II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 293

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26.1. Konoedie der Norte- zukius

Völker zusammengeschweißt, ja es triumphiert noch Tag für
mehr verflüchtigt, wenn von den Gefühlen nur noch Worte
beiden scheinen er¬
übrig bleiben?
Tag sogar über das Leben selbst. Das ist freilich für den
ie wieder anheben, lebt
Anatoldichter eine fremde Welt! Kein Zweifel: der Strom
Mit dem Dichter sind, natürlich im entsprechenden Ab¬
In diesem Dreiklang
der Zeit läuft gegen ihn. Was uns zu einer Zeit, da die
stand, auch seine Geisteskinder gealtert. Die Stücke selbst —
und Unwirklichkeit,
Dichter sich ganz der Wirklichkeit hingegeben und auch der
unter dem Titel „Komödie der Worte“ hat Schnitzler drei
und wo wir glaubten,
kleinste Gefühlsablauf von tausend Abhängigkeiten bestimmt
Einakter zusammengefaßt —
aber gleichen den früheren
ötzlich der andere. Im
schien, wie ein Restchen subjektiver Freiheit, gleichsam wie ein
durchaus, nur daß die Rollen mit älteren Personen besetzt
en wird die Melodie
Reservat der Seele vorkam, das wirkt jetzt mehr als ein
sind, und daß man von der Hauptsache meistens in der Ver¬
iöser und frivoler, das
Mangel an innerer Schwungkraft überhaupt. Aber es wäre
gangenheit spricht. Die Menschen erleben nicht mehr un¬
Erdschwere und gewinnt
ungerecht, wenn wir es einem Dichter von den Qualitäten
mittelbar, sondern Worte beleben noch einmal etwas, das gar
den rauhen Lärm des
Schnitzlers entgelten lassen wollten, daß wir selber andere
nicht mehr oder noch nicht wieder ist, und aus diesem flackern¬
gensätzliches empfinden
geworden sind. Wichtiger ist: auch er ist ein anderer ge¬
den Zwielicht der zwischen dem Heute und dem Gestern hin
Gewebe ihres Abbilds
worden! Und mit diesem Wandel hat es eine ganz eigene
und her zuckenden Worte entsteht eine eigene Stimmung in
Geschöpfe werden auf
Bewandnis. Wie gesagt, taucht der Gedanke, daß das Leben
diesen Komödien der nunmehr zwiefach unwirklichen Gefühle.
drückenden Enge der
ein Spiel sei, schon sehr frühe bei Schnitzler auf.
Die
Da hier und dort das Grau schon bedenklich durchschimmert,
sie bleiben zwischen
Anatolszenen hat Hugo von Hoffmannsthal, damals
noch
so wird, den vorgeschrittenen Semestern entsprechend, das
von der krausen Will¬
Loris, mit folgenden Versen eingeleitet:
Thema vom Tode nur in dem ersten Stücke ganz flüchtig ge¬
eins haftet ihnen auch
streift. Dagegen herrscht die Liebe noch unumschränkt, aller¬
„Also spielen wir Theater,
ichts ist ihnen wesens¬
dings ist es eine etwas unwirkliche Liebe, denn sie ist entweder
Spielen unsere eigenen Stücke,
t künstlerischer Gesetze.
gewesen oder sie ist nie ganz wirklich geworden. Ihre Form
Frühgereift und zart und traurig,
rden treiben..
Wir
ist im Gegensatz zu der früheren Schnitzlerschen Periode
Die Komödie unserer Seele.“
sagt Schnitzler selber
durchgehend die Ehe, und der Konflikt in logischer Folge
Gefühl von der Ir¬
Aus dem Spiel der Seele, der Tradikomödie des Ge¬
der Ehebruch. Einmal ist der Mann unzweifelhaft der allein
ler nie ganz loszukom¬
fühls, ist nunmehr die Komödie der Worte geworden. Und
schuldige Teil, in den anderen beiden Stücken haben sich die
sten Stimmungen aus¬
es steckt ein gut Teil schmerzliche Resignation in diesem
Beteiligten gegenseitig nicht viel vorzuwerfen. Der Dichter
i dem Gebanken, daß,
Titel. Die Komödie, diese personifizierte Skepsis der eigenen
sammelt die symbolischen Geweihe in diesem Zyklus an¬
ntheater ist, wenigstens
Natur des Dichters, konnte früher wenigstens Gefühle be¬
scheinend mit dem gleichen Eifer wie ein Jäger die wirklichen,
n Meisters zusammen¬
lauern, jetzt hockt sie gespenstisch neben der erstorbenen Glut
wobei er mit zunehmender Kennerschaft die abnormen, sel¬
hwärzesten Pessimisten
und sucht noch ein paar Worte als Funken aus der Asche zu
tenen feinschmeckerisch immer mehr bevorzugt. Es wird einem
in Schattenriß ist, der,
blasen. Wer sonst von einem Pol zum anderen wandert, der
angesichts dieser stattlichen Sammlung zunächst etwas un¬
e des Lebens geworfen,
pflegt sich dem einen im gleichen Maße zu nähern, als er sich
heimlich zu Mute. Aber man beruhigt sich bald, denn auch
Kannter das Licht aus¬
vom andern entfernt. Das erscheint als eine billige Weis¬
hier schiebt sich ein Moment der Unwirklichkeit lindernd da¬
ngspoet — eher haftet
heit, und doch stimmt sie nicht ganz, wenn es sich wie bei
