II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 297

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Kondedie der NorteNKIIS
10 JAN 1976
Hamburgel #####blaff

Dichter auch im Bacchusfest“ eine Ehe] Montor, gleichzeitig Sp
wieder zusammenleimen, mit Worten den Ver¬
Szene“; er gab den M#
Theater,
führer in die Flucht schlagen. In der Anlage
und Genie, den Lügner,
so hübsch gedacht, daß man es bedauern möchte,
Rolle hineinlebt, daß er
Kunst und Wissenschaft.
daß der Gedanke gerade einem Schnitzler zur Aus¬
mit solcher Virtnosität, da
führung in die Hand gefallen, bringt dieser Einakter
dauerte, daß das naive ##
das Unwahrscheinliche, um nicht zu sagen, die Ver¬
Worten seiner Frau imm
Deutsches Schauspielhaus.
logenheit, die allen drei Stücken anhaftet, am
recht zum Durchbruch kam.
scharfsten in den Vordergrund; oder glaubt der
Darstellung, wie er sie —
„Komödie der Worte“.
Dichter wirklich, daß es einem noch so klugen
nach dem Sinn des Dich
Von Arthur Schnitzler.
und seinen Kopf gelingt, ein ehebrecherisches
lein Westhoven kon
Arthur Schn##ier ist der Dichter der
Paar, das schon so weit gegangen wie
neuen Fach sehen und I
Zeit dm Kriege, einer Zeit, die in einer
die beiden Bacchanten, sich noch wieder ausein¬
ließ bei seinem Theater
Kofen Uebersättigung Gesallen fand an aus¬
andertreiben läßt durch eine stimmungsvolle Er¬
seines köstlichen Humors
geklügelten, geistreichen Skizzen im Buch und
zählung von dem nächtlichen Feuer des alten
die fein ziselierten Wah
auf der Bühne, einer Zeit, die Züge der Ueber¬
Dionysos=Kultus? Der Einschlag von Senti¬
wahrheiten glänzend zur
mudung aufweist, aus der anscheinend nichts
mentalität, der den Schluß dieses Einakters
lerisch genommen war
Großes und Gewaltiges mehr geboren werden
kennzeichnet, wirkt widernatürlich und unschön. Die
Schriftsteller Staufner d
konnte. Man hat sie mit dem Schlagwort „Dela¬
schlimmste der drei einaktigen Sünden stand am
des Abends; die unter
denz“ abgetan, und gesunde Geister, die die
Anfang. Auch hier ist es das Wort, das
verborgene Leidenschaft kas
Fangarme ihrer Skepsis noch nicht erreicht hatten,
herrscht, die Handlung liegt in der Vergangen¬
der Liebesfreinacht des al
wandten sich bewußt von ihr ab, ja bekämpsten
heit. Ein Arzt hat zehn Jahre mit seiner Frau
licher zur Darstellung —
sie.
Das ganze Leben — wir haben es in¬
zusammengelebt, trotzdem er zu wissen glaubt,
tan an einem Werk, das
zwischen erfahren — ist nicht aus „Liebelei“ zu¬
daß sie ihn mit seinem Freunde betrogen hat;
blick Heiterkeit auslösen,
sammengesetzt, sondern wird auch noch von
er hat auf die Stunde des Erkennens
haltiger Wirkung bleiben
anderen Dingen erfüllt, von denen natürlich der
gewartet wie ein Schauspieler auf sein Stich¬
Zeit ist fortgeschritten,
keine Ahnung haben kann, der sich mit einem
wort, und nun, da sie, nach der Hochzeit der
Dichter stehengeblieben ist.
wehmütigen Verzicht auf alles Große davon
Tochter und dem Abschied des vermeintlich treu¬
tiefung in rein meuschli
abwendet und seiner Mitwelt nur das ironische
losen Freundes für immer, gekommen ist, genießt
geistreich ausgetüftelte,
Lächeln über ihre Kleinheit und Niedrigkeit zeigt.
er seine Rache kalt. Er stempelt die Frau, mit
teleien über heille Thei
Man könnte solchen Dichtern zugute rechnen, daß
der er in neunzehnjähriger Ehe zusammengelebt
Form.
