II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 500

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26.1. Kongedie der NorteZyklus
Ausschnitt aus: BEICHSPOGT WIER
13 CHuis Pi6
vom:
den, dessen Herz an der Musik dieses Dreigestirus am Musik¬
Theater, Kunst, Musik.
himmel Wiens hängt.
Bemerkenswert in höchstem Maße ist die Aeußerung
Theaternotizen.
einer freisinnigen Fachgröße über das völlige Debakel des
Die Verträge, welche zwischen Schauspielern und
modernen Schnitzlertheaters. Der Mann ist der belannte
Direktoren geschlossen werden, pflegen eine sogenannte Kriegs¬
Verleger Eugen Diederichs in Jena und schreibt im
klausel zu enthalten. Nämlich: Sie werden im Kriegsfalle
Jönnerhefte der Zeitschrift „Die Tat“ über Theaterfragen
kinfällig Die meisten Direktoren waren allo bei Beginn
folgendes:
des Krieges nicht mehr verpflichtet, ihren Schauspielern die
„Nie darf dem Theater an sich das Recht ab¬
vereinbarten Löhne zu bezallen. (Wir bemerken hier, daß
gesprochen werden etwas anderes zu sein als eine Amüsier¬
das Bestreben nach möglichster Verdeutschung aller ent¬
anstalt für Backfische und andere geistige Unmündige denn
behrlichen Fremdworte kürtlich auch auf das Bühnenwesen
es soll zu allen Menschheitsfragen ohne Rücksicht auf
übergeariffen hat. Wir wollen nicht soweit gehen, für das
prüde Zuhörer Stellung nehmen. (?) Aber eine Forderung
Wort Theater nach einem diesen Begriff haarscharf deckenden
soll man im Inieresse des Volksganzen aufstellen: e
deutschen Ausdrucke zu fahnden, meinen aber, daß sich
darf nicht vergifter
Es darf nicht weiß aus
das Fremdwort Gagen ganz gut und ehrlich durch
schwarz und schwarz aus weiß machen, nur weil sich
das deutsche Löhne ersetzen läßt) Uniere Theaterleuer
geistreich darüber plandern läßt. Wir haben uns unter
zeigten auch nicht übel Lust, von ihrem vertrag¬
dem Einfluß neuer geistiger Strömungen i, den letzten
lichen Rechte Gebrauch zu machen und hätten dies Jahrzehnten daran gewöhnt zu lacen, Kunst hat mit
bestimmt getan, wenn ihre anfängliche Befürchtung zuge¬
dem Ethos nichts zu tun,
sie muß tendenzfrei
troffen wäre, die Befürchtun nämlich, daß neben den
sein. Gewiß kann und muß sie das
an sich
großen Vorgängen auf dem Weltentheater das kleine
Schö
sein (*),
Tleaterspiel auf den Brettern unmöglich sein werde. Und
Stückes, der als Künstler nur negierender Geist ohne
man hätte ihnen dies gar nicht so sehr übel nehmen können.
eigenes Ethos in, stellt die inneren Gesetze des Lebens
Aber der Theaterbesuch, dies zeigte sich bald, war gar nicht
falsch dar. Er zeichnet nur kleinliche Menschen, jeder
so übel. So bewilligten denn die Direlioren zumeist halbe
tragische Konflikt wird umer seinen Händen eine Farce,
Friedenslöhne, mit denen de Schauspieler nun anderthalb
jeder Alltagsmensch fühlt sich durch ihn in seinen soge¬
Jahre haben haushalten müssen. Dies mag zur vernunft¬
nannten Instinkten bestätigt, die Frau ist ihm nur Jagd¬
gemäßen und gerechten Herabsetzung masches ungesund
geheue des Mannes. Es war ein Uebelstand, daß bisher
hohen Star=Einkommens geführt haben, hat aber anderer¬
allein nur rückwärts orientierte Menschen mit oft falscher,
seits wieder in hunder: Schauspielerhaushalte Sorge und
enger Einstellung gegen eine Verletzung ihres persönlichen
knappeste Einschränkung getragen. Allmäblich drohte aus
Empfindens (9) auf der Bühne Protest erhoben, daß
diesem anfänglichen Notzustande ein Dauerzustand zu werden.
