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26.1. Kondedie der -Jorte zuklus
Thimig gut=, und was ihm zur Last zu
1. Mb. 2.1
schreiben ist. Vor allem ist es ihm geglückt,
Oaterreichische Rundschau, Wien,
dem Burgtheater neue Kräfte zuzuführen,
mit deren Hilfe der Spielplan erfolgreich er¬
weitert werden konnte. Ludwig Wüllner hat
Wiener Bühnen.
vielleicht auf der Bühne nicht ganz gehalten,
„Fasching“, ein Spiel in drei Aufzügen
was man sich von ihm aus dem Vortrags¬
von Franz Molnar. Das war unter Hugo
saale versprechen durfte. Doch ohne ihn wäre
Thimigs, Leitung die letzte Erstaufführung
die Wiederaufführung von „Lear“ wohl
im Burgtheater. Es lag Aschermittwoch¬
nicht leicht möglich geworden, und dank seiner
stimmung über dem verspäteten „Fasching“
geistig überragenden Künstlerschaft hat das
und man fühlte dies erst hinterher mit voller
Burgtheater endlich wieder einen vollwerti¬
Bestimmtheit, als zwei Tage nach dem auf
gen Faust. Als sehr ersprießlich bewährte es
Moll gestimmten Molnar=Abend öffentlich
sich ferner, daß Herr Marr und Fräulein
bekannt wurde, daß Hugo Thimig um die
Mayer unserem Hofschauspielhaus verpflichtet
Enthebung von seinem verantwortungsvollen
wurden. Ob Herr Holz der berufene Mann
Amte angesucht habe. Also Abschiedsstim¬
war, als Direktorstellvertreter und erster
mung vor und hinter den Kulissen. Schmerz¬
Spielleiter die künstlerische Arbeit am Burg¬
lich enttäuscht nimmt Molnars Heldin Ab¬
theater ohne Gefährdung des „Burgfriedens“
schied von ihrem in unbefriedigter Pußta¬
zu fördern, entzieht sich, solange die zwischen
Einsamkeit erträumten Fasching und man
ihm und dem Regiekollegium schwebenden
darf es Hugo Thimig glauben, daß es ihm
Zwistigkeiten nicht ausgetragen sind, der
nicht leicht geworden ist, aus einem Wir¬
öffentlichen Beurteilung. Nicht zu unter¬
kungskreis zu scheiden, dem er durch mehr
schätzen sind die Verdienste, die sich Hugo
als vierzig Jahre mit Leib und Seele an¬
Thimig um den Wiederaufbau und die Er¬
gehörte. In dreifacher Eigenschaft hat Hugo
neuerung des Spielplanes erworben hat.
Thimig dem Burgtheater mit seinen besten
An erster Stelle kommt da der Grillparzer¬
Kräften gedient: als humorbegabter Dar¬
Zyklus zu stehen, dessen Bedeutung für die
steller komischer Rollen, dann als sach= und
Wiederbelebung treu zu hütender Burg¬
fachkundiger Spielleiter und seit dem jähen
theaterüberlieferungen hier erst jüngst in
Tode Alfred v. Bergers auch als Direktor.
einem Rückblick gewürdigt wurde. Auch die
Unvergessen bleiben den Freunden des Burg¬
Aufführung der „Hermannsschlacht“ sowie
theaters die vielen heiteren Stunden, die er
von „Was ihr wollt“ müssen auf das Ver¬
ihnen als Komiker bereitete, und gerne er¬
dienstkonto Hugo Thimigs gebucht werden.
innert man sich seiner klugen und geschmack¬
Von heimischen Dramatikern der Gegenwart
vollen Regietaten, die wohl in dem neu in
kamen Karl Schönherr, Thaddäus Rittner,
Szene gesetzten Schiller=Zyklus gipfelten.
