II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 307


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26.1. Kongedieder Norte—zuklus
Frankfurt Zeitung
Fra.
FREURR 19:6
=Chronik der Künste.] Man schreibt uns: Die rus¬
si
ge Akademie der Wissenschaften hat in ihrer
letzten Sitzung es ab gelehnt, die deutschen und öster¬
reichischen Mitglieder von ihrer Liste der Korrespondenten zu
strichen. — Aus Wiesbaden wird uns mitgeteilt: Schnitz¬
amödic der Worte“ wurde bei der Erstaufsüh¬
gung im Residenztheater mit Beifall, der auch der guten Dar¬
stellung galt, ausgenommen. In einer Morgen=Unterhaltung
stellte sich die Tänzerin Johaussen als poesievolle Deuterin
der Kompositionen von Chopin, Schubert, Paderewski, Rubin¬
stein, Grieg und Brahms vor. Die Schönheit der Linie, die
Grazie der Bewegungen, der beredte Ausdruck der Mienen
verbanden sich zu reizvoller Harmonie. Das Mitglied der
Frankfurter Oper Josef Gareis sang mit starker Wirkung
lus Weimar teilt man uns
Lieder zur Laute.
mit: Im Hinblick auf die Dreihundertjahrfeier sind zu
espreeefur die Erd
Schiafalstragsen
Zwiespalt des Gottes, seinen Seelenkampf, seinen! Ormiß, sondern Ormin, und der Schauspieler in der zu der Einladungen ausgesandt werden, b
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der Entscheidung nicht das richtige Wort fand wer
zu haben, verabschiedet ihren Geliebten,
sein Glück begründete, weil ihm eine geschickte Suada
Eine Komödie der Worte.
bedeutenden Chemiker und bleibt beim G
zu Hilfe kam, wer jetzt im Kriege die Ententepresse
Drei Einakter von Artur Schnitzler. %
größte Rolle spielt das Wort in der
verfolgt, der weiß, daß man berechtigt ist, von Ko¬
/7 07 (Zur Erstayfführung im Schauspielhause.)
Szen e.“ Es ist kein Zufall, daß es die
mödien der Worte zu sprechen, der weiß aber auch,
Werkzeuge eines Schauspielers gemacht wi
daß der Bezeichnung ein sein=ironischer Sinn mit
Liegen die Ereißnisse weit hinter uns oder in selter
besonders verschwenderisch anwendet, mit i
innewohnt und daß Schnitzler, ein Meister köstlicher
Zukunft, wird von ihnen nur gesprochen, entscheidet
Ironie, lächelnd an dem Tische Goethes Platz nimmt,
folgreichsten hantiert und an ihm doch
das Wort und nicht die längst abgeschlossene oder erst
Grunde geht, weil er übersieht, daß die
um verwegenen Sinnes mit dem Evangelium Jo¬
erwartete Handlung, dann glaubt Schnitzler sein Schau¬
Seele beeinflußt wie der Meißel den St
hannis den Satz niederzuschreiben: „Im Anfang
spiel eine Komödie der Worte nennen zu dürfen. In
war das Wort.“
als alle anderen Werke Schnitzlers führt die
diesem Sinne hat Ibsen beispielsweise, namentlich der
ausgearbeitete Einakter, der an Geist, Ch
Vor zehn Jahren etwa hat Frau Dr. Eckhold ihren
altere Ibsen, beinahe nur Komödien der Worte ge¬
und Psychologie zum besten seiner Art geh
Gatten betrogen. Ich glaube, mit einem Journalisten.
schrieben. Aber ist denn das Drama nicht überhaupt
Reich der Wortkomödie. Es ist gar köstlich zu
Der Gatte erfuhr den Betrug, hatte jedoch seinen
die Kunst der Worte, ist das Theater nicht immer die
sich Herbot am eigenen Worte berauscht, w
Kollegen Dr. Ormin im Verdacht. Zehn Jahre schwieg
Stätte des Gespräches, ist die Bühne nicht von jeher
durch Worte als durch Empfindungen best
er, bis sein Töchterchen das Haus verließ. Jetzt schlägt
der Schauplatz geistiger Erörterungen, die erst dann
wie er sich im Drahtverhaue seiner Worte
die Stunde des Erkennens. Nun brutalisiert
interessant werden, wenn sie zum Gegensatze, zum
er seine Frau und weist sie aus dem Hause. Sie geht
fängt, wie er in drolliger Eitelkeit sogar
Konflikt, zum Kriege führen? Was der Ton dem
auch. Vielleicht in den Tod. Man weiß es nicht.
