Nr. 44. 30. Oktober 1915.
Allgemeine Rundschau.
Seite 810.
der Straußschen „Salome“ entdeckt, sie ist ihm eine „Märtyrerin
Seelenleben eines engen Kreises fauliger Großstadtmenschen
im Glanze höchster, schwebender Töne von deutscher Dramatik und
einen gar zu breiten Raum auf der deutschen Bühne eingenommen und
Aufopferung befessen“. Freilich ganz anders spricht Dr. Frz. Bach¬
andere für die Gesamtheit viel wichtigere gesellschaftliche Probleme
mann in einer nachdenklichen Broschüre: „Der Krieg und die deutsche
zurückgedrängt haben. Ein gewisses Mißbehagen rief Schnitzlers Art
Musik“; für ihn ist das Entstehen der musikalischen Erotik und deren
auch früher schon zuweilen hervor, das in Limonade verrührte
Umwandlung in blanken Sexualismus ein Zeichen des Nieder¬
Laster, das weichliche Ineinandermalen von skrupel¬
ganges.
loser Sinnengier und müder Empfindsamkeit, von neu¬
Warum duldet die deutsche Frau diese künstlerischen
rasthenischer Brutalität und welker Grazie blasierter
Schmähungen ihres Geschlechtes? Die hier maßgebende Oberschicht,
Schwächlinge; es stieg da ein Duft auf wie von zart parfümierter,
ein unappetitlicher
die wir besser Luxusschicht nennen mögen, hat viel zu lange gehört,
uder nicht mehr ganz sauberer Spitzenwäsche —
daß das alles zu geistiger „Freiheit“, Voraussetzungslosigkeit und frei¬
Vergleich, der stehen bleiben mag, weil die Ueber=Kreuz=Liebelei dem
geistiger Kultur gehöre, als daß sie so schnell radikal umlernen könnte
natürlichen Empfinden manchmal beinahe unappetitlich war. Schnitzlers
und wollte. So viel Großes an Aufopferungsfähigkeit die deutsche
große Vorzüge, seine feine Seelenschilderung, seine österreichisch weiche
Frau auch in diesem Kriege leistet und geleistet hat, es fehlt nicht eine
Liebenswürdigkeit, seine geistreich bewegte, elegische Anmut, treten in
Luxusschicht, die ihre Moden= und Aesthetenträume fortspinnt, soweit
dem neuen Werk nicht so bestrickend hervor, wie in seinen besten
die rauhe Hand des Schicksals nicht in ihren eigenen Kreis gegriffen hat.
Dramen.“
Aber dieses „Publikum“ braucht nicht das ausschlag¬
„Die Theaterleiter Berlins (so schreibt „Die Tat“, Heft 7 vom
gebende zu sein, die Theater haben die Möglichkeit dies zu ändern.
Ausnahmen und die Vertriebsstellen kennen ihre
Oktober) mit 3, 4
Wir sehen fast überall, daß die Zeit, die das Leben teuer und die
nationale Pflicht nicht, spurlos scheint selbst der Krieg an ihnen
Kunst billig machte, Leuten den Bühnenbesuch ermöglicht, denen er
vorüberzugehen. Wie kommt es, daß das Publikum sich so etwas bieten
sonst verschlossen war. Viele Hunderte haben heuer im Münchener
läßt? Weil die Methoden der Irreführung und Verdummung genau
Prinzregententheater den „Parsifal“ gesehen, die seit dem Be¬
so dreist, wie in Friedenszeit“. Und nun schildert das Blatt, wie
stehen dieser Festbühne sich nur vor dem Tore hatten aufstellen können,
„Schlager“ durch reichliche Freibillettspenden „gemacht“ werden. Steht
um die feinen Herrschaften aussteigen zu sehen. Klassikervorstel¬
ein Stück wochenlang an den Anschlagsäulen, dann beginnen die Leute
lungen haben vielerorts volle Häuser gemacht, wo nur immer man
hinzulaufen; auch die Theaterleitungen der „Provinz“ erwerben nun
Goethe und Schiller so viel Sorgfalt angedeihen ließ, wie Schnitzler
das Aufführungsrecht und das Geschäft ist gemacht. Der „Merker“.