Artur Schnitzler und Hans Müller mit ihren
Schwerer fällt es, sich ein gerechtes Urteil
neuesten Werken zu Worte. Die Auf¬
über den Direktor Thimig zu bilden. Zu
führung der „Komödie der Worte“ wäre,
kurz war die Frist seiner Leitungstätigkeit,
zum mindesten in der Kriegszeit, vielleicht
zu ungeklärt und zu ungünstig die Lage, in
besser unterblieben; dagegen rechtfertigte sich
der sich das Burgtheater befand, als Hugo
die der „Könige“ durch den großen Erfolg,
Thimig die Führung übernahm. Die ersten
der dem Schauspiele aus der Zeitstimmung er¬
zwei Jahre fielen in eine Übergangsperiode,
blühte. Man sieht: die künstlerische Ausbeute
wo es zunächst galt, das kaum begonnene
der Direktion Thimig war so übel nicht. und
Werk Alfred v. Bergers fortzusetzen, damit
gab es gelegentlich auch kleine Entgleisun¬
das Burgtheater endlich wieder aus dem
gen und Fehlgriffe in der Wahl der Stücke
Zustand der äußeren und inneren Zerrüttung
und ihrer Besetzung, so darf man nie ver¬
herausgebracht werde, worin es Paul
gessen, daß beim Theater das Probieren
Schlenther hinterlassen hatte. Dann kam der
über das Studieren geht und daß die großen
Krieg, der vieles hemmte, was sich in
Bühnenerfolge zumeist nur unverhoffte Glücks¬
Friedenszeiten hätte leichter durchführen lassen.
fälle in der Lotterie der öffentlichen Gunst
Nur wer die bei seinem Amtsantritt noch
sind. An redlichem Willen, für das Burg¬
unausgefüllten Lücken im Personal und im
theater sein Bestes zu tun, hat es Thimig
Besitzstand an klassischen und modernen
keinesfalls fehlen lassen, und dank seinen
Stücken sowie die durch den Krieg hervor¬
praktischen Erfahrungen, seinem bedächtigen
gerufenen Störungen und Hindernisse im
Wesen und seiner sicheren Witterung für
Bunde mit den beim Bühnenbetrieb unvor¬
alles, was dem durch zwei Jahrzehnte mi߬
hersehbaren Tücken des Objekts kennt, wird
leiteten Burgtheater nottat, hat er in den
gerecht beurteilen können, was dem Direktor
fünf Jahren seiner Führung mehr erreicht =
als in der doppelten Zeit eines Vor¬
Neben= und Zwischenhandlungen, an Um¬
gängers, der von der hohen Literatur kam,
kehrungen und pikantem Episodenwerk ein¬
um dann in „Hargudel am Bach“ un¬
geflochten ist, zeigt uns Molnar im Banne
rühmlich zu enden. Was immer ihn bewog,
einer den Franzosen glücklich abgeguckten
von der Leitung des Burgtheaters zurück¬
Routine, die aber im „Gardeoffizier" und
zutreten, wir müssen seinen heroischen Ent¬
im „Märchen vom Wolf“ zu ungleich stär¬
schluß achten und wir haben mehr als einen
keren Bühnenwirkungen führte als im
guten Grund, seinen Rücktritt aufrichtig zu
„Fasching“. Dies rührt offenbar von der
bedauern. Nur ungern sehen wir ihn als
Urk arheit der Doppelrolle her, die dem
theatermüden Mann, der der Ruhe bedarf,
Diamanten als Prüfstein der Liebe und als
sich ins Privatleben zurückziehen. Dank¬
Sinnbild der unbefriedigten Sehnsucht zu¬
bare Erinnerung an seine erfolggekrönte
gewiesen ist. In Dingen der Mathematik,
Wirksamkeit im Burgtheater ist alles, was
sei es nun Zahlen= oder Brettermathematik,
wir ihm bewahren können.
ist Unklarheit stets vom Übel und wer zu
Daß just Molnars „Fasching“ das letzte
einem Unterhaltungsstück geht, das einen
Stück war, das unter der Direktion Thimig
Fasching verspricht, liebt es nicht, sich über
im Burgtheater seine deutsche Uraufführung
die Lösung einer Gleichung mit zwei Un¬
erlebte, vermag das gute Andenken kaum
bekannten den Kopf zu zerbrechen. Auf
zu trüben, das den scheidenden Mann in
Wunsch des Verfassers hatte im Burgtheater
die stille Einsamkeit begleitet. Auch Hof¬
Frau Medelsky die Rolle der überspannten
box 32/9
26.1. Kondedie der -Jorte zuklus
Thimig gut=, und was ihm zur Last zu
1. Mb. 2.1
schreiben ist. Vor allem ist es ihm geglückt,
Oaterreichische Rundschau, Wien,
dem Burgtheater neue Kräfte zuzuführen,
mit deren Hilfe der Spielplan erfolgreich er¬
weitert werden konnte. Ludwig Wüllner hat
Wiener Bühnen.
