26.1. Konoedie der Norte zyklus
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s er vormals hier als Urauffüh= hatte in dem Renaissancesaal des Seidl=Lenbachschen
Künstlerhauses eine Bühne aufgeschlagen. Der Raum
ähm auch heute noch am Herzen
paßte nicht recht, auch war man damals zu sehr auf eine
on ist in der Tat eine werbende.
rationalistische Deutung eingestellt und gelangte trotz
die Mahlersche Kunst Mittler
eifriger Kommentierung zu keinem befriedigenden Ergeb¬
auben und Bruno Walter ist ihr
nis. Jetzt hielt sich das Publikum an das Märchenhafte,
kt im Gegensatz zu dem kühleren
Stimmungsvolle, Duftige, die Künstler der Kammerspiele,
Mehrzahl der großen Dirigenten
durch die mystischen Stücke Strindbergs geschult, wissen
Die Münchener Kammeroper
zu stilisieren und das junge Fräulein Seidel verkörperte
gimentstochter“ einen starken Er¬
die Pippa gar lieblich. Die Kammerspiele erhalten einen
einen streugeren kritischen Ma߬
neuen Direktor, einen Herrn Dr. Sinsheimer, Regisseur
nstlerische Erfolg des jungen Un¬
in Berlin; in einem hier gehaltenen Vortrag bekannte er
ie angesehene Stellung zu erar¬
sich zu neuidealistischer Richtung. Die alte Leitung hat
indliches Verdienst war die Auf¬
leider auf „Pippa“ Wedekind folgen lassen. Sie gab den
fast vergessener Oper „Hans
„Marquis von Keith“, den man vor einem Jahre im kgl.
dige, eindrucksvolle Schlußbild,
Residenztheater gegeben hat. Sehr erhebliche Stimmen
auf Altnurnbergs Festwiese den
fanden damals diese Kriegskost, welche uns die erste
ie Illustrierten Blätter über¬
Bühne des Landes vorsetzte, recht — sonderbar ausge¬
prächtig anzuschauen und war es
wählt. Die ersten Vorstellungen in den Kammerspielen
er was man hörte, das war doch
waren zwar ausverkauft, aber der Begeisterungsradau,
, als man nach dem großen Auf¬
in dem sich unser Publikum in den letzten Jahren gefal¬
hätte erwarten können. Musika¬
len hatte, fehlte. Der Beifall hielt sich durchaus in Gren¬
achs“ nicht zu Lortzings stärkeren
zen. Die Vorstellung unterstrich das Karikaturenhafte.
il die stofflichen Aehnlichkeiten
Wedekind spielte den Schwindler und warf die Phrasen
k“ so groß sind, werden wir im¬
seiner abstrusen und bohemehaften Lebensphilosophie mit
hen veranlaßt. Freilich nichts ist
aufdringlicher Pointierung ins Publikum. Seine Frau
Parallele, hie ein des Reimens
spielt jetzt die Gräfin Werdenfels; es gibt Kritiker, welche
es Bürgermeisters Töchterlein ge¬
Tilly Wedekind eine Schauspielerin nennen.
das gewaltige Preislied deutscher
Sudermanns „Gutgeschnittene Ecke“ wurde gleich¬
zeitig mit Berlin hier uraufgeführt. Im Münchener
n ins — Kino. „Es sei erreicht“
Schauspielhause war der Erfolg nur mittelmäßig. In
Einladungsschreiben angezeigt und
Versen, die sehr gut gemeint, aber nicht gerade wohlklin¬
der Sondervorstellung ein, was in
gend sind, hat uns der Dichter von „Sodoms Ende“ aus¬
Blätter als das „Geistige Mün¬
einander gesetzt, daß er uns Bilder aus der Zeit vor dem
Also auf den weißen Flächen er
Kriege geben will, die uns zeigen, daß wir auf abschüssige
Gestalten und irgendwo draußen
Pfade einer Verfallskultur geraten waren.
