26. 1. Konnedie derMoreZykLus
2V
eoen seravengnnaden
Nr
S
onöeeres eTbrachts“ TETUNos-AussCNMIrr-Adao
BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Oeutsehe Allgemeine Zeitung
Ausschnitte aus der Morgen-
S
Abend-„Ausgabe vom:
2- MA
Der gute Komodiant.
Bassermann in den Kammer¬
spielen.
Daß wir uns über das Wort recht verstehen,
denn „Worte lügen“, so sagt der Dichter in der
ersten seiner Szenen, man muß daher doppelt
vorsichtig sein — daß wir uns ulle über das
Wort recht verstehen: ein Ke# ##nnt ist nicht
immer der Maxk mit tönenden rrrollen¬
dem R, träumgeisch verbogenen ###mitern, zierlich
gekreuzten Ve#nEin Komöt ant kann auch ein
Mann sein, dem pas Theater so tief im Wesen
sitzt, die Komödie so heftig im Blute zuct, daß er
pielen und immer spielen muß. Lieber läßt ein
solcher im Spiele sich selbst verrinnen, als daß er
aufhörte zu svielen. Es gibt Musiker, die viel
wissen und viel können und mit ruhiger Meister¬
hand ihr Werk bauen und es binstellen und
schweigen. Es gibt aber auch Musiler, aus denen
die Musik unablässig strömt, silbern und hell und
lustig, wie eine kleine, nie versiegende Quelle:
es sind die guten Musikanten. Man braucht nicht
darüber zu streiten, wer größer ist. Das Leben
ist bunt, ##s schafft viele verschiedene Geschöpfe.
und alle mögen uns gefallen, wenn nur Leben in
ihnen ist. So ist es denn auch, damit wir Loi#e
über das Wort recht verstehen, ein Ehrentitel und“
ein Ausdruck der Dankbarkeit gegen des Lebens
bunte Mannigfaltigkeit, wenn wir von einem
guten Komöd=anten prechen.
Was Albert Bassermann in Arthur
Ko¬
Schnitzlers Einakter=Zyklus „D
mödie der Worte“ gab, war großes und
bestes Komödiantentum. Das zweite der kleinen #
Kabinettstücke, „Große Szene“ benannt, wap
wirklich seine große Szene. Gleich sein erstek
Auftritt: wie er, strahlend von Lebenskraft ge¬
spannt, ganz elegantester Schauspieler der Welt,
ganz Abgott aller Frauen, zur Tür hereintritt,
seinen Theaterdirektor sofort vor den Bauch stößt
und an die Schultern pufft und dann verliebt,
schuldbewußt und im gleichen Augenblick doch auch
wieder gönnehaft seine Frau abküßt, die ihm
soeben wieder einmal einen seiner ungezählten
Fehltritte verziehen hat — sch#a in diesen kurzen
Augenblicken spürt man die ganze, mit vollen
Lungen atmende, von roten Blutkörperchen er¬
füllte Vitalität des großen Komödianten, der
spielen und immer spielen muß, weil Spiel und
Leben für ihn dasselbe ist.
Gewiß, man kann diesen Schauspieler, der die
Lügen wie Lorbeerkranze rings um sich herum auf¬
häuft, der die Wahrheit nur für eine besonders
geschickte Form der Lüge hält und sozusagen in der
Lüge noch immer am aufrichtigsten ist. auch ganz
anders spielen, und es bleibe dahingestellt, ob
Schnitzler der kluge Arzt und von der Erkenntnis
der Menschen kühl und wehmütig gewordene
Seelenforscher, sich seinen Helden wirklich so
charmant so liebenswürdig und unwiderstehlich ge¬
dacht hat. Einige kleine, anzu deutliche Mißgrisse
in das Virtnose hinüber hätte er bestimmt getadelt.
Aber ich glaube, schließlich hätte er auch für diese
sein verhaftenes, gütiges Lächeln gehabt etwa als
ob er bei sich bachte: dieser wirkliche Komödiant
##t mir mit seineremig jungen Lebenskraft so wei:
veraus, daß mein erdachter Komödiant nicht gegen
ihn auskommt!
box 32/6
ADOLF SCHUSTERMANN
ZEITUNGS-AUSSCHNITTE
Größtes deutsches Zeltungs-Ausschnitt-Baro
Berlin 5O 16, Rungeslr. 22/24
a-Hilitchswnrntusenwratuntugreumun
Mieisensunssnununstishurntetetstereshatutschtung
wä
uee
Berliner Volksblatt
Zentralorgan der Sozialdemokratiiche. Parte, Deutschlands
Morgers¬
Ausschnitt aus der
Ausgabe Nr.
