II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 260

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26. 1. Konoedie der NorteZykius
Wentr Maul
getreue Eheliebste hinaus. Es ist möglich, daß im
wirklichen Leben vielleicht einmal solch ein trauriges
Mannsbild vorkommt, auf der Bühne wirkt die Ge¬
schichte jedenfalls arg konstruiert und bei den Haaren
herbeigezogen. Das zweite Stück führt den Titel:!
„Große Szene“. Ein berühmter Schauspieler, dem
alle Weiber nachlaufen, hat einem braven Burschen die
Braut ausgespannt. Der merkt etwas an der Sache
und stellt ihn zur Rede. Will die Wahrheit wissen —
ja oder nein! Nun mimt ihm der Komödiant — der
selbst verheiratet ist — eine große Szene vor, in der
er so furchtbar lügt, daß er fast selbst an all den
Schwindel glaubt. Und der Bräutigam geht beruhigt
von dannen. Dieses Stück ist noch das erträglichste
von den dreien. Das Publikum hat in ihm wieder
einmal Gelegenheit, hinter die Kulissen des Theaters!
zu gucken, und das tut es bekanntlich fürs Leben gern.
Aeußerst widerlich und brutal wirkt aber das letzte
Stück: „Das Bacchusfest“ Ehebruch Nummer
Drei! Ein gleichfalls sehr berühmter Schriftsteller
überrascht seine Frau mit irgendeinem Gimpel. Was
tut er? Er komplimentiert den Gimpel und Neben¬
buhler hinaus, schreit seine Frau an: „Ich hasse dich!“,
sie erwidert:
„Ich dich noch tausendmal mehr
mein Geliebter!“ Und beide sinken sich in die Arme.
Pfni Teufel — Nachbarin, Euer Fläschchen!
Und wiederum, wie so oft in letzter Zeit, müssen
wir fragen, wie kommt solch widerliches, unappetitliches
Zeug auf die Bühne unseres Residenztheaters? Hat
Ran dort in dieser furchtbaren Zeit, in der das
deutsche Volk den gewaltigen Kampf um seine Existenz
führt, in der die deutschen Krieger heldenhaft Blut
und Leben einsetzen, in der Millionen von deutschen
Frauen um ihre Männer bangen und trauern, wirk¬
lih nichts Besseres zu tun, als uns mit derlei geist¬
reichelnden Schwätzereien über das Seelenleben ge¬
wisser angefaulter, verkommener Großstadtmenschen
itt aus:Neues Hunchener Ungblatt
zu belästigen? Was kümmern uns heute die erotischen
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Zustände dieses blasierten Lumpengesindels? Fast
München
möchte man wünschen, daß auch hier einmal ein kom¬
mandierender General mit eiserner Hand dreinfährt!
imd das Theater von den faulen, giftigen Kranken¬
dünsten, die dort die Luft verpesten, entlüftet.
Théater und Konzert.
Die Hauptrolle gab in allen drei Stücken Herr
Steinrück. Wobei er allerdings im zweiten als
Residenz=Theater. Zum ersten Male: „Ko¬
vielumworbener Liebling der Frauen nicht recht glaub¬
mydie der Worte“ 3 Einakter von A. Schnitz¬
haft erschien. Im übrigen bemühten sich die Damen
Wenn einmal in tausend Jahrenirgende
an Hagen und Bierkowski, sowie die Herren
Professor die Kulturgeschichte des zwanzigsten Jahr¬
Graumann Schwanneke und Alten, die
hunderts schreiben würde, und dabei kein anderes
Schnitzlerschen Geistreicheleien entsprechend zu unter¬
Quellenmaterial zur Verfügung hätte, als die heutzu¬
streichen. Von Frl. Ritscher verstand man.nur
tage güf unseren Bühnen üblichen Theaterstücke, so
die Hälfte von dem, was sie sagte — der Verküst war
würde er unbedingt zu der Schlußfolgerung kommen:
aber schließlich zu ertragen. Sehr sympakhische Ein¬
At Anfang des zwanzigsten Jahrhunderis scheinen
drücke hinterließ wieder unser Gast=Herr Janßen
dis Deutschen hauptsächlich damit beschäftigt gewesen
vom Franksurter Stadttheater, dor allerdings auch die
zu sein, Ehebruch zu treiben. Denn in fast allen diesen
dankbarere Aufgabe hatte. Erspielte nämlich so ziem¬
Theaterschreibereien, von der dümmsten Posse angefan¬
lich den einzigen anständigen, gesunden Kerl unter den
(gen bis zum überspanntesten Literaturdrama, wird die
ganzen degenerierten Schwefelbande, die da auf der*
Ehe gebrochen, daß es nur so knaxt. Auch die neuen
Bühne herumlief.

Schnitzlerschen Einakter beschäftigen sich ausschließlich
it
derlei dr — eieckigen Verhältnissen. Der erste
heißt: „Die Stunde des Erkennens“ Ein
Mann weiß, daß ihn seine Frau betrogen hat. Er
läßt sich aber nichts merken, legt seine Rachegefühle
aufs Eis, und erst nach zehn Jahren schmeißt er die un¬