II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 41

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25. Profr bernhardi
Ausschnitt aüsne Badische d
vom:
Mannheim
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durch die scharfgeschliffene Charakteristik seiner vielseitigen
Feuilleton.
Typen, durch eine gewisse orchestrale Raisonneurbegleitung
epigrammatischen Witzes. Stoff und Inhalt wird nun die
Schnitzlers „Professor Bernhardi.“
Hetze gegen Bernhardi den Juden in führender Stellung,
der einen längst erhofften Angriffspunkt gegeben, und über
:(Ben unserer Berliner Redaktion.)
den nun im klerikal=antisemitischen Gemeinwesen die Wi¬
dersacher herfallen.
Berlin, 29. November.
Das spielt sich nicht in straffer Führung ab, sondern
Ein Werk von Arthur Schnitzler, das nur unter
wird mehr illustrativ durch eine Reihe orillant gevacter und
Rännern spielt, ohne jedes erotische Motiv. Aber es hat
mit Wirklichkeits=Illusien bewegt gegliederter Situationen
as, was noch jedem Wiener Schriftsteller genau so anrei#end
gegeben und durch eine Galerie von Zeitgenossen.
vie die Erotik war, nämlich die leidenschaftliche, trotz aller
pielenden Ironien höchst leidenschaft iche Aussprache über
Von zeichnerischer Meisterschaft sind sie geschaffen und
sie politischen und parteiverhepten Zustände in Oesterreich.
nachgeschaffen von frappanter Schauspielkunst: diese Stre¬
Das Stück zeigt, um eine Aufschrift Felix Saltens
ber, falsche Biedermänner, fanatische überzeugungsproßzende
u brauchen, „das österreichische Antlitz“ in mancherlei ernst¬
Polterer, leidenschaftliche Ueberzeugungsjuden, und allzu frisch
aften, in grimassirenden und hip kratischen Zügen und
Getaufte, die gleich zu Antisemiten wurden. Sie alle unka¬
eine Absicht läßt sich mit dem Titel eines älteren lands¬
rikaturistisch umrissen, in der reinen künstlerischen Freude am
kannschaftlichen Autors, Abraham a Santa Claras, aus¬
gelungenen Exemplar. Vor allem gilt das von Sr. Exzel¬
prechen: „Merks Wien .. .“ Darum wards ja auch an
lenz dem Herrn Minister, dem Jugendfreund Vernhardis,
er schönen blauen Donau alsobald verboten. Die Ent¬
der ihn natürlich aus „höherem Interesse“ fallen läßt.
hädigung dafür erlebte der Dichter in der unvergleichlichen
Schnitzler hat diese soignierte Figur der chevaleresken Geste
ufführung des Berliner Kleinen Theaters.
voll Charme und der allerliebenswürdigsten Unzuverlässig¬
Das Motiv der Komödte neigt zur schweren, tragischen
keit mit einer verschämten Liede entwerfen, mit seiner Liebe
phäre, zu Weltanschauungs=Ausei andersenungen. Der Arzt
für gepflegte weltmännische Kultur, für die Mischung aus
erweigert dem die letzte Oelung bringenden Piester den Ein¬
Haltung und Geist, für den selbstgenießerischen Esprit. Nie¬
itt zu einer Sterbenden, die ihr Schicksal nicht ahnt um
mand in Berlin vermag solche Typen echter in die Er¬
r die von trügerisch g'ücklicher Hoffnung erfüllten letzten
scheinung zu bringen als Herr Landa voll Gentilezza und
Intelligenz.
ugenblicke nicht durch Furcht und Schrecken zu verstören.
Während der erregten Zwiesprach, bei der der Professor
Er und sein Adiutant, der Hofrat — eine funkelnde Bla¬
ohl mit dem abweisenden Arm den Geistlichen streifte, ver¬
gueurrolle in der Darstellung Max Adalberts — haben
t
heidet die Kranke, sie fahrt. in der Sprache der Kirche zu
das letzte Wort im fünften Akt. Er glbt eine Art Satirsviel

