II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 487

26.1
KonoedieWOFOATKIIS
Ausschnitt aus:
Kalisbader Badeblalt
vom: TZ0H11315

Thrater, Müsik und Kunst.
SchnitzlerKomädie der Worto“ und die deutsche
Presse.
Anläßlich der im Berliner Lessing=Theater statt¬
gesundenen Erstaufführung von Artur Schnitzlers
Einaktexerfolge „Komödie der Worte“ schreibt die
31. Oktober 1915.
„Deutsche Tageszeitung" unter anderem: Mancher
Vorzug des Schriftstellers Schnitzler ist auch an die¬
ser Stelle willig anerkannt worden. Aber allmählich
erstarrt seine Kunst, geistreiche Worte zu setzen, in
Greisenhaftigkeit, und seine psychologischen Bohr¬
versuche wagen sich an immer untauglichere Gegen¬
stände. Selbst seine besten Freunde und überzeugte. 0
sten Anhänger werden die breite, selbstgefällige Ge¬
schwätzigkeit dieser mit Fug als „Wortkomödien“ be¬
zeichneten Dichtungen übel empfinden, werden die
den Abend eröffnende Tragödie als mühsam kon¬
struierten Schwindel belächeln und für die Ge¬ Te
schmacklosigkeit des letzten Einakters, der Ehebruch
und Frömmigkeit in ganz ernsthaft gemeinte, breit
ausgesponnene Beziehungen bringt, die Achseln
zucken. Damit ist alles Erforderliche über den Kunst¬
wert der drei Stücke gesagt. Vom national=sittlichen
Standpunkt aus wird vielleicht noch mehreres hin¬
öf
zuzufügen sein. Schnitzler hat zu Anfang des Krie¬ T
ges angeblich einige Torheiten über uns und unsere
Feinde gesagt. Wer die Ideenwelt dieses Dramati¬
kers aus seiner „Komödie der Worte“ kennen lernt,
der wird ihm keinen Vorwurf wegen irgendeiner
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scheinbar nicht in diese Zeit passenden Redewendung
machen. Denn Schnitzler hat offenbar kein Organ d
für diese Zeit und ihre Notwendigkeiten. —
Nur
eines: Schnitzler spottet im ersten Stücke der Leute,
die in vorgerücktem Alter noch immer Verse machen.
Ihm selber ist das Haar schon stark übergraut. Sollte
er nicht manchmal ganz heimlich auch der Leute spot¬
ten, die im vorgerückten Alter noch immer die Me¬
lodie ihrer Pubertätsjahre wiederholen und nicht
über das ausschließliche, knabenhaft fieberische In¬
teresse am Ehebruchsreigen hinauskommen?" Der
Schauspielreferent der Berliner „Täglichen Rund¬
schau“ äußert sich folgendermaßen: „Wenn die
Augenblickswirkungen eines glänzend gewebten
Dialogs verflogen sind, sagt man sich doch, daß drei
tändelnde Ehebruchstücke an einem Abend in der
heutigen Zeit, wo Hunderttausende von deutschen
Frauen um ihre Männer sorgen oder gar trauern,
so fehl am Orte sind wie nur möglich. Wer dafür
kein Gefühl hat, mit dem ist natürlich nicht darüber
zu streiten. „Gefühl ist alles.“ Schnitzler selber wird.
vermutlich die Achseln zucken über solche Einwände;
er hat einmal das Bekenntnis abgelegt: „Wir spielen
immer; wer es weiß, ist klug.“ Aber es ist ein großer
Irrtum, daß solche Klugheit wirklich das Höchste im
Leben sei.
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