II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 335



det seiner unverkennbaren Aehnlichkeit mit Bahrs
köstlichem Lustspiel „Das Konzert“ stärksten Beifall
danongetragen. — Das dritte Stück: „Das Bachus¬
fest“ wirkt stellenweise fast wie eine Groteske. Da
ist eine junge Frau, die sich von einem Dr. Guido
Wernig entführen lassen will. In der Bahnhofshalle
trifft sie mit ihrem Manne zusammen und er, ein
Wissender, doch ohne sein Wissen zu verraten, spricht
spricht und gewinnt im Nu sein Weib zurück. Er
will wie in seinem Drama „Das Bachusfest“ an
dem er schreibt, nun fromm sein und der Verirr¬
ten ihre Schuld vergeben! Freilich hat der Schrift¬
steller Staufner leichtes Spiel, denn der Rivale
Dr. Wernig sinkt in der Gegenwart des sieghaften
Dichters in ein klägliches Nichts zusammen! Was
sich aber in allen drei Stücken auf der Bühne ab¬
spielt, ist gar kein Drama, sondern, wie immer bei
Schnitzler, eine dialogisierte Novelle, in Pastellfar¬
ben, zarten leisen Tönen gemalt, und in diesen
Bildern spiegelt sich das Bild des Dichters selbst
mit seiner gütigen Weisheit und seiner weisheitsvol¬
len Güte.
Es ist wohl kaum ein Zufall, daß die moder¬
nen Dramen, die hier zur Aufführung gelangen,
neitaus am besten dargestellt wurden. Das Neue
und Ungewöhnliche, der neue Stil, reizt eben auch
die Darsteller, und das ist begreiflich, wenn man
auch bedauern muß, daß die edelsten Werke unserer
größten Dichter nicht die gleiche Hingabe finden.
Die Aufführung der „Komödie der Worte“ war
ganz überraschend gelungen und Herr Haber, der
alle drei Hauptvollen spielte, erreichte als der
Schauspieler Herbot eine Meisterschaft, vor der man
Respekt haben muß. Doch auch der Schriftsteller
Staufner war so einfach, wahr und bedeutent wie
seine Größe es verlangte, um glaubhaft zu sein.
Die erste Rolle, der Dr. Eckold, lag Herrn Haber
nicht ganz so gut, trotzdessen fehlte auch dieser Ge¬
stalt nicht inneres Leben. Die weiblichen Hauptrok¬
len wurden von Frl. Lothar gegeben, einer Schau¬
spielerin, deren starkes Können von stärkerer Intel¬
ligenz geleitet wird. Am wahrsten spielte sie die
Sofie, die Gattin des Schauspielers, die die ein¬
fache, klare Seele, deren ethischem Reinlichkeitsbe¬
dürfnis der Schmutz der Lüge verhaßt ist. Viel¬
leicht hätte die Gestalt um eine Spur weniger volks¬
tümlich= derb gehalten werden können. Vortrefflich
in der Feinheit des Ausdrucks war die Klara in
dem ersten Stücke: „Die Stunde der Erkenntnis“,
nur erschien sie wohl etwas zu jung. Die Auffas¬
sung und Wiedergabe der Agnes im 3. Stücke war
nicht ganz einleuchtend; der Ton führte über die
geistigen Qualitäten dieser jungen Frau irre, die
doch entschieden hervorragendes Verständnis und
Urteil haben muß, wenn der Schriftsteller allen
Ernstes mit ihr sein Stück beraten will. Herr Wa߬
muth führte seine Episode, Dr. Ormin, im ersten
Einakter vorzüglich, mit innerer Anteilnahme durch;
geschmackvoll, ruhig und überlegen gab Herr Grü¬
nau den Theaterdirektor Dr. Falk in der „Großen
Szene“; ausgezeichnet spielte im gleichen Stück Frl.
Marbach die junge kokette Vima Flamm. Die
beiden Rollen, die Herr Mahr an diesem Abend
zu gestalten hatte, waren glücklicherweise Erfüllung,
nicht Enttäuschung. Sein Edgar Gley war so rüh¬
rend in der Qual seines Herzens, so rührend in dem
Glück wiedergewonnenen Vertrauens, daß er stärk¬
stes Mitfühlen weckte, und prachtvoll gab Herr
Mahr auch den unbeholfenen, ein wenig bornier¬
ten Dr. Guido Wernig im „Bachusfest“. Noch einer
überraschend guten, wenn auch etwas grotesken Lei¬
stung muß gedacht werden, der scharf beobachtete
Züge aufweisenden Gestalt des Bahnhofportiers. Mit
ein Hauptverdienst an der so ungemein lebendigen,
mit glücklichstem Stilgefühl durchgeführten Wieder¬
gabe der geistreichen kleinen Dramen gebührt dem
Spielleiter Herrn Maximilian Wolff; man spürte
in dieser Inszenierung die neue Schule und die
kluge und energische Durchführung ihrer „Grund¬
sätze.
