S 8
25. Pro Bernhandi
enangabe ohne Gewähr.)
DRESDNER ANZEIGEE
Ausschnitt aus
I. BEZ 1912
vom:
noch Aumar heschehen
—* Berliner Erstaufführungen. Arthur Schnitzlers
wue Komödie Professor Been
Zleinen Theater ihre Uraufführung erlebte, laßt
bei Motive weitertönen, die schon oft in der Schaffens¬
kelodie des Dichters erklungen sind: die Pflichten und die
Pelenlage des Arztes und die Rassenfrage, besonders den
tisemitismus. Sein Held ist Arzt und ist Jude, und daß
r das erstere nicht ausschließlich ist, führt zu dem tragi¬
komischen, stellenweise sogar recht tragisch betonten Konflikt
desStückes. Der große Arzt hat einem Priester den Zu¬
tritt zum Sterbelager eines Mädchens verweigert, das in
seiner Klinik in der letzten Todesverzückung ahnungslos
des Geliebten harrt und dem der Schmerz erspart werden
soll, in dem Geistlichen den Boten des unausbleiblichen
Endes zu erkennen. Diese Handlung, die zum mindesten
ein sehr geringes Verständnis für den tiefsten Sinn des
katholischen Glaubens zeigt, verstrickt den berühmten Pro¬
fessor in eine Menge Unannehmlichkeiten. Er wird von
seiner Stellung suspendiert, des Vergehens wider die
Heiligkeit der Religion angeklagt und zu zwei Monaten
Gefängnis verurteilt. Und schließlich muß er, der für Wahr¬
heit, Freiheit und Manneswürde gehandelt zu haben glaubt,
sich von einem weltkundigen Hofrat sagen lassen, daß man¬
nicht immer „das Rechte“ tun darf, wenn man sich peinliche
Zwischenfälle ersparen will, daß nicht jeder zum Bekenner,
Reformator und Märtyrer geboren ist und daß man, wenn
man das Zeug dafür nicht in sich spürt, sich nicht dazu fort¬
reißen lassen darf, sich in Dinge zu mischen, die einen nichts
angehen. Diese ironisch die dramatische Spitze abbrechende
Betrachtung klingt schon vorher einmal in feiner Weise an,
als der Priester, der als Zeuge im Prozeß gegen den Pro¬
fessor nicht feindlich, aber ohne Anteilnahme die Wahrheit
gesagt hat, nachher ihm seine Sympathie ausspricht, als
Privatmann, um der Kirche nicht zu schaden. Er kennt
seine Pflichten und das Gebot seines inneren Gefühls ge¬
nauer als der Arzt, der „das Rechte“ — aber im falschen
Augenblick — tat. Der Grundfehler dieses stellenweise ent¬
zückenden, stellenweise leidenschaftlich interessierenden
Werkes scheint mir in der zwiespältigen Stellung des
Dichters zu seinem Helden zu liegen. Drei Akte lang läßt
uns Schnitzler in Professor Bernhardy fast ein Idealbild
sehen, das gefährlich nach dem Heiligenschein des Märtyrers
schielt. Dann aber wird der Kämpfer für Freiheit und
Aufklärung plötzlich zum Nur=Arzt, der nichts will, als
seine Praxis ausüben und entsetzt ist, als der Prozeß wieder
aufgenommen wird, als seine Unschuld an den Tag kommen
soll. Dieses sonst bei dem Wiener Meister ungewohnte
Pathos, das ja auch ironisch unterhöhlt ist, verleiht den
—
ersten Akten eine sonst bei ihm ungewöhnliche spannende
Kraft, die fast in böse Tendenzhascherei ausartet. Die großen
Szenen zwischen Priester und Professor, Professor und
Minister, die Beratungsszene mit dem scharfen Auseinander¬
prallen der verschiedenen glänzend gezeichneten Professoren¬
charaktere — das sind echte, rechte, grelle Theaterschlager.