Nicht gerade hervorragend, aber
So sehr wir es schätzen, wenn der Dichter seiner Zeit
daß sich die Musik nicht mit den
das Gewissen schärft, so wenig können wir anerkennen,
spieler deckte. Nein, es ist nicht
daß alles, was Sudermann in der „Gutgeschnittenen
e Mechanik kann die Bühne nicht
Ecke“ philosophiert, von besonderer Wirkung und Be¬
kte mehr schmerzend als erhebend.
weiskraft sei. Somit verbleibt die Fabel an sich, die Schil¬
sen versuchte man hier eine „Ret¬
derung eines Idealisten, den skrupellose Geschäftsleute an
Glashüttenmärchen „Und Pippa
die Wand drücken. Viel lebensvoller als dieser schwärme¬
vordem nur eine Vorstellung
rische Theatergründer wirken die Terrainspekulanten und
ren versuchte sich ein literarischer
tts durchgefallenen Dichtung. Er] „Kunst“=Geschäftsmänner. In Berlin hat man Modelle
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zu erkennen geglaubt. Dieser „Reiz“ fiel für München
weg, aber man übersah hier auch manche „Feinheit“ des
Berliner Lokalkolorits. Gespielt wurde gut, aber doch
ohne hervorstechende Leistungen. Mattere Aufnahme fand
das politische Drama „Dr. Wahl“ von Nathansen. Der
dänische Autor ist hauptsächlich durch sein wirksames,
philosemitisches Milienstück „Hinter Mauern“ bekannt
geworden, an welches das neue Werk nur durch die Um¬
ständlichkeit seiner Entwicklung erinnert. Ministertragik
hat uns Björnson in „Paul Lange und Thora Parsberg“
nähergebracht. Möglicherweise wollte Nathansen uns zei¬
gen, wie kurzsichtiger Parteidok rinarismus um innerpo¬
litische Kleingkeiten kämpft, ohne zu sehen, daß er dabei
die Brandfackel in die hohe Politik schleudert, allein bei
dem Sturz des Ministers Wahl gelangen wir nicht über
persönliche Kabalen und sentimentalen Frauengeschichten
hinaus. Gut spielten Weigert und Annie Rosar. Letztere
hielt unlängst einen Rezitationsabend, an dem sie mit viel
Glück sich mit dem Mittelhochdeutschen versuchte. Ohne die
Scheidewand, die auch die beste Uebertragung aufrichtet,
trat Walther von der Vogelweide uns in voller Unmittel¬
barkeit nahe. Von sonstigen Aufführungen des Schauspiel¬
hauses sei eine Ausgrabung von Schnitzlers „Anatol“ er¬
wähnt, nebenbei gesagt ein Versuch mit ziemlich untaug¬
lichen Mitteln. Wer über diese unzeitgemäßen Stücke spie¬
lerischen Leichtsinnes den Kopf schüttelte, wurde ein paar
Tage später mit Lettings „Minna von Barnhelm“ ausge¬
söhnt. Auch im Schauspielhause wurde uns ein Tanzabend,
geboten. Primavesa und Bertrice Reichert=Mariagraete
stammen von der blauen Donau, von Wien gelangten sie
nach Paris, wo sie mit Erfolg auftraten, bis der Krieg
ausbrach. Wir haben in München Isidora Duncan „ent¬
deckt“, gerieten über eine Schlaftänzerin ganz aus dem
Häuschen und noch viele andere gelangten hier zu Ruhm
und Ehre. Es gab Zeiten, in denen „führende“ Blätter
das Barfüßige und Trikotlose mit einer Leidenschaft ver¬
teidigten, als gäbe es kein vornehmeres Menschenrecht.
Was Wunder, daß die neuen Tänzerinnen sich auf der
Flucht aus Frankreich nach München wandten. Sie haben
sich in ihrer Erwartung des Erfolges nicht getäuscht. Die
Künstlerinnen (die eine ist noch Kind), besitzen viel natür¬
liche Grazie und rhythmisches Feingefühl. Ihr Auftreten
ist im ganzen nicht undezent, ohne daß man deshalb seine
Bedenken gegen die Barfußtänzerei im Allgemeinen auf¬
L. G. Oberlaender.
geben wird.