Troppauer Zeitung
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kheater, Kunst und Literatur.
„Komödie der Worte“.
Schnitzkers Stolfgebiet ist von Anfang an
###r hot seine Kunst nur
asselbe gepyrveff“
ertieft, nicht etweitert. In aben seinen Wer¬
ten ist das erotische Problem in den Mittelpunkt
jerückt, alle seine Motive handeln von der
Phusiologiel und Psychologie der Liebe. Aber
tur jelten hat der Dichter in dem bunten Rei¬
jen seiner Gestatzen den großen Herzenston ge¬
unden. Ironie und Skepsis untergraben die
Stärke und aufwärtsführende Kraft der Gefühle
und die melancholische Lebensweisheit des Dich¬
ters bringt keine Befreiung und Erhebung. Mit
kalten, scharfen Augen blickt er in das vielge¬
staltige bunte Leben. Starke, überschäumende
Kraft der Leidenschaft ist ihm fremd und des
nimmt seinen Gestalten die Größe und Tiefe —
die traoische Wirkung bleibt aus. Die Schicksale
seiner Menschen vermögen uns wohl zu rühren,
doch nicht zu erschüttern. Denn zur Tragik ge¬
hört Kampf. Echte Tragik bejaht das Leben
und wenn es selbst darin zu Grunde geht
Trotz aller Einwände gegen die dramatische
Gestaltungskraft handeit es sich bei Schnitzler
um die Werke eines echten Dichters. Die Kraft
der Empfindung, die Schärfe und Feinheit der
seelischen Beobachtung und der Humor lächeln¬
der Ueberlegenheit über die Toren der Liebe ge¬
ben seinen Schöpfungen hohen künstlerischen Wert.
Schnitzler ist der unerreichte Meister des Ein¬
okters einer Kunstgattung, die sich durch fein¬
geschlifsenen, sorgsam ziselierten Dialog mit schar¬
fen Pointen und geistreichen Apercus, weniger
durch die mangelnde dramatische Handlung aus¬
zeichnet. In den drei Stücken, die unter dem
Titel „Komödie der Worte“ zusammenge¬
fußt sind, tritt die Eigenart des Dichters in der
ironisch=spöttischen und geistreich=lustigen Lebens¬
und Liebesbetrachtung scharf zu Tage. Die sorg¬
los rosenfarbene Welt der Anatol=Szenen ist ver¬
sunken. An ihre Stelle ist ein grüblerischer Ernst
getreten, aus dem oft ein recht scharfer und bitterer
Sarkasmus hervorleuchtet. Alle drei Stücke, die
ebensoont den gemeinsamen Titel „Komödie der¬
Liebe“ führen könnten, behandeln ein und das¬
seibe Thema, die Beziehungen zwischen Mann und
Weib. Weder der Stoff, noch die Art der Be¬
handlung sind neu.
Voll bitterer, grausamer Ironie ist das erste
der drei Stücke „Die Stunde des Erkennens" Ein
Ehepaar, das des Kindes wegen zehn Jahre###
mit der Lüge neben einander lebte. Solang
wartete der Mann mit bitterem Haß im Herzen
auf die Stunde seiner Rache. Und als diese ge¬
kommen ist und er seiner Lebensgenossin den
Schimpf ins Gesicht schleudert, den diese zehn¬
jährige Gemeinschaft für sie bedeutet, scheidet das
Weib vom Manne gleichfalls mit einer Lüge,
indem sie seinen falschen Verdacht bekräftigt und
die Wonnen enthüllt, die sie in den Armen eines
Anderen gefunden. Auch das zweite Stück, „Die
große Szene“, handelt von der Lüge. Ein Komö¬
diant, dessen Eitelkeit die Grenzen der Wahrheit
und der schauspielerischen Pose in seinem Fühlen
und Handeln nicht mehr erkennen läßt, entzieht
sich der Verantwortung für begangene Schuld
durch ein meisterhaftes Lügenspiel, das ihm je¬
doch der Liebe und des Vertrauens des zu ihm
wieder zurückgekehrten Weibes zu berauben droht.
Der dritte, einer der fröhlichsten und übermütigsten
Einakzer die Schnitzler geschrieben, behandelt ein
Motiv, das sich in der Ausnützung
han