oder Schönherr, die sich noch persönlich beschweren können. Wenn
ein Wiener Theaterblatt, glaubt den guten Besuch der Wiener
auch die Hofbühnen die, wie auch der „Türmer“ meint, „günstigen
Bühnen bei geringwertigem Spielplan durch die Anwesenheit vieler
Verhältnisse“ nicht ausnützen, so scheint mir zu einem Teil wenigstens
geflüchteten Galizier erklären zu können, die reiche Mittel besitzen und
hier die Schuld in Schauspielern zu liegen, die zugleich
nur auf allerleichteste Unterhaltung eingestellt seien. Die Erklärung
„Regisseure“ sind. Der Schauspieler liest eine Rolle, die ihm
erscheint uns etwas gezwungen, aber es kommt uns darauf an zu
liegt, er wird von ihr gefangen genommen. Je mehr er urwüchsiges
zeigen, daß auch in Wien Bedauern über das Versagen der Bühne
Talent, desto weniger ist er kritisch angelegt, „denkender Künstler“ wie
herrscht.
man sagt. Sitzt er im Regiekollegium, so wird er alles daran setzen,
Wie es möglich ist, daß gerade in unserer Zeit eine Strind¬
das Stück durchzusetzen. Und hierbei wird eben öfters nachgegeben,
bergmode ihren Gipfelpunkt erreicht, ist eine Frage, die uns heuer
„um des lieben Friedens willen.“ Außerdem liegt diesen großen
schon mehrfach beschäftigt hat. Die Berliner Kritik, welche sonst
Künstlern meist das „Klassische“ nicht. Andere, die im klassischen be¬
meist geneigt ist, jede nicht ausschließlich ästhetische Behandlung von
deutendes leisten, müssen heute darauf verzichten, daß der Telegraph
Kunstangelegenheiten als „Barbarei“ zu empfinden, nimmt die großen
ihren Ruhm in alle Welt verkündet, es sei denn, sie wären bei Reinhardt
Erfolge, die Strindbergs „Vater“ neuerdings fand, zum Anlaß von
in Berlin. Die Presse fehlt hierbei auch viel. Ein solcher Künstler
Betrachtungen dieser Art. (Der „Vater“ ist, wie wir erinnern wollen, die
im Schatten ist z. B. auch der Münchener Hofschauspieler Jacobi.
dramatische Martergeschichte des Mannes, den die hysterische Herrsch¬
Wen überragt er nicht an Können? Ich brauche nicht deutlicher zu werden.
und Triumphgier des Weibes ausbeutet, entehrt und in die Zwangs¬
Wer die Personalien kennt, versteht mich, und für die anderen ist's
jacke hineinhetzt.) Da schreibt die „Voss. Zig.“: „Es scheint mir frag¬
ohne Interesse.
lich, ob die Vorliebe für Strindberg, die im Kern berechtigt ist und
Zum Schlusse seien die Bühnenleiter an ihr eigenes amtliches
Bedeutendes neu aufleben läßt, nicht an die Grenze gefährlicher
Organ erinnert. „Die deutsche Bühne“ sagt, Theaterspielen sei heute
Einseitigkeit gelangt, wenn sie gerade jene Werke des Dichters be¬
nicht ein Werben um flache Gunst des Publikums, kein Umbuhlen der
vorzugt, in denen das Genie dem Pathologischen, wovon es selbst
Masse, sondern Arbeit am Volke. Nicht die Gegenwart sei unser¬“
tief berührt war, den Reiz des Typischen zu geben versuchte. Sicher
Gesichts= und Zielpunkt, sondern die Zukunft. Es gilt „die Erhaltung
sind die kunstvollen und doch nicht künstlerisch reinen pessimistischen
eines gesunden, starken Volkstums, eine Kunst, die tief in der Seelg des
Studien nicht dem Bedürfnis einer Zeit angepaßt, die zwar den Blick
Volkes wurzelt, um ein Theater, das dem Vohke die rechte
für alle heroischen Leiden und Opfer schärft, aber die Geister doch aus
Weihe der Kraft gibt.“
aller schmerzlichen Erregung zu hellem sieghaftem Idealismus empor¬
trägt.“
Und gleichzeitig aus Anlaß der nämlichen Strindbergaufführung
EESBBSBSSSSSSSSSSPPSPSEA
nimmt der Korrespondent der „Frankf. Ztg.“ das gleiche Thema auf:
„Woher in dieser Zeit des Krieges und der Erwartungen auf eine neue
Kunst der jungen Kraft, des selbstgewissen Pathos (so lese ich überall)
die Zuneigung der Bühnen und des Puhlikums zu Strindberg, zu seiner
Ueberkraft aus Schwäche, ja, zu dem marterndsten seiner Dramen „Der
Vater“? Wie erträgt man heute, da die Söhne draußen stehen, diesen
