II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 245


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26.1. Konoedie der Vorte—Zyklus
Frankturter Nuchrichten
10 JAN 1916
und Intelligenz Blatt
Frankturt au. M.
Bassermanns Abschiedsgastspiél.
Albert und Else Bassermann im Neuen Theater.
„Komödie der Worte.“
Am Samstag abend verabschiedete sich Alberte
Bassermann in den drei Einaltern von Arthur
er, die im Oktober hier ihre Uraufführung
verscht und eitdem in einer ganzen Reihe von
Bühnen als willkommene Bereicherung des zeit¬
genössischen Spielplans heimisch geworden sind.
Solche Gastbesuche großer Menschendarsteller sind
Eine Notwendigkeit im Theaterleben: sowohl für
diesheimischen Schauspieler, die aus solchen Vor¬
stellungen geuen Antrieb gewinnen, mit den Auf¬
gben ihrgk Kunst zu ringen, nicht in Nachahmung,
öndern Wettbewerb sich selbst die höchsten Ziele
Au stellen und nicht in Selbstgefälligkeit zufrieden!
zu seit mit leicht gewonnenem Anhang, sodann aber
auch für die Zuschauer, die immer wieder durch
Aufnahme besonderer und neuer Eindrücke die Be¬
#tigung haben müssen, wie groß und weit die
Künstlerischen Möglichkeiten sind, wie weit oft die
persönlichen Auffassungen in der lebendigen Ge¬
staltung des gleichen dramatischen Charalters aus¬
einandergehen können, damit sie immer' wieder an¬
geleitet werden, durch die zufällige jeweilige Ge¬
staltung hindurchzusehen auf den Kern der Dich¬
tung selbst und damit zugleich auf die Erscheinungen
des Lebens, mit denen der Dichter sich- hat
auseinandersetzen wollen. Nur so bietet das
Geben und das Genießen im Theater jenes schön¬
geistige Uebungsfeld, auf dem die Kräfte wachsen
und die wechselseitigen Anregungen Genuß und
Freude werden. Und für die jenseits von Gut und
Böse thronenden Halbgötter „vom Bau“ gab es noch
einen köstlichen Spiegel ihres besonderen Wesens
in dem Schauspieler Konrad Herbot („Große
Szene"). Die Kulissenwelt bildet ja ihre eigenen
Charaktere heraus. Das Leben, das sie führen und
das andere, das sie spielen, verwischt sich gelegent¬
lich in seinen Grenzgebieten, so daß zuweilen auch
sehr ernste Dinge spielerisch genommen und be¬
#urteilt werden, die großen Worte r Rolle in die
Szenen des täglichen Lebens übergehen und gemachte
Gesühle sich bis zur Unkenntlichkeit mit den echten
vermischen. Dazu kommt die Verwöhnung durch
junge Mädchen und Frauen aller Gesellschaftskreise,
denen in schwärmerischer Remantik die Rollen und
ihre Träger in eins verschmelzen und die darum
den Schauspieler grundsätzlich für den interessan¬
testen Menschen halten. Unzählige Herzen fliegen
hm zu, und es hleibt natürlich nicht immer bei
dem heimlichen Feuer. Da muß denn ein Künstler
schon sehr wesensecht und charakterstark sein, wenn
er sich unter solchen Umständen nicht für
einen Ausnahmemenschen halten soll, für den auch
eine besondere Moral zu gelten hat. „Dex dritte,
Rausch, das ist der Rausch des Künstlers“, er um¬
abt ihn mit Weihrauchsdunst, er steigert sein
Erleben zu höheren Wonnen, und zuweilen muß
dabei die burgerliche Moral ihr Haupt verhüllen,
so daß es nicht an burgerlichen Konflikten fehlen
kann. Schnitzler hat seinen Schauspieler ähnlich
gesehen, wie Bahr im „Meisier' seinen Musiler.
die Frauen reißen sich um ihn und die eine be¬
neidete „Glückliche"“, die seinen Lebensweg am
grauen Alltag zu teilen hat, geht in Enlsagung!
den Tornenpfad.
Albert Bassermann erfüllte die ihm gebotene
Rolle mit sprühendem Leben, einem Leben, das
für den Kenner in wesentlichen Zügen die liebe¬
Tvollen Studien am levenden Obiekt deutlich