II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 506

beigischen Archttektaomit. ereisticher
ist fesselnd. Er zeigt, wie erst die Kirchen¬
kunst in Belgien der Raumkunst Bahn
brach, wie dann dabei allmählich der Sinn
für Schönheit wuchs und sich die Gotik
eine dominierende Stellung errang. Im vier¬
zehnten Jahrhundert schon fesselte die bürger¬
liche Baukunst alle Kräfte. Es wächst der
Sinn für malerische Form, und wird mit
bildnerischem Schmuck begonnen. Die äußerste
Steigerung der Lebenshaltung gibt der Kunst
eine lebendige Frische. Die Raumgruppierung
drängt aus dem Zwange der mittelalterlichen
Gebundenheit heraus. Es wird der Einheits¬
der Renaissance, der Saal. geboren.
Rundschau.
stammel der kleinen „Liliendiebin“ rührend¬
rascht von der wirklich lebendigen Auf¬
innigen Ausdruck verleiht. Dem Gastspiel der
führung der selten und zumeist nur verstüm¬
Frau Helene Thimig im Stadttheater ver¬
melt gegebenen Komödie „Maß für Maß“,
dankten wir außer der „Kronbraut“ noch
die man auf der Volksbühne zu sehen
die Erneuerung der Bekanntschaft mit dem
bekam. Es war ein glücklicher Einfall, das
Schauspiele „Lady Windermeres Fächer“ von
Werk in die Rechte seiner ursprünglichen
Oskar Wilde. Noch sel samer als bei der
Fassung und Szenenfolge wieder einzu¬
ersten Bekanntschaft berührt uns heute der
setzen, und der Versuch, die ethische Wirkung
Widerspruch zwischen dem altmodischen Cha¬
der Komödie durch ein zielbewußtes Heraus¬
rakter der wie für das englische Gouver¬
arbeiten des Gegen= und Ineinanderspieles
nantenheim berechneten Handlung und dem
der ernsten und heiteren Szenen zu erhöhen,
geistreichelnden Fangballspiel, das zwischen
darf als in jeder Hinsicht gelungen be¬
den Rühreffekten mit satirischen Aphorismen
zeichnet werden. Auch die wienerische Fär¬
getrieben wird, und es gehörte die große,
bung, die den Rüpelszenen gegeben wurde,
mit den einfachsten, kaum wahrnehmbaren
stand dem in Wien spielenden Stück nicht
Mitteln verinnerlichende Kunst der Frau
übel zu Gesicht, zumal Herr Lackner als
Thimig dazu, um die gegenstandslosen Leiden
Bierzapfer den vorteilhaftesten Gebrauch da¬
der Lady Windermeres in die Sphäre,ünseres
von machte. Hans Ziegler, der sich nun mit
Mitgefühles zu rücken. War sie, vielleicht
Artur Rundt in die Leitung der Volksbühne
auch keine englische Lady, um so reiner und
teilt, hätte sich nicht besser einführen können,
eindringlicher trat das „Dramg eines guten
als mit der Inszenierung dieser unterhalt¬
Weibes“, wie Oskar Wilde sein Gesellschafts¬
samen Vorstellung.
stück bezeichnet, in die Erscheinung.
Durch den Weltkrieg scheinen auch die
Theodor Antropp.
Jahreszeiten und Kalenderfeste in Unordnung
geraten zu sein, sowohl in der Natur
Zur Frage der /Kohlenversorgung
wie auf den Brettern, die im Lärm der
Wiens.
Waffen den Weltfrieden bedeuten. Hat sich
In derletzten, Völkswirtschaftlichen Rund¬
das Burgtheater mit seinem „Fasching“ um
schau“ von Walter Federn (Bd. I., Heft 5 vom
einige Wochen verspätet, so beeilte sich die
1. März 1917) wird unter anderem der Kohlen¬
Neue Wiener Bühne im umgekehrten
versorgung der Stadt Wien gedacht, wobei
Maße, das Osterfest einzuläuten, bevor noch
gegen die Tätigkeit der Gemeindeverwaltung,
Strom und Bach, Feld und Flur von Eis
besonders gegen die Leitung der städtischen
und Schnee befreit waren. Gemeinsam war
Elektrizitätswerke Vorwürfe erhoben worden
der Zeitverschiebung nur die stille Wehmut,
sind. Wie man uns nun von autoritativer
so wenig sonst Molnar und Strindberg eine
Seite mitteilt und dies auch durch eine Zu¬
Proportion geben. Man kennt des schwedi¬
sammenstellung aller auf die Kohlenversor¬
schen Dichters Passion „Ostern“ vom Josef¬
gung der Stadt Wien Bezug nehmenden
städtertheater her und man weiß, in welch
Schritte der Gemeinde (Amtsblatt der Stadt
mystisches Helldunkel er da eine bitter trau¬
Wien vom 6. März 1917) nach unserer, von
rige Alltagsgeschichte tauchte, um seinen reli¬
unserem Mitarbeiter freilich nach wie vor
giösen Neigungen nach den bösen Tagen
nicht geteilten Auffassung nachgewiesen ist,
des „Inferno“ Genüge zu tun. Klänge aus
hat der Bürgermeister ebenso wie die Direk¬
Haydns Oratorium „Die sieben Worte des
tion der städtischen Elektrizitätswerke seit
Erlösers“ müssen die realen Vorgänge des
Jahr und Tag nichts unversucht gelassen,
Österspieles weihen und auch sonst erfordern
um die Versorgung der Elektrizitätswerke
diese drei Akte einen großen Aufwand von
mit Kohle zu sichern, eine Bemühung, deren
Stimmungsbehelfen. Die Neue Wiener
Ergebnis durch Verhältnisse, welche sich der
Bühne scheute weder Kosten noch Mühe,
Einwirkung der Gemeinde entziehen, nicht
um den Anforderungen des Dichters gerecht
in dem angestrebten Ausmaß erreicht werden
zu werden, und sie besitzt jetzt in Lia Rosen
eine Darstellerin, die dem verzückten Ge= konnte.
„Österreichische Rundschau“, Ll., 1.
Redaktionsschluß am 29. März 1917. — Ausgegeben am 1. April 1917.