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s er vormals hier als Urauffüh= hatte in dem Renaissancesaal des Seidl=Lenbachschen
Künstlerhauses eine Bühne aufgeschlagen. Der Raum
ähm auch heute noch am Herzen
paßte nicht recht, auch war man damals zu sehr auf eine
on ist in der Tat eine werbende.
rationalistische Deutung eingestellt und gelangte trotz
die Mahlersche Kunst Mittler
eifriger Kommentierung zu keinem befriedigenden Ergeb¬
auben und Bruno Walter ist ihr
nis. Jetzt hielt sich das Publikum an das Märchenhafte,
kt im Gegensatz zu dem kühleren
Stimmungsvolle, Duftige, die Künstler der Kammerspiele,
Mehrzahl der großen Dirigenten
durch die mystischen Stücke Strindbergs geschult, wissen
Die Münchener Kammeroper
zu stilisieren und das junge Fräulein Seidel verkörperte
gimentstochter“ einen starken Er¬
die Pippa gar lieblich. Die Kammerspiele erhalten einen
einen streugeren kritischen Ma߬
neuen Direktor, einen Herrn Dr. Sinsheimer, Regisseur
nstlerische Erfolg des jungen Un¬
in Berlin; in einem hier gehaltenen Vortrag bekannte er
ie angesehene Stellung zu erar¬
sich zu neuidealistischer Richtung. Die alte Leitung hat
indliches Verdienst war die Auf¬
leider auf „Pippa“ Wedekind folgen lassen. Sie gab den
fast vergessener Oper „Hans
„Marquis von Keith“, den man vor einem Jahre im kgl.
dige, eindrucksvolle Schlußbild,
Residenztheater gegeben hat. Sehr erhebliche Stimmen
auf Altnurnbergs Festwiese den
fanden damals diese Kriegskost, welche uns die erste
ie Illustrierten Blätter über¬
Bühne des Landes vorsetzte, recht — sonderbar ausge¬
prächtig anzuschauen und war es
wählt. Die ersten Vorstellungen in den Kammerspielen
er was man hörte, das war doch
waren zwar ausverkauft, aber der Begeisterungsradau,
, als man nach dem großen Auf¬
in dem sich unser Publikum in den letzten Jahren gefal¬
hätte erwarten können. Musika¬
len hatte, fehlte. Der Beifall hielt sich durchaus in Gren¬
achs“ nicht zu Lortzings stärkeren
zen. Die Vorstellung unterstrich das Karikaturenhafte.
il die stofflichen Aehnlichkeiten
Wedekind spielte den Schwindler und warf die Phrasen
k“ so groß sind, werden wir im¬
seiner abstrusen und bohemehaften Lebensphilosophie mit
hen veranlaßt. Freilich nichts ist
aufdringlicher Pointierung ins Publikum. Seine Frau
Parallele, hie ein des Reimens
spielt jetzt die Gräfin Werdenfels; es gibt Kritiker, welche
es Bürgermeisters Töchterlein ge¬
Tilly Wedekind eine Schauspielerin nennen.
das gewaltige Preislied deutscher
Sudermanns „Gutgeschnittene Ecke“ wurde gleich¬
zeitig mit Berlin hier uraufgeführt. Im Münchener
n ins — Kino. „Es sei erreicht“
Schauspielhause war der Erfolg nur mittelmäßig. In
Einladungsschreiben angezeigt und
Versen, die sehr gut gemeint, aber nicht gerade wohlklin¬
der Sondervorstellung ein, was in
gend sind, hat uns der Dichter von „Sodoms Ende“ aus¬
Blätter als das „Geistige Mün¬
einander gesetzt, daß er uns Bilder aus der Zeit vor dem
Also auf den weißen Flächen er
Kriege geben will, die uns zeigen, daß wir auf abschüssige
Gestalten und irgendwo draußen
Pfade einer Verfallskultur geraten waren.