M
Abend¬
vom
SZMA N24
„Komödie der Worte.“ Von allen Aufführungen, die unsere
frühe Sommersaison bis jetzt gebracht hat, ist diese (in den Kam¬
ist eine
meispielen) die charmanteste Kein Wunder:
Sbritzler=Aufführungs Die Regie führte Paul Bildi. Sie
hatte jene Gattung von „Tempo“ die man fachlich „Schmiß“ zu
nennen pflegt. Ueber Elle Mängel aber fluteten, Sünden weg¬
schwemmend, der temvekamenbolle Witz, der melancholische Humor,
die nawe Intellektuglikckt Artfür Schnitzlers. Albert Bassermann
spielte die Hauptrollen in allen drei Stücken der „Komödie der
Worte“: den pathetischen Arzt mit dem tragischen Erlebnis und den
lächerlichen Heldentums den berühmten Schauspieler mit der herz¬
gewinnenden lügenhaften Seele, den Komödtanten, der sich selbst
wundert, daß man mit ihm wie mit einem erwachsenen Menschen
spricht, den Mann mit der niederträchtigen, prachtvollen Kindlichkeit; #
und schließlich den Dichter, den ersten betrogenen Ehemann der
Heltliteratur, der nicht lächerlich wird, sondern den Liebhaber der
Frau lächerlich machen darf. Man konnte Bassermann von vielen
gewinnenden Seiten bewundern: den „Verwandlungskünstler“
sowohl, wie den verständnisvollen Verlebendiger; den geistreichen
Interpreten des Worts und den naiven Künstler, der den geist¬
reichen hirngeborenen Witz mit dem Impitls des Unterbewußten zum
sprachlichen Erlebnis gestaltet; den starken Uebertreiber, der es sich
gestatten daif, unwahrscheinlich zu sein, weil seine Unwahrschein¬
lichkeit Wahrheit in grotesker Beleuchtung ist. Neben Bassermann
war Julia Serda im ersten Stück der Komödie eine beachtens¬
werte, sympatbisch zurückhaltende Daktorsgattin. Sie hielt gewisser¬
maßen die leise vertuschende, wildeinde Hand vor jedes kluge Wort
des Dichters. Als Theaterdirektor gab im zweiten Stück Sigmund
Nunberg wohlgelungene Ironie, die einem — Wiener —
Theaterdirektor erste Natur ist. Werra John spielte einen etwas#
zu lauten, mehr berlinischen als wienerischen Backfisch mit s#m
pathischer Keckheit.
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eoen seravengnnaden
Nr
S
onöeeres eTbrachts“ TETUNos-AussCNMIrr-Adao
BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Oeutsehe Allgemeine Zeitung
Ausschnitte aus der Morgen-
S
Abend-„Ausgabe vom:
2- MA
Der gute Komodiant.
Bassermann in den Kammer¬
spielen.
Daß wir uns über das Wort recht verstehen,
denn „Worte lügen“, so sagt der Dichter in der
ersten seiner Szenen, man muß daher doppelt
vorsichtig sein — daß wir uns ulle über das
Wort recht verstehen: ein Ke# ##nnt ist nicht
immer der Maxk mit tönenden rrrollen¬
dem R, träumgeisch verbogenen ###mitern, zierlich
gekreuzten Ve#nEin Komöt ant kann auch ein
Mann sein, dem pas Theater so tief im Wesen
sitzt, die Komödie so heftig im Blute zuct, daß er
pielen und immer spielen muß. Lieber läßt ein
solcher im Spiele sich selbst verrinnen, als daß er
aufhörte zu svielen. Es gibt Musiker, die viel
wissen und viel können und mit ruhiger Meister¬
hand ihr Werk bauen und es binstellen und
schweigen. Es gibt aber auch Musiler, aus denen
die Musik unablässig strömt, silbern und hell und
lustig, wie eine kleine, nie versiegende Quelle:
es sind die guten Musikanten. Man braucht nicht
darüber zu streiten, wer größer ist. Das Leben
ist bunt, ##s schafft viele verschiedene Geschöpfe.
und alle mögen uns gefallen, wenn nur Leben in
ihnen ist. So ist es denn auch, damit wir Loi#e
über das Wort recht verstehen, ein Ehrentitel und“
ein Ausdruck der Dankbarkeit gegen des Lebens
bunte Mannigfaltigkeit, wenn wir von einem
guten Komöd=anten prechen.