rein animalischen Begriff von Vaterschaft? Es ist vielleicht noch nicht
Zeit sich einzugestehen, daß die Hoffnung auf die neue Kunst bislang
Hoffnung geblieben ist; aber es ist Zeit, sich darüber klar zu werden,
daß auch das Neue immer organisch erwächst. Es ist nicht wahr,
man könne an früher Dagewesenes anknüpfen in der Kunst. Nur aus
dem Heut erwächst das Morgen. Das Heute vor dem Kriege aber war
Strindberg in seiner Ueberkraft aus Schwäche — und ein Publikum
mit vorwiegend artistischen und psychologischen Interessen. Der Krieg
kam — und was trat ein? Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich
sage, daß das Publikum, das in dieser Kriegszeit die Theater der großen
Städte füllt, eine soziale Oberschicht darstellt, die den Krieg ver¬
hältnismäßig wenig spürt. Ihn auch innerlich nicht im
Sinne der Mitarbeitenden mitlebt. Eine Oberschicht, die ihre
— viel¬
Daseins= und Empfindensfäden weiterspinnt. Und der damit
leicht — eine Aufgabe zufällt: künstlerisch das festzuhalten, was vor
dem Kriege galt; die Tradition zu wahren; ein Neues insofern zu er¬
möglichen, als das Neue nur in Fortbildung des zuletzt Gewesenen
erstehen kann. Vergleichsweise zu sprechen: auch junge Kunst wird aus
ihrer Mutter, nicht aus ihrer Großmutter geboren.“
Die in dem Schlußsatz ausgesprochene Hypothese stehe bahin.
Wer ist heute im Kriege der ausschlaggebende Teil des Publikume?
Zweifellos die Frau. Und so läßt sich leicht die Frage aufwerfen,
warum gerade sie eine Schmähung des Weibes duldet,
ja fördert, denn eine Schmähung der weiblichen Natur
ist diese ganie Dichterei von Strindberg bis Wedekind herab, all die
weiblichen Vampirgestalten. Hierzu gehören Dichter, wie Dülberg,
der sein „Korallenkettlin“ sogar kerndeutsch nennt. Was ist heute
nicht alles deutsch? Dr. O. Bie hat jetzt sogar die deutsche Eigenart
Allgemeine Rundschau.
Seite 810.
der Straußschen „Salome“ entdeckt, sie ist ihm eine „Märtyrerin
Seelenleben eines engen Kreises fauliger Großstadtmenschen
im Glanze höchster, schwebender Töne von deutscher Dramatik und
einen gar zu breiten Raum auf der deutschen Bühne eingenommen und
Aufopferung befessen“. Freilich ganz anders spricht Dr. Frz. Bach¬
andere für die Gesamtheit viel wichtigere gesellschaftliche Probleme
mann in einer nachdenklichen Broschüre: „Der Krieg und die deutsche
zurückgedrängt haben. Ein gewisses Mißbehagen rief Schnitzlers Art
Musik“; für ihn ist das Entstehen der musikalischen Erotik und deren
auch früher schon zuweilen hervor, das in Limonade verrührte
Umwandlung in blanken Sexualismus ein Zeichen des Nieder¬
Laster, das weichliche Ineinandermalen von skrupel¬
ganges.
loser Sinnengier und müder Empfindsamkeit, von neu¬
Warum duldet die deutsche Frau diese künstlerischen
rasthenischer Brutalität und welker Grazie blasierter
Schmähungen ihres Geschlechtes? Die hier maßgebende Oberschicht,
Schwächlinge; es stieg da ein Duft auf wie von zart parfümierter,
ein unappetitlicher
die wir besser Luxusschicht nennen mögen, hat viel zu lange gehört,
uder nicht mehr ganz sauberer Spitzenwäsche —
daß das alles zu geistiger „Freiheit“, Voraussetzungslosigkeit und frei¬
Vergleich, der stehen bleiben mag, weil die Ueber=Kreuz=Liebelei dem
geistiger Kultur gehöre, als daß sie so schnell radikal umlernen könnte
natürlichen Empfinden manchmal beinahe unappetitlich war. Schnitzlers
und wollte. So viel Großes an Aufopferungsfähigkeit die deutsche
große Vorzüge, seine feine Seelenschilderung, seine österreichisch weiche
Frau auch in diesem Kriege leistet und geleistet hat, es fehlt nicht eine
Liebenswürdigkeit, seine geistreich bewegte, elegische Anmut, treten in
Luxusschicht, die ihre Moden= und Aesthetenträume fortspinnt, soweit
dem neuen Werk nicht so bestrickend hervor, wie in seinen besten
die rauhe Hand des Schicksals nicht in ihren eigenen Kreis gegriffen hat.
