Tarsteller Alberi Bassermann. Die drei Männer=
gestalten traßer ausgezeichnet: den brutaten Stoiker im ersteng
den ##
Stück (Stunde des Erkennens), der schweigend lügt
sanquinischen Komödianten (Große Szene), der Wahrheits
und Lüge untrennbar mischt und nur zufällig einmal im
Beruf einen Menschen spielt den politisch überlegenen
Schriftsteller (Bacchusfest), der mit versteckten Worten,
vieldentig verkleideten Anspielungen den Nebenbuhler zum
Die
Weichen bringt. Stählerne Kraft lag in jeder Gestalt.
Frauenrollen waren in sämtlichen drei Stücken nur
Ischwächeren Händen zugefallen. Fanny Ritter war im
ersten Stück der Tragik nicht gewachsen; Rose=Beldt¬
stirch blieb im zweiten merkwürdig philiströs und unfertig,
Jund selbst Lotte Klein wirkte im letzten Stück zu un¬
Ibedeutend, um den Kampf eines geistvollen Mannes um
ldie Frau glaubhaft zu machen. Staufen als Ormin,
#rude Welker als junge Theaterpflanze, Franz
chönemann als Monotelträger, Theo Siegmundll
lats spöttischer Theaterdirektor und Ernst Deutsch als
betrogener Bräutigam standen unter Dr. Albertus.
Megie an ihrem Platz. Die Ausstattung im ersten und
Hweiten Stück war von den Deutschen Werkstätten in
Hellerau zur Verfügung gestellt und in ihrer Einfachheit
und Schönheit ein wahres Fest der Angen.