vielleicht auf der Bühne nicht ganz gehalten,
„Fasching“, ein Spiel in drei Aufzügen
was man sich von ihm aus dem Vortrags¬
von Franz Molnar. Das war unter Hugo
saale versprechen durfte. Doch ohne ihn wäre
Thimigs, Leitung die letzte Erstaufführung
die Wiederaufführung von „Lear“ wohl
im Burgtheater. Es lag Aschermittwoch¬
nicht leicht möglich geworden, und dank seiner
stimmung über dem verspäteten „Fasching“
geistig überragenden Künstlerschaft hat das
und man fühlte dies erst hinterher mit voller
Burgtheater endlich wieder einen vollwerti¬
Bestimmtheit, als zwei Tage nach dem auf
gen Faust. Als sehr ersprießlich bewährte es
Moll gestimmten Molnar=Abend öffentlich
sich ferner, daß Herr Marr und Fräulein
bekannt wurde, daß Hugo Thimig um die
Mayer unserem Hofschauspielhaus verpflichtet
Enthebung von seinem verantwortungsvollen
wurden. Ob Herr Holz der berufene Mann
Amte angesucht habe. Also Abschiedsstim¬
war, als Direktorstellvertreter und erster
mung vor und hinter den Kulissen. Schmerz¬
Spielleiter die künstlerische Arbeit am Burg¬
lich enttäuscht nimmt Molnars Heldin Ab¬
theater ohne Gefährdung des „Burgfriedens“
schied von ihrem in unbefriedigter Pußta¬
zu fördern, entzieht sich, solange die zwischen
Einsamkeit erträumten Fasching und man
ihm und dem Regiekollegium schwebenden
darf es Hugo Thimig glauben, daß es ihm
Zwistigkeiten nicht ausgetragen sind, der
nicht leicht geworden ist, aus einem Wir¬
öffentlichen Beurteilung. Nicht zu unter¬
kungskreis zu scheiden, dem er durch mehr
schätzen sind die Verdienste, die sich Hugo
als vierzig Jahre mit Leib und Seele an¬
Thimig um den Wiederaufbau und die Er¬
gehörte. In dreifacher Eigenschaft hat Hugo
neuerung des Spielplanes erworben hat.
Thimig dem Burgtheater mit seinen besten
An erster Stelle kommt da der Grillparzer¬
Kräften gedient: als humorbegabter Dar¬
Zyklus zu stehen, dessen Bedeutung für die
steller komischer Rollen, dann als sach= und
Wiederbelebung treu zu hütender Burg¬
fachkundiger Spielleiter und seit dem jähen
theaterüberlieferungen hier erst jüngst in
Tode Alfred v. Bergers auch als Direktor.
einem Rückblick gewürdigt wurde. Auch die
Unvergessen bleiben den Freunden des Burg¬
Aufführung der „Hermannsschlacht“ sowie
theaters die vielen heiteren Stunden, die er
von „Was ihr wollt“ müssen auf das Ver¬
ihnen als Komiker bereitete, und gerne er¬
dienstkonto Hugo Thimigs gebucht werden.
innert man sich seiner klugen und geschmack¬
Von heimischen Dramatikern der Gegenwart
vollen Regietaten, die wohl in dem neu in
kamen Karl Schönherr, Thaddäus Rittner,
Szene gesetzten Schiller=Zyklus gipfelten.