lich gebliebenes Herz in Worte kleidet und
Musiker, der Stein dem Bildhauer, die Farbe dem
Hätte nun Frau Eckhold das richtige Wort ausge¬
zu ersticken droht, indem er nicht mehr
Maler, das ist das Wort dem Dichter. Alle Literatur
sprochen, hätte sie ihrem Gatten wahrheitsgemäß ge¬
von seinen Außerungen Wahrheit, was 1#
ist eine Komödie der Worte. Freilich kommt der
standen „daß sie ihn nicht mit Ormin, den er haßt,
Der selbstbewußte eitle redselige Künstler is
Worte gewöhnlich nur die Aufgabe der Berichterst:
weil er ihm immer und überall vorgezogen wurde, son¬
Erscheinung der dramatischen Literatur, alle
tung zu, es teilt uns mit, was im Gemütsleben der
dern mit einem Dritten betrogen hat, dann hätte sie
ist er vor Schnitzler bis in sein Innerst
handelnden Personen vor sich geht, es erzählt, was ge¬
blosgelegt worden wie hier.
bleiben und wieder glücklich werden können. Ein
schieht oder geschehen ist, es belebt das Mienenspiel
Spiel, das sie verliert, weil sie nicht das erlösende
Und niemals hat ein Dichter einen so g
des Schauspielers, erklärt das Gemälde des Erzählers
Wort fand oder weil sie es nicht finden wollte. (Nur
Vermittler gefunden wie Schnitzler an Ha
oder es verweist prophetisch auf kommende Dinge.
nebenbei sei bemerkt, daß die Motive der Frau per¬
den. Dieser Konrad Herbot ist ein kleine#
In allen diesen Fällen ist das Wort ein Hilfsmittel
pers waren. Sie hat tatsächlich Ormin geliebt und
werk. Verständnisinnig folgt die Technik des
des Künstlers, sich uns verständlicher zu machen als
sich einem Ungeliebten ergeben. Dr. Eckhold aber
den letzten Verästelungen dersich unbewuß
etwa der Mimiker im stande wäre. Bei der Einakter¬
hätte in Wirklichkeit schon aus Gründen der Bequem¬
indem der Mann trotzdem den Schein
reihe Schnitzlers aber, die uns heute beschäftigt, wird
lichkeit ganz geschwiegen, nachdem er zehn Jahre
flächlichkeit bewahrt; tief dringt Walden
das Wort zur treibenden Kraft, der Dialog wächst
geschwiegen hat. Schnitzler kompliziert mit dem ge¬
typische Erscheinung des übermütigen Prahle
zur Handlung empor, nicht wovon die Rede ist,
heimnisvollen Journalisten und dem alten Ehebruch
dem er trotzdem den Glauben an die
bestimmt die Sachlage, sondern wie geredet wird.
seinen ersten Akt in überflüssiger Weise. Muß schon
des Schauspielers aufrecht hält; rücksichts
Die Wahl der Worte, nicht alles das, was wirklich
immer Ehebruch getrieben werden, dann darf er
Weib und F eund, scheinbar ein widerwärtig
hinter uns oder vor uns liegt, bestimmt hier das
stattet Walden die Gestalt mit so viel Sch
auch einer 38jährigen Dame zugemutet werden.) Auch
Schicksal der Menschen; von der mehr minder ge¬
im „Bacchusfest“ dem Schlußalt, betrügt eine
Liebreiz aus, daß man ihr mit allen ihre
schickten Führung der Wechselrede, nicht von den ihr
Frau ihren Mann. Nur finden sich hier die richtigen
und Gebrechen gut bleibt. Sprechender
zu Grunde liegenden Geschehnissen, hängt das Ver¬
Worte, der Mann findet sie, und so wird die scheinbar
Seelenkunde des Dichters durch die Plastik
hältnis der Leute zu einander ab. Wer übrigens die
verlorene Sache wieder eingerenkt. Wie ausgesprochene
stellers nicht ergänzt, beziehungsweise gedech
Bedeutung des Wortes im Leben draußen kennt, wer
Hier fließen die produzierende und die repro
vielleicht Schiffbruch gelitten hat, weil er in der Stunde] Buchstaben zum Worte, so werden glücklich gewählte