1
Herausgeber: Leopold Freiherr von Chlumecky, Dr. Karl Glossy,
6
Dr. Felix Freiherr von Oppenheimer.


Chefredakteur: Dr. Glossy. Verantwortlicher Redakteur: Karl Junker.

Unverlangte Manuskripte ohne Rückporto werden nicht zurückgestellt.
□ Verlag: Wien und Leipzig: Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung Carl Fromme, Gesellschaft m. b. H. □
Scheffler in seinem Buche über den belgischen
Künstler sagt, daß seine Reigung „sich mit
klammernden Organen an karge Wirklich¬
keiten, an die nächstliegenden Zwecke heftet“
einer anderen Neigung „vom Zwecke zu ge¬
nesen, wiederstreitet“.
Lüthgen aber sagt von Van de Velde:
„Hier lebt die alte schöpferische Formkraft
des belgischen Landes auf, die aus der reinen
Sinnlichkeit eines Rubens ebenso spricht wie
aus der unbestechlichen Ehrlichkeit und dem
schweren Ernst eines Van de Velde.“ Kann
man wohl objektiver dem künstlerischen
Schaffen eines Landes gegenübertreten, das
ch uns feindselig erwies, als es hier Lüthgen
1t?
Die Bilder, die er dem Buche beigege¬
#en hat, sind ein Abbild aus dem reichen
schatz der Formen, die in der architektonischen
unstentwicklung Belgiens bedeutsam wur¬
m. Kurze Erläuterungen geben in knapp¬
r Form das Wissenswerte über jedes Bild