26. 1. Konoedie der Worte- Zuklus bos 32/7
Neues Wiener Extrablatt
Talmikultur und Bizeps, für zweite Preise
Der Jazzkönig lernt Golf
wie geschaffen, und wenn Hans Schlie߬
mann noch lebte, wert, von diesem gezeich¬
W0
net zu werden. Bassermann spielt hier eine
910
mehr passive Rolle. Es ist eher eine Komö¬
die des Ellbogens, als der Worte, und den
200
1
Ellbogen gebracht Bassermann so wirksam,
25
als hätte er nie mit etwas anderem ge¬
arbeitet.
Echt Schnitzlerisch ist hier übrigens eine
Liebeserklärung, die mit den Worten be¬
ginnt: „Ich hasse dich.“ Damals, als das
„süße Mädel“ gerade zur Welt kam, hat man
diese Entdeckung der nahen Verwandtschaft
zwischen Haß und Liebe als große Errun¬
genschaft angesehen. Die Psychoanalyse lag
noch in ihren schmutzigen Windeln, die mit
verdrängten Komplexen voll waren. Die
blaue Blume der romantischen Liebe ver¬
wandelte sich in Dornen ohne Rosen. Das
haben wir alles glücklich überwunden.
Heute sagt man schon wieder ganz kerzen¬
gerade „ich liebe dich“ auch wenn es nicht
wahr ist, und ganz besonders dann. Als
Schnitzler seine „Komödie der Worte“
schrieb, wußte man noch nichts von der
„vollkommenen Ehe“ und die unvollkom¬
mene Ehe, die Liebelei mit dem Flugerl,
Paul Whiteman und seine Solisten, die ja sicher glänzende Musiker
stand in hohem Ansehen. Jetzt gibt es Lehr¬
sind, sich aber zum Golf zumindest merkwürdig anstellen
bücher der Ehe mit Index, Glossar und An¬
merkungen.
Jetzt lesen Heldin und auch Helde
Bassermanns „Komödie
den guten, alten Van der Velde.
Was drinn nicht steht und nirgendwo,
der Worte
macht man auf eig'nes Risiko...
Von Hans Liebstoecht
Rudolf Kronegger
MA
Albert Bassermann spielt jetzt am Deut¬
konnte. Mit wem immer sie diesen Mann
schen Volkstheater in Schnitzlers „Komödie
betrogen hat, der Ehebruch geschah zurecht!
der Worte“ drei Menschen aus vergangener
Im zweiten Einakter kommt erst die
Zeit: zunächst einen Arzt, der einen ver¬
wirkliche Komödie der Worte dran, denn
meintlichen Ehebruch durch 10 Jahre in
seinem Innern verkapselt und für den Tag
Worte selbst. Es handelt sich um den be¬
der Rache aufhebt. Zwar hat ihn die Frau
rühmten Herrn Hofschauspieler Basser¬
mann. Der lebt sein Ich in jede Rolle stracks
nicht mit dem Kollegen betrogen, auf den
damals sein Verdacht fiel, sondern mit
hinein und spielt sie, ganz so, als ob sie ihm
einem andern, aber das tut ja bei Schnitz¬
vom Leben selbst zugeteilt wäre. Es ist ein
Virtuose auf der Lüge, eine Nummer in
ler nichts zur Sache. Ehebruch bleibt Ehe¬
seinem Fach, auf dem Seil der Worte, ein
bruch, und die Frau bemüht sich auch gar
graziöser Jongleur, der die schwersten Ge¬
nicht, den Fall selbst richtigzustellen. Sie
genstände, wie zum Beispiel die mensch¬
geht aus dem Hause und läßt den Gatten
allein, der nur darauf gewartet hat, das
lichen Tugenden, frei auf Kinn, Nase oder
die Tochter ausheirate, um ihr die Mutter
Stirn balancieren läßt. Da sieht man ein¬
nachzuschicken. In dieser Rolle spielt Basser¬
mal den fröhlichen, den stürmischen Basser¬
mann einen echt österreichischen Menschen.
mann, der die eigene Frau (und sie ist es
Auch Oesterreicher haben ihren Spleen,
natürlich wieder) ans Herz drückt wie eine
aber der verhält sich zum englischen unge¬
richtige Geliebte. Niemals war dieser große
fähr wie der österreichische Schilling zum
Künstler drolliger, als in dieser Type. Nach
großbritannischen. Es ist ein billiger Spleen,
der großen Arie, in der der Mann, den
ein Schigan ohne Nebel und Kautabak:
Bassermann betrogen hat, nur eine dürftige
E
Neues Wiener Extrablatt
Talmikultur und Bizeps, für zweite Preise
Der Jazzkönig lernt Golf
wie geschaffen, und wenn Hans Schlie߬
mann noch lebte, wert, von diesem gezeich¬
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net zu werden. Bassermann spielt hier eine
910
mehr passive Rolle. Es ist eher eine Komö¬
die des Ellbogens, als der Worte, und den
200
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Ellbogen gebracht Bassermann so wirksam,
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als hätte er nie mit etwas anderem ge¬
arbeitet.