zwischen; es handelt sich um abgeworfene Stangen und keiner
Kenden Resignation des
Schnitzler um den positiven und negativen Lebenspol handelt,
der Geweihten ist tatsächlich auf der Strecke geblieben. Der
aus dem großen Kom¬
um Lieben und Sterben, und wenn der Wanderer zugleich ein
Kampf um das Weibchen wird nämlich mit Worten
hat er nur einen Zug
Dichter ist. Freilich das Positive taucht in die Zeit zurück,
geführt, und Worte treffen wohl, aber sie töten
daß er auch zugleich
je weiter wir lebend vorwärts schreiten, und die Liebe läßt
in der Regel nicht. Jedoch ein Wort ist an sich
ist. Das ist die iro¬
am Ende auch den Dichter allein. Aber er kommt darum,
etwas Unwirkliches, ein leerer Schall, der Falsches
der scheinbar tiefsten,
wenigstens als Künstler, dem Gegenpole nicht näher, so daß
und Wahres, Echtes und Unechtes, Gutes und Böses mit der
tes Schaffen ist weiter
ein Motiv das andere ablösen könnte, denn auch das Negative
gleichen Marke deckt. Auch eine Komödie der Worte ist,
mödie unseres eigenen
zieht sich wiederum vor ihm zurück und zwar um so mehr,
genau betrachtet, überhaupt keine Komödie. Irgendwie und
je näher er ihm zu kommen scheint. Ein Künstler wie Böcklin
irgendwo muß vielmehr das Wort sich so mit Lebensinhalt
n Schnitzler heute im
lauscht nur in der Vollkraft der Jahre dem fidelnden Tod,
erfüllen, muß Wesensbestandteil eines Menschen werden daß
schon an der Schwelle des Alters finden wir ihn allein. Nur
leiche dreibesaitete Leier
es auch wieder Schicksal wird, und es entspricht durchaus
die Jugend lädt den Tod zu Gaste. Steht er aber erst hinter
lendert und sein altes
seinem leichten luftigen Wesen, wenn dieses Schicksal dann
der Tür, dann tut man lieber so, als wäre er nicht da. Ahnlich
e anhebt, dann horcht
ein komisches ist. Einer entschlossenen Richtung auf die
ergeht es jetzt Schnitzler. Er hat auf seinem Pilgerpfade seine
befremdet auf. Gerade
reine Komödie zu, die ja der Melancholie und des schwanken¬
etwas Schwankendes,
beiden Hauptmotive verloren, das Leben selbst hat sie ihm
den Gefühls entbehren kann, steht also die letzte Phase in der
kliches gewesen ist, hat
entwendet, und ihm bleibt nichts anderes übrig, als sich mit
dichterischen Entwicklung Schnitzlers durchaus nicht im Wege,
n Ausbruche uns allen
Surrogaten zu behelfen. Worte für gestorbene Gefühle!
sie ist ihr eher förderlich. Das Wort ist ja in gewissem Sinne
hl hat das Individuum
Und die Frage ist nun: wie kommt dabei die Komödie zu überhaupt das Verhängnis Schnitzlers geworden. Er ist viel¬
barteien entthront. hat l ihrem Rechte, wenn sich das an sich schon Unwirkliche noch mehr ein Plauderer als ein Gestalter, seine Kunst lebt am
tiger B
reinsten in der geistreichen Antithese, und sein Dialog zeichnet
überzeu
weniger die geistigen Umrisse seiner Gestalten als daß er sie
erst schi
irrlichterierend umspielt. Das Wort ist vielleicht das ihm
Schuld
eigenste künstlerische Element. So kommt es auch, daß die
am End
Sieger in diesem Hörnerkampfe Geistesgenossen des Dichters
Fenster
sind. Alle führen neben ihrem wirklichen Leben eine andere
schwatzt,
Eristenz, die vom Worte beherrscht und bestimmt wird. Der
glaubt
erste ist Journalist, der zweite Schauspieler, der dritte Schrift¬
von alle
steller. Allerdings von dem ersten wissen wir nicht viel. Er 1
Komödi
tritt nicht auf, kaum, daß er dem geistigen Auge
die ern
sichtbar wird. Doch die lakonische Charakteristik: ein
Worting
amüsantes Luder, boshaft und sentimental, eine paetische
entgege
Seele, aber kein poetisches Talent, trifft sicher ins Schwarze.
schaft, d
Auch der dritte dieser Ritter vom Worte, der Schrift¬
einmal
steller, wiegt nicht schwer. Er vollbringt zwar eine rhetorische
sie sich
Kraftleistung allerersten Ranges. Durch die Erzählung von
Ende in
dem Bacchusfeste, jener antiken Liebesfreinacht da sich jeder
ist und
und jede zusammenfinden konnte ohne die leifeste Verpflich¬
Dänenp
tung fürs Leben, sofern sie sich beim Morgengrauen nur
Das W
wieder von einander trennten, während schon das zweite Bei¬
auch en
sammensein sie für immer aneinanderkettete, redet er seinen
zuweile
Nebenbuhler einfach von der Bildfläche weg, redet einen so¬
ten ein
eben geschlossenen Seelenbund glatt auseinander, redet die
eine H
alte Gemeinschaft von Tisch und Bett wieder zusammen. Das
Noch
zu
ganze wirkt wie ein literarisch gehobenes Gegenstück
dos sich de
er Hintergrund