Nicht gerade hervorragend, aber
So sehr wir es schätzen, wenn der Dichter seiner Zeit
daß sich die Musik nicht mit den
das Gewissen schärft, so wenig können wir anerkennen,
spieler deckte. Nein, es ist nicht
daß alles, was Sudermann in der „Gutgeschnittenen
e Mechanik kann die Bühne nicht
Ecke“ philosophiert, von besonderer Wirkung und Be¬
kte mehr schmerzend als erhebend.
weiskraft sei. Somit verbleibt die Fabel an sich, die Schil¬
sen versuchte man hier eine „Ret¬
derung eines Idealisten, den skrupellose Geschäftsleute an
Glashüttenmärchen „Und Pippa
die Wand drücken. Viel lebensvoller als dieser schwärme¬
vordem nur eine Vorstellung
rische Theatergründer wirken die Terrainspekulanten und
ren versuchte sich ein literarischer
tts durchgefallenen Dichtung. Er] „Kunst“=Geschäftsmänner. In Berlin hat man Modelle
box 32/4
zu erkennen geglaubt. Dieser „Reiz“ fiel für München
weg, aber man übersah hier auch manche „Feinheit“ des
Berliner Lokalkolorits. Gespielt wurde gut, aber doch
ohne hervorstechende Leistungen. Mattere Aufnahme fand
das politische Drama „Dr. Wahl“ von Nathansen. Der
dänische Autor ist hauptsächlich durch sein wirksames,
philosemitisches Milienstück „Hinter Mauern“ bekannt
geworden, an welches das neue Werk nur durch die Um¬
ständlichkeit seiner Entwicklung erinnert. Ministertragik
hat uns Björnson in „Paul Lange und Thora Parsberg“
nähergebracht. Möglicherweise wollte Nathansen uns zei¬
gen, wie kurzsichtiger Parteidok rinarismus um innerpo¬
litische Kleingkeiten kämpft, ohne zu sehen, daß er dabei
die Brandfackel in die hohe Politik schleudert, allein bei
dem Sturz des Ministers Wahl gelangen wir nicht über
persönliche Kabalen und sentimentalen Frauengeschichten
hinaus. Gut spielten Weigert und Annie Rosar. Letztere
hielt unlängst einen Rezitationsabend, an dem sie mit viel
Glück sich mit dem Mittelhochdeutschen versuchte. Ohne die
Scheidewand, die auch die beste Uebertragung aufrichtet,
trat Walther von der Vogelweide uns in voller Unmittel¬
barkeit nahe. Von sonstigen Aufführungen des Schauspiel¬
hauses sei eine Ausgrabung von Schnitzlers „Anatol“ er¬
wähnt, nebenbei gesagt ein Versuch mit ziemlich untaug¬
lichen Mitteln. Wer über diese unzeitgemäßen Stücke spie¬
lerischen Leichtsinnes den Kopf schüttelte, wurde ein paar
Tage später mit Lettings „Minna von Barnhelm“ ausge¬
söhnt. Auch im Schauspielhause wurde uns ein Tanzabend,
geboten. Primavesa und Bertrice Reichert=Mariagraete
stammen von der blauen Donau, von Wien gelangten sie
nach Paris, wo sie mit Erfolg auftraten, bis der Krieg
ausbrach. Wir haben in München Isidora Duncan „ent¬
deckt“, gerieten über eine Schlaftänzerin ganz aus dem
Häuschen und noch viele andere gelangten hier zu Ruhm
und Ehre. Es gab Zeiten, in denen „führende“ Blätter
das Barfüßige und Trikotlose mit einer Leidenschaft ver¬
teidigten, als gäbe es kein vornehmeres Menschenrecht.
Was Wunder, daß die neuen Tänzerinnen sich auf der
Flucht aus Frankreich nach München wandten. Sie haben
sich in ihrer Erwartung des Erfolges nicht getäuscht. Die
Künstlerinnen (die eine ist noch Kind), besitzen viel natür¬
liche Grazie und rhythmisches Feingefühl. Ihr Auftreten
ist im ganzen nicht undezent, ohne daß man deshalb seine
Bedenken gegen die Barfußtänzerei im Allgemeinen auf¬
L. G. Oberlaender.
geben wird.