aber als liberal und fortschrittlich galt, auch der Vergistung
In demselben Maße in dem sich unsere militärische Lage
gegenüber „vorurteilslos“ zu sein. Derjenige aber, der
verbesserte, in dem unser endlicher Sieg zu immer sichereren
das Wort „fortschrittlich“ als eine Steigerung des
Gewißbeit wurde, in eben diesem Maße verbesserte sich der
Ethos im Leben begreift, hat die Pflicht, gegen
Theaterbesuch, so daß heute viele Häuser bessere Einnahmen er¬
jeterlei Negation
des Ethos, speziell im Leben
zielen, als in friedlichen Zeiten. Immer noch liefen indessen die
der Geschlechter, auf der Bühne zu protestieren
Kriegslöbne der Schanspieler. Nun endlich ist die Ungerechtig¬
und muß wünschen, daß das Publikum sich selbst hilft,
keit dieses Zustandes öffentlich zur Spracke gekommen und
wenn die Kiiik versagt. Ein künstlerischer
schon haben sich zwei Wiener Theaterdirektoren gesunden,
Typus dieses
vergiftenden Geistes ist
die ihren Krätten vollen Friedenslohn gewähren oder
beipielsweise
Wiener Dichter
wenigstens einen Lohn, der dem Friedensbezuge fast eben= A.SSchnitzler. Wer als sich entwickelnder Mensch sein
bürtig ist. Das ist um so erfreulicher, als sicher mancher letztes Werk „Komödie der Worie“, drei Einakter, sieht,
Theaterbesucher trotz schlechter und gar nicht theatermäßiner wird von dem Gerst, der diese Stücke schrieb, in seinem
Stimmung seine Karte kaufte, in dem Gefühl, dami eine Wollen nach aufwärts gehemmt (die Frivolität des franzö¬
Pflicht zu erfüllen. da man ja den Stand, den man in so
sischen Salons war witzig und hatte dock nichts mit Ge¬
pielen Friedensjahren durch lebhafte Inanspruchnahme seiner meinl eit zu tun), er erlebt die Leuanurg der germanischen
Tienste gewissermaßen für seinen eigenen Bedarf gro߬
Auffassung von der Heiligkeit des Lebens und der Tragik,
gezogen hatte, nun nicht einfach auf das Trockene geraten
die die Verletzung seiner Gesetze nach sich zieht.
lassen durste. Diesem Opfersinn des Publikums haben sich
Gut, mag ein negierender Geist auftreten, wo er will,
freilich die wenigsten Theater in der Kriegszeit dankbar
warum lehnen ihn aber die Germanen, die im Zu¬
erwiesen. Die
wichtigsten nämlich haben auf die
schauerraum sitzen, nicht ab? Gibt es doch genug der Re¬
herrichende Stimmung Bedacht genommen und wie
alerenden, die an derirtiger Literatur doch mitunter keinen
wenig gerade unsere größten Theater sich im Kriege
Geschmack haben und sich Kant und Fichte zuwenden. Nun,
als Anstalten zur Erhöhung. Aufrichtung und edleren
es ist den Zuschauern ja gar nicht bewußt, daß sie Gifte
Sammlung des Volkes in schweren Tagen bewährt haben,
trinken, sie gingen ja pur ins Theater, um sich zu „amü¬
das haben wir oft genug angetreidei und werden nicht
sieren“. Immer tieser züchtet das Theater das Niveau des
wude werden, es immer und immer wieder zu tun.
Publikums — aus Gelderesse.“
Wir haben durch eingefügte Fragezeichen kenntlick
gemacht, wo wirtsicht eines Sinnes mit Herin Tiedericht
Immer häufiger steben auf den Zetteln welche Wohl¬
sind. Selisam Aaber, wie sehr sich unsere alten, oft ver¬
tätigkeitsauffuhrungen und allerlei andere Veranstaltungen
höhnten. „kerkkalen“ Forderungen an das Theater plötzlick¬
ankündigen, Tänzerinnen angeführt. Meist solche von
mit den (Münschen dieses modernen Freisinnigen tressen!
Namen und Rang so daß sich mancher versuchen läßt, sich
eine Karie für diese Aufführung zu kaufen, zumal diese
Damen gewöhnlich Schubert oder Strauß oder Lanner zu
lanzen pflegen. Für den einsachen, unverbildeten Zuschauer
mit geraden, gesunden Sinnen ist das
Endgefühl
in der Regel: Wut, Empörung, Scham. Wir sind
entfernt, dem Versuche,
weit davon
Musik
durch rhrimische Körverbewegungen zu interpretieren,
abzusprechen. Aber was minche
jeden Wert
modernste Tänzerinnen sich dabei an affeltierten Ueber¬
treidungen, an gewaltsamen Verzerrungen und arotesken
Verrenkungen ihrer Glieder, an widerlichen Grimassen und
schlingernden Armbewegungen leisten, das übersteigt denn
doch schon alle Gienzen Selbstverständlich ist fast regel¬