II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 342

26.1. Konoedie der Norte zyklus
Deutsches Tagblatt
Ostdeutsche Rundschau
Wien
5. 1918
Volksbühne. In Schnitzlers Einakterzyklus
„Komödie der Worte“ hat-Herr Basser¬
mann vorgestern etwas enttäuscht Er glaubte das
Raffinierte dieser drei psycholögischen Spieleroien stei¬
gern, das Künstliche überkünsteln zu sollen und er¬
reichte dadurch nur, daß er die ohnehin von Haus aus
schwach fundierte Glaubwürdigkeit der Vorgänge voll¬
kommen erschütterte. Am deutlichsten fühlte man dies
in der „Großen Szene“ in der Bassermann den be¬
rühmten Schauspieler gibt, an dessen Liebesflammen
sich die Frauenzimmer die Finger verbrennen. Diese
bedenkenlos zugreifende, moralisch unbeschwerte Leicht¬
fertigkeit des Komödiantentums verlangt einen Dar¬
steller, der im Seelischen über menschliche Wärme ver¬
fügt. Man muß spüren, daß dieser Mensch eigentlich
ein guter Kerl ist, nur seine beispiellose Willens¬
schwäche, sein ungehemmtes Begehren verstricken ihn
in immer neue ethische Verfehlungen. An Wärme man¬
gelt es nun Herrn Bassermann. Seine ganze Spiel¬
kunst ist auf den Verstand eingestellt und er hilft sich
daher mit darstellevischen Kniffen und Pfiffen, mit Fi¬
nessen und Spitzfindigkeiten über diesen Mangel hin¬
weg. Neben ihm bestand Herr Ziegler recht gut.
Auch Frau Bassermann und Fräulein Karoly
machten sich in ihren Rollen verdient. Die Bassermann¬
schwärmerei war nach dem zweiten Stück besonders
heftig. Man hat immer die Empfindung, ob diese Be¬
geisterung (sie war gerade vorgestern wenig am Platz),
nicht doch irgendwie „bestellt“ ist, da sie sich gar so
A. u.
prompt zeigt.
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114.
A 70
Humoristische Blätter. Wien
M Demuger e
Bassermann ist ein vortrefflicher
Sthauspieler und seine Gastspiele in Wien
sind immer Festtage für das Publikum.
An der Volksbühne hat der sympathische
Künstler in Schnitzlers—Kamödie der
Worte“ einen durchschlagenden Erfotg ge¬
habt.
Bassermann ist eigentlich für die
müde, dekadente Schnitzfersche- Kunst
viel zu. robüist.
Allerdings für den „Raub der Sa¬
binerinnen“ ist er wieder zu feist, und
man wundert sich, daß er nach diesem über
alle Maßen abgespielten Schwank gegriffen hat.
Wahrhaft in seinem Element ist Basser¬
mann in lbsens „Wildente“ gewesen.
Hjalmar ist nicht ein Mensch, sondern
der Mensch schlechtweg, der durchschnitt¬
liche, minderwertige Mensch, der ängstlich
bemüht ist, seine Blößen mit bunten Lappen
zu bedecken.
Man hat noch Mitterwurzers kolossale
Leistung in dieser Rolle in Erinnerung und
muß sagen, daß Bassermann dagegen
nicht verblaßt. Und vor allem ist er der
Lebende und der Lebende hat immer recht.
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