Artur Schnitzler und Hans Müller mit ihren
Schwerer fällt es, sich ein gerechtes Urteil
neuesten Werken zu Worte. Die Auf¬
über den Direktor Thimig zu bilden. Zu
führung der „Komödie der Worte“ wäre,
kurz war die Frist seiner Leitungstätigkeit,
zum mindesten in der Kriegszeit, vielleicht
zu ungeklärt und zu ungünstig die Lage, in
besser unterblieben; dagegen rechtfertigte sich
der sich das Burgtheater befand, als Hugo
die der „Könige“ durch den großen Erfolg,
Thimig die Führung übernahm. Die ersten
der dem Schauspiele aus der Zeitstimmung er¬
zwei Jahre fielen in eine Übergangsperiode,
blühte. Man sieht: die künstlerische Ausbeute
wo es zunächst galt, das kaum begonnene
der Direktion Thimig war so übel nicht. und
Werk Alfred v. Bergers fortzusetzen, damit
gab es gelegentlich auch kleine Entgleisun¬
das Burgtheater endlich wieder aus dem
gen und Fehlgriffe in der Wahl der Stücke
Zustand der äußeren und inneren Zerrüttung
und ihrer Besetzung, so darf man nie ver¬
herausgebracht werde, worin es Paul
gessen, daß beim Theater das Probieren
Schlenther hinterlassen hatte. Dann kam der
über das Studieren geht und daß die großen
Krieg, der vieles hemmte, was sich in
Bühnenerfolge zumeist nur unverhoffte Glücks¬
Friedenszeiten hätte leichter durchführen lassen.
fälle in der Lotterie der öffentlichen Gunst
Nur wer die bei seinem Amtsantritt noch
sind. An redlichem Willen, für das Burg¬
unausgefüllten Lücken im Personal und im
theater sein Bestes zu tun, hat es Thimig
Besitzstand an klassischen und modernen
keinesfalls fehlen lassen, und dank seinen
Stücken sowie die durch den Krieg hervor¬
praktischen Erfahrungen, seinem bedächtigen
gerufenen Störungen und Hindernisse im
Wesen und seiner sicheren Witterung für
Bunde mit den beim Bühnenbetrieb unvor¬
alles, was dem durch zwei Jahrzehnte mi߬
hersehbaren Tücken des Objekts kennt, wird
leiteten Burgtheater nottat, hat er in den
gerecht beurteilen können, was dem Direktor
fünf Jahren seiner Führung mehr erreicht =
als in der doppelten Zeit eines Vor¬
Neben= und Zwischenhandlungen, an Um¬
gängers, der von der hohen Literatur kam,
kehrungen und pikantem Episodenwerk ein¬
um dann in „Hargudel am Bach“ un¬
geflochten ist, zeigt uns Molnar im Banne
rühmlich zu enden. Was immer ihn bewog,
einer den Franzosen glücklich abgeguckten
von der Leitung des Burgtheaters zurück¬
Routine, die aber im „Gardeoffizier" und
zutreten, wir müssen seinen heroischen Ent¬
im „Märchen vom Wolf“ zu ungleich stär¬
schluß achten und wir haben mehr als einen
keren Bühnenwirkungen führte als im
guten Grund, seinen Rücktritt aufrichtig zu
„Fasching“. Dies rührt offenbar von der
bedauern. Nur ungern sehen wir ihn als
Urk arheit der Doppelrolle her, die dem
theatermüden Mann, der der Ruhe bedarf,
Diamanten als Prüfstein der Liebe und als
sich ins Privatleben zurückziehen. Dank¬
Sinnbild der unbefriedigten Sehnsucht zu¬
bare Erinnerung an seine erfolggekrönte
gewiesen ist. In Dingen der Mathematik,
Wirksamkeit im Burgtheater ist alles, was
sei es nun Zahlen= oder Brettermathematik,
wir ihm bewahren können.
ist Unklarheit stets vom Übel und wer zu
Daß just Molnars „Fasching“ das letzte
einem Unterhaltungsstück geht, das einen
Stück war, das unter der Direktion Thimig
Fasching verspricht, liebt es nicht, sich über
im Burgtheater seine deutsche Uraufführung
die Lösung einer Gleichung mit zwei Un¬
erlebte, vermag das gute Andenken kaum
bekannten den Kopf zu zerbrechen. Auf
zu trüben, das den scheidenden Mann in
Wunsch des Verfassers hatte im Burgtheater
die stille Einsamkeit begleitet. Auch Hof¬
Frau Medelsky die Rolle der überspannten