Echt Schnitzlerisch ist hier übrigens eine
Liebeserklärung, die mit den Worten be¬
ginnt: „Ich hasse dich.“ Damals, als das
„süße Mädel“ gerade zur Welt kam, hat man
diese Entdeckung der nahen Verwandtschaft
zwischen Haß und Liebe als große Errun¬
genschaft angesehen. Die Psychoanalyse lag
noch in ihren schmutzigen Windeln, die mit
verdrängten Komplexen voll waren. Die
blaue Blume der romantischen Liebe ver¬
wandelte sich in Dornen ohne Rosen. Das
haben wir alles glücklich überwunden.
Heute sagt man schon wieder ganz kerzen¬
gerade „ich liebe dich“ auch wenn es nicht
wahr ist, und ganz besonders dann. Als
Schnitzler seine „Komödie der Worte“
schrieb, wußte man noch nichts von der
„vollkommenen Ehe“ und die unvollkom¬
mene Ehe, die Liebelei mit dem Flugerl,
Paul Whiteman und seine Solisten, die ja sicher glänzende Musiker
stand in hohem Ansehen. Jetzt gibt es Lehr¬
sind, sich aber zum Golf zumindest merkwürdig anstellen
bücher der Ehe mit Index, Glossar und An¬
merkungen.
Jetzt lesen Heldin und auch Helde
Bassermanns „Komödie
den guten, alten Van der Velde.
Was drinn nicht steht und nirgendwo,
der Worte
macht man auf eig'nes Risiko...
Von Hans Liebstoecht
Rudolf Kronegger
MA
Albert Bassermann spielt jetzt am Deut¬
konnte. Mit wem immer sie diesen Mann
schen Volkstheater in Schnitzlers „Komödie
betrogen hat, der Ehebruch geschah zurecht!
der Worte“ drei Menschen aus vergangener
Im zweiten Einakter kommt erst die
Zeit: zunächst einen Arzt, der einen ver¬
wirkliche Komödie der Worte dran, denn
meintlichen Ehebruch durch 10 Jahre in
seinem Innern verkapselt und für den Tag
Worte selbst. Es handelt sich um den be¬
der Rache aufhebt. Zwar hat ihn die Frau
rühmten Herrn Hofschauspieler Basser¬
mann. Der lebt sein Ich in jede Rolle stracks
nicht mit dem Kollegen betrogen, auf den
damals sein Verdacht fiel, sondern mit
hinein und spielt sie, ganz so, als ob sie ihm
einem andern, aber das tut ja bei Schnitz¬
vom Leben selbst zugeteilt wäre. Es ist ein
Virtuose auf der Lüge, eine Nummer in
ler nichts zur Sache. Ehebruch bleibt Ehe¬
seinem Fach, auf dem Seil der Worte, ein
bruch, und die Frau bemüht sich auch gar
graziöser Jongleur, der die schwersten Ge¬
nicht, den Fall selbst richtigzustellen. Sie
genstände, wie zum Beispiel die mensch¬
geht aus dem Hause und läßt den Gatten
allein, der nur darauf gewartet hat, das
lichen Tugenden, frei auf Kinn, Nase oder
die Tochter ausheirate, um ihr die Mutter
Stirn balancieren läßt. Da sieht man ein¬
nachzuschicken. In dieser Rolle spielt Basser¬
mal den fröhlichen, den stürmischen Basser¬
mann einen echt österreichischen Menschen.
mann, der die eigene Frau (und sie ist es
Auch Oesterreicher haben ihren Spleen,
natürlich wieder) ans Herz drückt wie eine
aber der verhält sich zum englischen unge¬
richtige Geliebte. Niemals war dieser große
fähr wie der österreichische Schilling zum
Künstler drolliger, als in dieser Type. Nach
großbritannischen. Es ist ein billiger Spleen,
der großen Arie, in der der Mann, den
ein Schigan ohne Nebel und Kautabak:
Bassermann betrogen hat, nur eine dürftige
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