Dahinter aber taucht das spöttisch lächelnde, weiche, skeptische
Naturell des Dichters auf und hüllt die starken Fresko¬
farben in graue, schillernde Schleier der Ironie und des
Zweifels, ähnlich wie es sein Landsmann Klimt manchmal
tut. So wird schließlich doch aus einem Dreyerschen Probe¬
kandidaten oder Gutzkowschen Uriel Acosta ein Schnitzler¬
scher Arzt und Mensch, und das ist der künstlerische Reiz
des reichen eigenartigen Werkes, dem seine Theater¬
wirkungen einen Erfolg verschaffen. Das Bug ist soehen
1.
im Veylag von S. Fischer in Berlin erschienen.
box 30/1
sSsch. uub.
CTürriseab della Sera, Triest.
im:
un Paerten Arunnhaste
Commedia in 5 alt di A. Schnitzler.
AlcKleine Theaters di Berlino é stata
rappresentata con grande successo la
commedia di Arturo Schnitzler, ell pro¬
fessor Bernhardis, proibita dalla censura
austriaca. Eccone il soggetto. All’ Elisa¬
bettino di Vienna, di cui é direttore il
prof. Bernhardi, giace, colpita da una
forma infettiva che non lascia speranza
di salvezza, una giovanetta diciottenne
che ha avuto intimi rapporti con un uo¬
mo. La poveretta sta per morire; le #
stata fatta un'ultima iniezione per solle¬
varla. Essa non pensa che deve morire;
sogna invece che tra breve sarà guarita,
che l'amante verrà a prenderla e a traria
dalla miseria eche la primavera tornera.
Non é vero professor Bernhardi?
Certo.
II polso & quasi impercettibilee il prete
attende fuori della stanza per prestare
T’opera sua. Equi si delinea il conflitto:
II professore vuole che la poveretta muo¬
ia tranquilla, mentre il prete vuole im¬
partire l’assoluzione alla peccatrice. Infi¬
ne l’israelita prof. Bernhardi chiude la#
porta in faccia al prete.
25. Pro Bernhandi
enangabe ohne Gewähr.)
DRESDNER ANZEIGEE
Ausschnitt aus
I. BEZ 1912
vom:
noch Aumar heschehen
—* Berliner Erstaufführungen. Arthur Schnitzlers
wue Komödie Professor Been
Zleinen Theater ihre Uraufführung erlebte, laßt
bei Motive weitertönen, die schon oft in der Schaffens¬
kelodie des Dichters erklungen sind: die Pflichten und die
Pelenlage des Arztes und die Rassenfrage, besonders den
tisemitismus. Sein Held ist Arzt und ist Jude, und daß
r das erstere nicht ausschließlich ist, führt zu dem tragi¬
komischen, stellenweise sogar recht tragisch betonten Konflikt
desStückes. Der große Arzt hat einem Priester den Zu¬
tritt zum Sterbelager eines Mädchens verweigert, das in
seiner Klinik in der letzten Todesverzückung ahnungslos
des Geliebten harrt und dem der Schmerz erspart werden
soll, in dem Geistlichen den Boten des unausbleiblichen
Endes zu erkennen. Diese Handlung, die zum mindesten
ein sehr geringes Verständnis für den tiefsten Sinn des
katholischen Glaubens zeigt, verstrickt den berühmten Pro¬
fessor in eine Menge Unannehmlichkeiten. Er wird von
seiner Stellung suspendiert, des Vergehens wider die
Heiligkeit der Religion angeklagt und zu zwei Monaten
Gefängnis verurteilt. Und schließlich muß er, der für Wahr¬
heit, Freiheit und Manneswürde gehandelt zu haben glaubt,
sich von einem weltkundigen Hofrat sagen lassen, daß man¬
nicht immer „das Rechte“ tun darf, wenn man sich peinliche
Zwischenfälle ersparen will, daß nicht jeder zum Bekenner,
Reformator und Märtyrer geboren ist und daß man, wenn
man das Zeug dafür nicht in sich spürt, sich nicht dazu fort¬