Was Albert Bassermann in Arthur
Ko¬
Schnitzlers Einakter=Zyklus „D
mödie der Worte“ gab, war großes und
bestes Komödiantentum. Das zweite der kleinen #
Kabinettstücke, „Große Szene“ benannt, wap
wirklich seine große Szene. Gleich sein erstek
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spannt, ganz elegantester Schauspieler der Welt,
ganz Abgott aller Frauen, zur Tür hereintritt,
seinen Theaterdirektor sofort vor den Bauch stößt
und an die Schultern pufft und dann verliebt,
schuldbewußt und im gleichen Augenblick doch auch
wieder gönnehaft seine Frau abküßt, die ihm
soeben wieder einmal einen seiner ungezählten
Fehltritte verziehen hat — sch#a in diesen kurzen
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Lungen atmende, von roten Blutkörperchen er¬
füllte Vitalität des großen Komödianten, der
spielen und immer spielen muß, weil Spiel und
Leben für ihn dasselbe ist.
Gewiß, man kann diesen Schauspieler, der die
Lügen wie Lorbeerkranze rings um sich herum auf¬
häuft, der die Wahrheit nur für eine besonders
geschickte Form der Lüge hält und sozusagen in der
Lüge noch immer am aufrichtigsten ist. auch ganz
anders spielen, und es bleibe dahingestellt, ob
Schnitzler der kluge Arzt und von der Erkenntnis
der Menschen kühl und wehmütig gewordene
Seelenforscher, sich seinen Helden wirklich so
charmant so liebenswürdig und unwiderstehlich ge¬
dacht hat. Einige kleine, anzu deutliche Mißgrisse
in das Virtnose hinüber hätte er bestimmt getadelt.
Aber ich glaube, schließlich hätte er auch für diese
sein verhaftenes, gütiges Lächeln gehabt etwa als
ob er bei sich bachte: dieser wirkliche Komödiant
##t mir mit seineremig jungen Lebenskraft so wei:
veraus, daß mein erdachter Komödiant nicht gegen
ihn auskommt!
box 32/6
ADOLF SCHUSTERMANN
ZEITUNGS-AUSSCHNITTE
Größtes deutsches Zeltungs-Ausschnitt-Baro
Berlin 5O 16, Rungeslr. 22/24
a-Hilitchswnrntusenwratuntugreumun
Mieisensunssnununstishurntetetstereshatutschtung
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Berliner Volksblatt
Zentralorgan der Sozialdemokratiiche. Parte, Deutschlands
Morgers¬
Ausschnitt aus der
Ausgabe Nr.
M
Abend¬
vom
SZMA N24
„Komödie der Worte.“ Von allen Aufführungen, die unsere
frühe Sommersaison bis jetzt gebracht hat, ist diese (in den Kam¬
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meispielen) die charmanteste Kein Wunder:
Sbritzler=Aufführungs Die Regie führte Paul Bildi. Sie
hatte jene Gattung von „Tempo“ die man fachlich „Schmiß“ zu
nennen pflegt. Ueber Elle Mängel aber fluteten, Sünden weg¬
schwemmend, der temvekamenbolle Witz, der melancholische Humor,
die nawe Intellektuglikckt Artfür Schnitzlers. Albert Bassermann
spielte die Hauptrollen in allen drei Stücken der „Komödie der
Worte“: den pathetischen Arzt mit dem tragischen Erlebnis und den
lächerlichen Heldentums den berühmten Schauspieler mit der herz¬
gewinnenden lügenhaften Seele, den Komödtanten, der sich selbst
wundert, daß man mit ihm wie mit einem erwachsenen Menschen
spricht, den Mann mit der niederträchtigen, prachtvollen Kindlichkeit; #
und schließlich den Dichter, den ersten betrogenen Ehemann der
Heltliteratur, der nicht lächerlich wird, sondern den Liebhaber der
Frau lächerlich machen darf. Man konnte Bassermann von vielen
gewinnenden Seiten bewundern: den „Verwandlungskünstler“
sowohl, wie den verständnisvollen Verlebendiger; den geistreichen
Interpreten des Worts und den naiven Künstler, der den geist¬
reichen hirngeborenen Witz mit dem Impitls des Unterbewußten zum
sprachlichen Erlebnis gestaltet; den starken Uebertreiber, der es sich
gestatten daif, unwahrscheinlich zu sein, weil seine Unwahrschein¬
lichkeit Wahrheit in grotesker Beleuchtung ist. Neben Bassermann
war Julia Serda im ersten Stück der Komödie eine beachtens¬
werte, sympatbisch zurückhaltende Daktorsgattin. Sie hielt gewisser¬
maßen die leise vertuschende, wildeinde Hand vor jedes kluge Wort
des Dichters. Als Theaterdirektor gab im zweiten Stück Sigmund
Nunberg wohlgelungene Ironie, die einem — Wiener —
Theaterdirektor erste Natur ist. Werra John spielte einen etwas#
zu lauten, mehr berlinischen als wienerischen Backfisch mit s#m
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