sie ihrer Zeit nur das Spiegelbild vorhalten und
hat, die ihm ein Heim geschaffen, die Mutter
Hadurch erhebend, bessernd, läuternd wirken
seines Kindes — zur Dirne, und gebietet ihr
wollen; aber ich glaube, man tut Schnißler und
jetzt, sich von ihm zu trennen. Dabei ist alles L¬
seiner ganzen Richtung zu viel Ehre an, wenn
unwahr denn die Frau hat ihn gar nicht mit
zuan ihnen diese Absicht beimißt. Wollten sie
dem vermeintlichen Freund betrogen, sondern
das, so würde doch wenigstens an einer
mit einem andern, nicht einmal wirklich gelieb¬
Stelle etwas von dem hervordringen, was man
ten Mann, der nur hinter den Kulissen agiert.
als Wetterleuchten der Zukunft, als eine Hoffnung
Der Ehemann erfährt nichts davon, und nach
auf Reinigung empfinden könnte.
Noras Art verläßt Frau Clara das Haus.
Diese Abrechnungsszeue mit ihrer ganzen Ver¬
Aber nichts von alledem! Nicht im „Ang¬
zerrung ist vielleicht ein geistreicher Gedanke,
tol“, nicht im „Reigen“, nicht im „Einsamen
aber niemals ein Bild des wirklichen Lebens,
Weg“, weder im Spiel mit der Liebe, noch im
ein Vorwurf, der einen Komödienschreiber, der
Spiel mit dem Tode ... auch nicht in der
auf den Erfolg sieht, reizen konnte, von dem
„Komödie der Worte“. Was will der
aber ein Dichter seine Hände hätte lassen sollen,
Dichter mit dieser zusammenfassenden Ueber¬
da ihm die Unmöglichkeit der beiden mitein¬
schächt seiner drei Einakter, die am Sonnabend
ander Abrechnenden schwer auf die Seele fallen
ihre glänzende Erstaufführung im Deutschen
mußte. Wie oft läßt Schnitzler seine Frau
Schauspielhaus hatten, sagen? Eigentlich doch
Clara sagen: „Ist das denn zehn Jahre hin¬
nur wieder seine alte Lehre, daß „alles nur
durch möglich?“ Er hätte sich selbst die Ant¬
Eigennutz, nur Gemeinheit, nur Lüge, ein Hin¬
wort geben sollen!
dämmern, eine Fahrt ins Dunkle, von der Lüge
in die Lüge getrieben“ ist. Und der gemein¬
Und doch ein Theatererfolg!
Es gibt
same Gedanken bei allen dreien ist, daß man
Stücke, die mehr von den Schauspielern, als
mit Worten nicht nur tapfer streiten, sondern
von den Dichtern getragen werden, Stücke, die
auch ein Lügengewebe bereiten, hinter Worten
ein schlechter Mitspieler verdirbt, die ohne
nicht nur seine Gedanken, sondern
auch
Rettung der Lächerlichkeit verfallen, zenn die
seine Taten verbergen, kurz: mit Worten
Stimmung verpaßt wird. Daß das am Sonn¬
trefflich Komödie spielen kann. Am schärfsten
abend keinen Augenblick geschah, machte den
tritt dieser Gedanke in dem zweiten Stück,
Erfolg des Abends aus, und, ohne viel dar¬
„Die große Szene“ hervor, in der ein
über nachzudenken, was man ihnen denn eigent¬
genialer Schauspieler so bis zum Ekel lügt, daß
lich an geistiger Kost dabei bot, dankten die
seine Frau ihm auf= und davonläuft; es tri¬
Zuhörern den Künstlern dafür, wie sie sie
##phiert die Idee, daß der Träger eines
ihnen bolen. Nh
l und Kreidemaun¬
#enies ein ausgemachler Schurke sein und, weil
und die viel umworbene Frau Clara, die
nicht mit gewöhnlichem Maßstabe gemessen
Julie Serda gewandt verkörpert, hielten die
werben soll, einfach alles inn darf. Mit Worten,
Stimmung des ersten Einakters in sicheren und
#it der Erzählung einer Parabel, will der i geschickten Händen. Im zweiten Stück hatte Max
K