II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 481

26. 1. Konoedie der NorteZuklus bos 32/9
Ansschm“ aus: Die Bombe, Wienl.
A4 0KT 1915
vom:
„Kômödie der Worte.“
ArturSchnitzler ist auf einer derartigen¬
Höht der Geltung und des Verehrtsein, daß
er gelegentlich einmal eine herbe Wahrheit hören
kann. Und so sei ihm denn gesagt, daß sein
Einakterzyklus „Komödie der Worte“ sehr
befremdend gewirkt hat.
Dieses Wühlen in komplizierten Ehebrüchen
diese halsbrecherische Togik des Lasters, diese un¬
sympathische Behandlung unsympathischerFiguren
hat, gleich in der Dreizahl vollzogen, das Pub¬
likum tief verstimmt.
Ganz abgesehen davon, daß in der gegen¬
wärtigen Epoche die rein erotischen wortspieleri¬
schen Produkte kaum ein Echo wecken können.
Wir sind nicht so reich an wertvollen, echten
Dichtern, als daß wir nicht einen Artur Schnitzler
gern vor Mißgriffen hüten wollten.
Aber es ist eben eine Gemeinde von blinden
Anbetern um ihn, die zum Teil aus gewissen
politischen Gründen Schnitzler wie eine Art
Abgott behandeln.
Nun, er ist ein großes, aber dabei sehr be¬
grenztes Talent. Im Grunde hat er nur einen Ton
auf seiner Leier: Die Liebelei, d. h. die ober¬
flächliche Erotik des Ringstraßenmenschen, der
über seine eigenen Gefühle mit der, einem ge¬
wissen Volke zugehörigen Grübelsucht nach¬
denkt, sie einerseits wegspotten möchte, ihnen
aber andrerseits in schwächlicher Weise erliegt.
Anders schildert ein Kleist, ein Hebbel
Weib und Liebe, anders der Ringstraßenmensch
Schnitzler. Dauer wird seinen Bühnenwerken
kaum zuzusprechen sein, aber Mode, intensive
Mode wird er noch einige Zeit vorstellen — doch
muß er schon sehr vorsichtig sein. In den letzten
Produkten ist schon zuviel „Dreh“, so daß selbst
die gewiegtesten Mitglieder der Schnitzler¬
Kultusgemeinde nicht mehr mitgehen mochten.
Der A. liebt die B., sagt aber der C., daß
er mit der D. ein Verhältnis habe, um die E. da¬
zuzubringen, den F. aufzugeben.
Der „Dreh“ muß eine Grenze haben.—