Dramen.“
Aber dieses „Publikum“ braucht nicht das ausschlag¬
„Die Theaterleiter Berlins (so schreibt „Die Tat“, Heft 7 vom
gebende zu sein, die Theater haben die Möglichkeit dies zu ändern.
Ausnahmen und die Vertriebsstellen kennen ihre
Oktober) mit 3, 4
Wir sehen fast überall, daß die Zeit, die das Leben teuer und die
nationale Pflicht nicht, spurlos scheint selbst der Krieg an ihnen
Kunst billig machte, Leuten den Bühnenbesuch ermöglicht, denen er
vorüberzugehen. Wie kommt es, daß das Publikum sich so etwas bieten
sonst verschlossen war. Viele Hunderte haben heuer im Münchener
läßt? Weil die Methoden der Irreführung und Verdummung genau
Prinzregententheater den „Parsifal“ gesehen, die seit dem Be¬
so dreist, wie in Friedenszeit“. Und nun schildert das Blatt, wie
stehen dieser Festbühne sich nur vor dem Tore hatten aufstellen können,
„Schlager“ durch reichliche Freibillettspenden „gemacht“ werden. Steht
um die feinen Herrschaften aussteigen zu sehen. Klassikervorstel¬
ein Stück wochenlang an den Anschlagsäulen, dann beginnen die Leute
lungen haben vielerorts volle Häuser gemacht, wo nur immer man
hinzulaufen; auch die Theaterleitungen der „Provinz“ erwerben nun
Goethe und Schiller so viel Sorgfalt angedeihen ließ, wie Schnitzler
das Aufführungsrecht und das Geschäft ist gemacht. Der „Merker“.
oder Schönherr, die sich noch persönlich beschweren können. Wenn
ein Wiener Theaterblatt, glaubt den guten Besuch der Wiener
auch die Hofbühnen die, wie auch der „Türmer“ meint, „günstigen
Bühnen bei geringwertigem Spielplan durch die Anwesenheit vieler
Verhältnisse“ nicht ausnützen, so scheint mir zu einem Teil wenigstens
geflüchteten Galizier erklären zu können, die reiche Mittel besitzen und
hier die Schuld in Schauspielern zu liegen, die zugleich
nur auf allerleichteste Unterhaltung eingestellt seien. Die Erklärung
„Regisseure“ sind. Der Schauspieler liest eine Rolle, die ihm
erscheint uns etwas gezwungen, aber es kommt uns darauf an zu
liegt, er wird von ihr gefangen genommen. Je mehr er urwüchsiges
zeigen, daß auch in Wien Bedauern über das Versagen der Bühne
Talent, desto weniger ist er kritisch angelegt, „denkender Künstler“ wie
herrscht.
man sagt. Sitzt er im Regiekollegium, so wird er alles daran setzen,
Wie es möglich ist, daß gerade in unserer Zeit eine Strind¬
das Stück durchzusetzen. Und hierbei wird eben öfters nachgegeben,
bergmode ihren Gipfelpunkt erreicht, ist eine Frage, die uns heuer
„um des lieben Friedens willen.“ Außerdem liegt diesen großen
schon mehrfach beschäftigt hat. Die Berliner Kritik, welche sonst
Künstlern meist das „Klassische“ nicht. Andere, die im klassischen be¬
meist geneigt ist, jede nicht ausschließlich ästhetische Behandlung von
deutendes leisten, müssen heute darauf verzichten, daß der Telegraph
Kunstangelegenheiten als „Barbarei“ zu empfinden, nimmt die großen
ihren Ruhm in alle Welt verkündet, es sei denn, sie wären bei Reinhardt
Erfolge, die Strindbergs „Vater“ neuerdings fand, zum Anlaß von
in Berlin. Die Presse fehlt hierbei auch viel. Ein solcher Künstler
Betrachtungen dieser Art. (Der „Vater“ ist, wie wir erinnern wollen, die
im Schatten ist z. B. auch der Münchener Hofschauspieler Jacobi.
dramatische Martergeschichte des Mannes, den die hysterische Herrsch¬
Wen überragt er nicht an Können? Ich brauche nicht deutlicher zu werden.
