II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 480


ihm beson. —.
nre auf ders zutagende Rolle des funfundnietgigjährigen Schnin¬
Werben versagt
spielers Konrad Herbot, dessen dunkler Krauskopf schon
sammlung“ habe etwas grou meliert ist, geradezu hineingewühlt. (Er wor
stille Klara die
auch als Dr. Eckold unübertrefflich, während Frau Bleib¬
en sei, dem sie
treu als Klara nicht so überzeugte, wie sonst.) Dem echten
des Erkennens“
Komödianten, der Herbot ist, laufen in seinem Leben ohne
Ehepaar Eckold.
Unterlaß aufrichtige Gefühle und Komödiantereien durch¬
Tochter gewar¬
einander, und in „Komödien der Worte“ ist er der größte
weil er Indi¬
Meister. Seine Frau, die ihn innig liebt, hat ihm schon
Aber er ist ganz
manches Liebesverhältnis nachgesehen. Auch daß er im
liebling Ormin
Sommeraufenthalt einem jungen Freund der Familie die
Flöding ihren
Braut verführt hat, wollte sie, obwohl sie ihn in der ersten
Ehefrau ein
Erbitterung für einige Wochen verläßt, eben verzeihen. Da
hat, alles abzu¬
kommt zu den kaum Wiederversöhnten der Bräutigam. Die
der „Komödie
Frau läßt ihren Gatten mit dem jungen Mann allein und
verhältnis zu
gibt ihm — zum letzten Mal — die Erlaubnis zu lügen.
g erinnert sie
Sie hört aber heimlich hinter einer Vorhangtür zu, und
die Tat längst die unglaubliche lgenhaftigkeit, mit der sich „der alte
ihr auf einer
Herbot“ nach einer mit der netten Braut schon früher ge¬
r Leidenschaft
troffenen Vereinbarung rein wäscht und den betrogenen
es sei nur eine
Jüngling als seinen wärmen Verehrer entläßt, ekelt die
gewesen: er
Frau Herbots so an, daß sie auf der Stelle für immer ab¬
Indere bezahlte
zureisen beschließt. Sic läßt sich aber, als Herbot schon als
hmpfes schlägt
Hamlet kostümiert und nur den überzieher umgeworfen
ßt das Haus,
aus der gleich gegenüberliegenden Theatergarderobe kommt,
ds seine Frau
vor ihr auf die Knie sinkt und erklärt, er werde heute
alitäten einer
trotz Anwesenheit des Kronprinzenpaares und nie wie¬
m ist er fort,
der eine Bühne betreten, wenn seine Sophie nicht in der
thört man im
Loge säße, im Triumph mitfortführen. Es ist das Pracht¬
Schreibtisch,
volle an diesem Einakter, daß Herbots Charakter vom ersten
Worte lügen.
bis zum letzten Wort so einheitlich festgehalten wird, daß
Frau Klara
er immer eine Mischung von einem Teil Wahrheit und
damit an,
einem Teil Lüge ist. Nach der großen Auseinandersetzung
ge mit dem
mit dem Bräutigam empfindet er es als das Feinste, daß
il sie später
er im Verlauf der Aussprache zuletzt fast selbst schon ge¬
glaubt habe, er hätte jenes Fräulein nie verführt..
er drei Ein=] So ist auch seinem Hamletstrotz eine kleine Mischung von
„Komödie der Worte“ von wahrhafter Liebe beigemischt.
Der Theaterdirektor Falk, auch eine Figur, die Schnitzler
über die Maßen gut gelungen ist, vermag nichts dagegen
einzuwenden, als Sophie die völlige Amoralität Herbots,
daß für ihn Liebe, Betrug und Mord in Wirklichkeit nicht
schwerer wiege, als in irgend einer seiner Rollen, daß er,
wenn sie sich zum Fenster hinabstürzte, für ihn nur einen
wirksamen Aktschluß abgeben würde, feststellt.
Der letzte Einakter verbindet ein Stückchen griechischer
Mythologie mit unmittelbarster Gegenwart. Wie die Grie¬
chen im „Bacchusfest“ eine Nacht lang allen Menschen
völlige erotische Freiheit schenkten, unter der Bedirgung,
daß am nächsten Tage keiner von dem Gefährten der Nacht!
etwus wissen dürfe, so verzeiht der Schriftsteller Felix
Staufner, auch ein Mann nahe den Fünfzigern, seiner klu¬
gen jungen Frau Agnes, daß sie mit einem jungen Doktor
der Chemie in sechs Sommerwochen schwach geworden ist,
während auch er, zur Vollendung eines Schauspiels in die
Einsamkeit gezogen, ein wenig von der Süßigkeit der
Abwechslung gekostet hat. Die Szene spielt in einer Bahn¬
hofshalle, wo Agnes und der junge Chemiker den gereifte¬
ren Mann und bedeutenden Schriftsteller zum letzten Ab¬
schied erwarten. Die souveräne Überlegenheit dieses Dichters
bringt es zustande, daß der etwas schüchterne junge Che¬
miker ebenso, wie Frau Agnes, gar nicht zu Wort kommen
können, daß der Schriftsteller als Sieger auf der Walstatt
des Bahnhofes mit seiner wiedergewonnenen jungen Frau
allein bleibt und daß der junge Chemiker nach einer ganz
andern Richtung abreist, als er ursprünglich reisen wollte!
Weder Frau Medelsky als Gattin des Schauspielers
Herbot, noch Fiäulein Wohlgemuth als Bacchusdame
zwischen zwei Männern entsprachen den an sie zu stellenden
Anforderungen. Frau Medelsky war zu schwach und undeut¬
lich, Fräulein Wohlgemuth sprach, so elegant ihre Reise¬
toilette auch war. so schlecht wie gewöhnlich. Überaus gut
war Tiedtke in der dankbaren Rolle des Theaterdirek¬
tors, überons freundlich das dem Dichter Schnitzler seit
langem wohlgesinnte Publikum, das sich besonders freute,
den Dichter nach längerer Pause wieder mit neuen drama¬
tischen Arbeiten auf der Bühne zu begrüßen.
Dr. v. Wymetal.
Husschnitt aus WIENER CARICATUREN
440K1.1915
vom:
THEATER.
Artur Schnitzler ist-mit—eemt
ein Liebling des Theaterpublikums geworden,
denn er hat immer etwas zu sagen und tuf
dies so graziös und geschmackvoll, daß
man in ihm den besten Ausdruck des
Wienertums finden kann.
Allerdings kommen manchmal auch die
Schattenseiten des Wienertums zum Vor¬
Ischein, besonders des Ringstraßen-Wiener¬
Itums, welches oft gar zu geistreich,
(gar zu weichlich, gar zu oberfläch¬
lich ist.
Die „Komödie der Worter, der
Schnitzlersche Einakterzyklus, welcher
uns jüngst im Burgtheater vorgeführt
worden ist, zeigt eine bedenkliche Er¬
mattung des Schnitzlerschen Schaffens.
Außerst widerwärtige erotische Kon¬
flikte werden da sehr umständlich erörtert
und einer sehr verschnörkelten Lösung
zugeführt.
Das Beste an dem Stück war die eine
Rolle des eitlen Komödianten und Weiber¬
helden, die von Herrn Walden virtuos
durchgeführt wurde.
Schnitzler wird die Scharte hoffent¬
lich bald auswetzen. Allerdings ist auch
das Kriegsklima seinen zarten,, weichen
Schöpfungen nicht günstig.