II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 247

W
26. 1. Koneediederorte—zyklus
Se ann
Ehe enttäuschten Dr. Eckold. Die allzusehr nach Thhaler
schmeckende Arzt=Maske, die er sich zurechtgemacht hatte
(Kahlkopf, goldene Brille, langer, rotgrauer Bart und eine
grüne Plastron =Halsbinde) störten anfangs. Aber doch
brachte der Künster es fertig, uns über diese Aeußerlichkeit
und die Unglaubhaftigkeit der Handiung hinaus hinter der
Puppe den pulsierenden Herzschlag eines schwerkämpfenden,
verbitterten Menschen fühlen zu lassen. Herr Klöpfer
hatte die Rolle des Nebenbuhlers gut angelegt, nur sprach er
viel zu leise. Frau Leiko, als Gattin des Arztes, suchte
tastend in Sprechweise und Spiel sich dem Gaste anzupassen.
In der „Großen Szene“ ließ Herr Bassermann sein Tempera¬
ment rasen und stürmen. Als Schauspieler Herbot, bei dem
Lüge und Wahrheit, Schein und Leben hüpfend durcheinander.
quirlen, bot er eine jugendliche, mitreißende Leistung. Man
hätte ihm nur gerne in manchen Augenblicken ein Quentchen
mehr Kean=Matkowskysche Erhabenheit und eine Unze we¬
niger Percy=Bassermannsches Rasen angewünscht. Frau
Bassermann nahm die Sache zu schwerblütig und tragisch,
Ihre Künstlers=Gattin hätte ruhig ein bissel weanerischer
sein dürfen. Im „Bacchusfest“, in dem der Gast den Schrift¬
steller Staufner spielte, gab er des Abends Bestes. Da war
alles wohldurchdacht und ausgeglichen. Jedes Wort saß, jede
Bewegung und Geste war überzeugend. Frl. Fuchs stand
ihm angemessen zur Seite, Herr v. Möllenorf sollte die
Rolle des armen, gutmütigen Dr. Wernig doch lieber nicht so
sehr ins Possenhafte hinübergleiten lassen, wie er es tat D
Zuhörer, die nach dem ersten Stück mit dem Beifall gezögert
hatten, gaben nach der „Großen Szene“ und am Schluß um
so stärker ihrer Verehrung für das Künstlerpaar Ausdruck.
Mundartliche Spiele haben fast immen an ihrer Heimat¬
stätte einen Theater=Erfolg Denn bei dieser Art von Dra¬
matik kommt es weniger auf eine straff geführte Handlung
und eine künstlerische Gestaltung an, als auf ein gutgemes¬
senes Quantum von Lokal=Humor und heimischen Sprachderv¬
heiten, das ihr beigemischt ist. Adolf Stoltzes Stück in
Frankfurter Mundart: „Gelegenheit macht
Liebe“ das gestern hier seine Uraufführung erlebte, hat
diesen erdgeborenen Humor und diese beimatliche Laune; es
hat aber noch mehr: einen auf den letzten Akt hin geschickt
nkfurter Zeitung
gegliederten Aufbau und eine richtiggehende Schwank=Hand¬
lung, bei der sogar der letzte Akt (entgegen allen Gepflogen¬
Frankut. a.
#heiten der heiteren Stücke) noch eine Steigerung der Span¬
10.
nuna bringt. Daß die Sache am Schluß ein wenig ins Sen¬
Neues Theater.] Arthar Schul#l##e gerät, tut dem Ganzen keinen Abbruch. Das ge¬
hört dazu. Denn der Rentier Krimmler, der als schon recht
gibt dem Zuhörer nur das,
bejahrter Witwer sich entschließt, noch einmal zu heiraten,
ktschuldigung klingende Titel verspricht:
ist trotz seiner äußeren Raubeinigkeit sentimental. Er ge¬
berpsychologische Bühnenpuppen suchen
rät an eine ihm gegenüber wohnende Artistin und heiratet sie
es Lebens durch den leichteren Streit
vom Fleck weg, ohne sich nach ihrer Familie und ihrer Her¬
Sie reden, anstatt zu handeln. Und
kunft zu erkundigen. Durch diese Heirat verfeindet er sich mit
kklingen, unser Herz bleibt leer. Dem
seiner ganzen Sippschaft. Seine junge Frau stürzt ihn in
set die Komödie ungleich mehr: drei
große Ausgaben und läßt sich von allen Seiten den Hof
auf einmal! Die mögen denn wohl
machen. So ist ein Konflikt unvermeidlich, der denn auch
hssermann, der am Samstag mit
kommt, als die Zirkus=Verwandten der ehemaligen Trapez¬
der drei Einakter sein Gastspiel
Künstlerin anrücken. Die Komik dieser einzelnen Bilder ist
ben, an diesen neuen Schnitzler
se drastisch, die Zeichnung der Figuren so sicher und Sprache
Her „Stunde des Erkennens“, dem
Stücke, spielte er den von Beruf und I so echt „Frankforderisch“, daß die „hiesigen“ Zuhörer gerne 4
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Sn
asen n
mitgingen und nach den Aktschlüssen den Verfasser mehrmals
— Das Neue Theater hatte alle
vor den Vorhang riefen.