und Triumphgier des Weibes ausbeutet, entehrt und in die Zwangs¬
Wer die Personalien kennt, versteht mich, und für die anderen ist's
jacke hineinhetzt.) Da schreibt die „Voss. Zig.“: „Es scheint mir frag¬
ohne Interesse.
lich, ob die Vorliebe für Strindberg, die im Kern berechtigt ist und
Zum Schlusse seien die Bühnenleiter an ihr eigenes amtliches
Bedeutendes neu aufleben läßt, nicht an die Grenze gefährlicher
Organ erinnert. „Die deutsche Bühne“ sagt, Theaterspielen sei heute
Einseitigkeit gelangt, wenn sie gerade jene Werke des Dichters be¬
nicht ein Werben um flache Gunst des Publikums, kein Umbuhlen der
vorzugt, in denen das Genie dem Pathologischen, wovon es selbst
Masse, sondern Arbeit am Volke. Nicht die Gegenwart sei unser¬“
tief berührt war, den Reiz des Typischen zu geben versuchte. Sicher
Gesichts= und Zielpunkt, sondern die Zukunft. Es gilt „die Erhaltung
sind die kunstvollen und doch nicht künstlerisch reinen pessimistischen
eines gesunden, starken Volkstums, eine Kunst, die tief in der Seelg des
Studien nicht dem Bedürfnis einer Zeit angepaßt, die zwar den Blick
Volkes wurzelt, um ein Theater, das dem Vohke die rechte
für alle heroischen Leiden und Opfer schärft, aber die Geister doch aus
Weihe der Kraft gibt.“
aller schmerzlichen Erregung zu hellem sieghaftem Idealismus empor¬
trägt.“
Und gleichzeitig aus Anlaß der nämlichen Strindbergaufführung
EESBBSBSSSSSSSSSSPPSPSEA
nimmt der Korrespondent der „Frankf. Ztg.“ das gleiche Thema auf:
„Woher in dieser Zeit des Krieges und der Erwartungen auf eine neue
Kunst der jungen Kraft, des selbstgewissen Pathos (so lese ich überall)
die Zuneigung der Bühnen und des Puhlikums zu Strindberg, zu seiner
Ueberkraft aus Schwäche, ja, zu dem marterndsten seiner Dramen „Der
Vater“? Wie erträgt man heute, da die Söhne draußen stehen, diesen
rein animalischen Begriff von Vaterschaft? Es ist vielleicht noch nicht
Zeit sich einzugestehen, daß die Hoffnung auf die neue Kunst bislang
Hoffnung geblieben ist; aber es ist Zeit, sich darüber klar zu werden,
daß auch das Neue immer organisch erwächst. Es ist nicht wahr,
man könne an früher Dagewesenes anknüpfen in der Kunst. Nur aus
dem Heut erwächst das Morgen. Das Heute vor dem Kriege aber war
Strindberg in seiner Ueberkraft aus Schwäche — und ein Publikum
mit vorwiegend artistischen und psychologischen Interessen. Der Krieg
kam — und was trat ein? Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich
sage, daß das Publikum, das in dieser Kriegszeit die Theater der großen
Städte füllt, eine soziale Oberschicht darstellt, die den Krieg ver¬
hältnismäßig wenig spürt. Ihn auch innerlich nicht im
Sinne der Mitarbeitenden mitlebt. Eine Oberschicht, die ihre
— viel¬
Daseins= und Empfindensfäden weiterspinnt. Und der damit
leicht — eine Aufgabe zufällt: künstlerisch das festzuhalten, was vor
dem Kriege galt; die Tradition zu wahren; ein Neues insofern zu er¬
möglichen, als das Neue nur in Fortbildung des zuletzt Gewesenen
erstehen kann. Vergleichsweise zu sprechen: auch junge Kunst wird aus
ihrer Mutter, nicht aus ihrer Großmutter geboren.“
Die in dem Schlußsatz ausgesprochene Hypothese stehe bahin.
Wer ist heute im Kriege der ausschlaggebende Teil des Publikume?
Zweifellos die Frau. Und so läßt sich leicht die Frage aufwerfen,
warum gerade sie eine Schmähung des Weibes duldet,
ja fördert, denn eine Schmähung der weiblichen Natur
ist diese ganie Dichterei von Strindberg bis Wedekind herab, all die
weiblichen Vampirgestalten. Hierzu gehören Dichter, wie Dülberg,
der sein „Korallenkettlin“ sogar kerndeutsch nennt. Was ist heute
nicht alles deutsch? Dr. O. Bie hat jetzt sogar die deutsche Eigenart