reißen lassen darf, sich in Dinge zu mischen, die einen nichts
angehen. Diese ironisch die dramatische Spitze abbrechende
Betrachtung klingt schon vorher einmal in feiner Weise an,
als der Priester, der als Zeuge im Prozeß gegen den Pro¬
fessor nicht feindlich, aber ohne Anteilnahme die Wahrheit
gesagt hat, nachher ihm seine Sympathie ausspricht, als
Privatmann, um der Kirche nicht zu schaden. Er kennt
seine Pflichten und das Gebot seines inneren Gefühls ge¬
nauer als der Arzt, der „das Rechte“ — aber im falschen
Augenblick — tat. Der Grundfehler dieses stellenweise ent¬
zückenden, stellenweise leidenschaftlich interessierenden
Werkes scheint mir in der zwiespältigen Stellung des
Dichters zu seinem Helden zu liegen. Drei Akte lang läßt
uns Schnitzler in Professor Bernhardy fast ein Idealbild
sehen, das gefährlich nach dem Heiligenschein des Märtyrers
schielt. Dann aber wird der Kämpfer für Freiheit und
Aufklärung plötzlich zum Nur=Arzt, der nichts will, als
seine Praxis ausüben und entsetzt ist, als der Prozeß wieder
aufgenommen wird, als seine Unschuld an den Tag kommen
soll. Dieses sonst bei dem Wiener Meister ungewohnte
Pathos, das ja auch ironisch unterhöhlt ist, verleiht den
—
ersten Akten eine sonst bei ihm ungewöhnliche spannende
Kraft, die fast in böse Tendenzhascherei ausartet. Die großen
Szenen zwischen Priester und Professor, Professor und
Minister, die Beratungsszene mit dem scharfen Auseinander¬
prallen der verschiedenen glänzend gezeichneten Professoren¬
charaktere — das sind echte, rechte, grelle Theaterschlager.
Dahinter aber taucht das spöttisch lächelnde, weiche, skeptische
Naturell des Dichters auf und hüllt die starken Fresko¬
farben in graue, schillernde Schleier der Ironie und des
Zweifels, ähnlich wie es sein Landsmann Klimt manchmal
tut. So wird schließlich doch aus einem Dreyerschen Probe¬
kandidaten oder Gutzkowschen Uriel Acosta ein Schnitzler¬
scher Arzt und Mensch, und das ist der künstlerische Reiz
des reichen eigenartigen Werkes, dem seine Theater¬
wirkungen einen Erfolg verschaffen. Das Bug ist soehen
1.
im Veylag von S. Fischer in Berlin erschienen.
box 30/1
sSsch. uub.
CTürriseab della Sera, Triest.
im:
un Paerten Arunnhaste
Commedia in 5 alt di A. Schnitzler.
AlcKleine Theaters di Berlino é stata
rappresentata con grande successo la
commedia di Arturo Schnitzler, ell pro¬
fessor Bernhardis, proibita dalla censura
austriaca. Eccone il soggetto. All’ Elisa¬
bettino di Vienna, di cui é direttore il
prof. Bernhardi, giace, colpita da una
forma infettiva che non lascia speranza
di salvezza, una giovanetta diciottenne
che ha avuto intimi rapporti con un uo¬
mo. La poveretta sta per morire; le #
stata fatta un'ultima iniezione per solle¬
varla. Essa non pensa che deve morire;
sogna invece che tra breve sarà guarita,
che l'amante verrà a prenderla e a traria
dalla miseria eche la primavera tornera.
Non é vero professor Bernhardi?
Certo.
II polso & quasi impercettibilee il prete
attende fuori della stanza per prestare
T’opera sua. Equi si delinea il conflitto:
II professore vuole che la poveretta muo¬
ia tranquilla, mentre il prete vuole im¬
partire l’assoluzione alla peccatrice. Infi¬
ne l’israelita prof. Bernhardi chiude la#
porta in faccia al prete.