seine des Dialektes mächtigen Mitglieder aufgeboten und
lrachte, unter der trefflichen Führung des Herrn Rei¬
mann, eine wirksame Aufführung zu Stande. Den Ren¬
tier gab Heur Grüning mit derbem, trockenen Humor,
der Artistin Lora lieh Frl. Friese Eleganz und Grazie..
Frl. Tillmann, Frl. Korb und Herr Lobe „babbelten“
wie ihnen der „Schnamwel“ gewachsen war — und der war
echt „Frankforderisch“. Erwähnt seien noch Herr Schwartze,
als famoser, kiebitzender Hausfreund. in kleineren Rollen die
W. U.
Herren Rainer, Laskowski und Hille.
= [Frankfurter Opernhaus.] Die Vorstellung des
„Rigoletto“ am Sonntag hat uns mit einer Darstellung
der Titelrolle bekannt gemacht, wie sie auch auf namhaften
Bühnen nicht zu den alltäglichen Ereignissen gerechnet werden
kann. Der Kunstler, den uns die Berliner Hofoper für zwei
Abende hergeliehen hat, Herr Josef Schwarz, weiß schon
für die äußerliche Erscheinung von Verdis tragischem Narren
ein Bild von ungewöhnlich charakteristischer Ausprägung zu
schaffen, aber auch im übrigen geht seine Wiedergabe erheblich
über das Maß dessen hinaus, was man einer „Charakterfigur“
vom älteren Opernschlage schuldig zu sein glaubt. Der Ton¬
schöpfer solbst hat schon für die Gestalt mehr aufgewendet, als
die damalige Schablone verlangte; Herr Schwarz geht über
diesen Aufwand noch hinaus und baut das Bild des Narren
mit einem schauspielerischen Ernste aus, der dem Komponisten
kaum vorgeschwebt haben dürfte und auch im östummen“ d. !
von der Musik nicht weiter berührten Spiele zum gleichen
Ausdruck gelangt. Aber auch gesanglich kann der Gast die
Darstellung mit schönen und ungewöhnlich geschulten Mitteln
ausstatten; da, wo es am Platze ist, daß sich der Künstler völlig
der Musik, der Melodie hingeben darf, steht ihm besonders
für zarte Vortragsnüancen ungemein Schönes zur Verfügung;
an stärker dramatisch belebten Stellen weiß er öftere Parlando¬
Effekte anzubringen, ohne durch ihr indiskret starkes Auf¬
tragen der Musik zu nahe zu treten. Mit diesen Feinheiten
und Fertigkeiten kam denn ein Rigoletto zustande, der den
Besuchern der Vorstellung wohl zur Erbauung gereichen mußte
und nicht nur nach den Aktschlüssen, sondern mehrmals bei
offener Szene zu sehr regen Beifallskundgebungen führte. Von
unseren hiesigen Kräften ward übrigens ebenfalls verdienstvoll
für das Werk mitgearbeitet; das gilt in erster Linie für die
von Frl. Heim gegebene Tochter Rigolettos und für die
Leistungen der Herren Hutt und Schneider, kann aber
auch mehrfach auf das unter Herrn Lerts Leitung spielende
Orchester bezogen werden, welches z. B. für die Einleitung
noch eiwas mehr auszugeben vermocht, als das übliche, nur
H. Pl.
nach außen schütternde Opernpathos.
= [Ans den Krankfurter Theatern.] Die Direktion
des Neuen Theaters gibt bekannt, daß Hermann Bahr
am 16. ds., 11½ Uhr vormittags, einen Vortrag über
„Deutschland und Oesterreich“ halten wird.