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den, ohne die Tröstungen der Religion, in ihren Sünden
in Shawscher Manier. Vernhardi hat seine Strafe von zwei
thin.
üht
Monaten wegen Religionsstörung verbüßt. Er entdeckte
dabei, daß er stich weder zum Märtyrer noch Helden eignet,
D'es Motiv und seine Folgen für den Arzt, der nach
am wenigsten jedenfalls zum Prepaganda=Repräsentanten
inem Fnnern seine Pllicht getan, sich aber gegenüber den
der Freiheitsparteien, die ihn, berechnet für ihre Interessen,
rrschenden Mächten ins Unreht geseit, hätte zu einem
11.
in Anspruch nehmen. Sein' Ruh' will er haben, und wei¬
ewissens= und Märtyrerdrama führen können. Das jedich
ter praktizieren. Um die Wiedereinsetzung in dies durch
ckte Schnitzler nicht. Er versuchte zwar gewissenhaft den
den Prozeß verlorene Recht bittet er den Minister und er¬
hischen Anforderungen des Stoffes durch eine würdig ge¬
reicht es auch Und als Zugabe bekommt er von den Welt¬
hrte spätere Aussprache zwischen Arzt und Priester, die
klugen allerlei Belehrsames zu hören, devpelzingige. zweiden¬
h dann „über dem Abgrund“ die Hände reichen, Genüge zu

n.
tige Wahrheiten, daß das sogenannte Rechte“ zu tun durch¬
Eigentlich aber ist diese Szene nur locker aufgeheftet,
n.
aus nicht immer das Richtige ist, die veinliche Frage wird
in es kommt hier gar nicht so sehr auf die innere Bedeut¬
ei
aufgeworfen, ob Bernhardi ebenso gehandelt hätte, wenn
nkeit des Konfliktsfalls an, ja auch gar nicht so auf die
es noch Ketzergerichte und Scheiterhaufen gäbe. Und als
einbare Hauptperson, den Professor Bernhardi und seine
p
Bernhardi, aus einer gewissen inneren Verlegenheit — diese
lischen Angelegenheiten. Sie, die Sache, der Mensch sind
P
leise Unsicherheit des Mannes, dem eine spontane ganz un¬
lmehr hier nur Mittel zum Zweck, äußere parteipolitische
de
demonstrativ gedachte Handlung über den Kopf wächst. charak¬
stände aufzurollen. Diese Haltung und Einstellung des
terisierte der Darsteller Bruno Decarli sehr fein als Unter¬
ückes bestimmt, um das gleich an dieser Stelle schon zu
ton äußerer Entschiedenheit — als Bernhardi aus solcher

en, unser Verhältnis zu dem Stück. Es kann keine mensch= Verlegenheit, weil er keinen anderen Einwand weiß dem
ki
intime Schicksalsteilnahme wecken, hingegen fesselt es Hofrat sagt: „Sie in meinem Fall hätten genau so gehan¬ de
rch seine klugen überlegenen kulturellen Sviegelungen, delt“, de erwidert ihm der vielgewandte ikeptische und er¬ i
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ikenntnisvolle Philosoph für die Welt:
ich halt — entschuldigen schon Herr ##
ein Viech gewesen wie Sie.“
Bei dieser Aufführung muß noch
über die Regie gesagt werden. Barn
des Kleinen Theaters und künftiger Leit
ist sein eigener Regisseur. In seinem
noch nie eine mißglückte Vorstellung.
szenen des Aerztestücks, ihre lärmende#
ungsfuriosos zu einer unheimlich
brachte, das war in sprühender Auge
venaufpeitschend.
Während sich das abspielte, ging ge
durch den Saal, daß Otto Brahm.
energische Kampf für die künstlerische B
schlafen. Man dachte dieses Einsamen
man füllte aber auch wie neulich beim
dieser Bühne, daß hier in strenger Sel
und geistige Gefolaschaft engetreten wir
auch ein wohlgefälliges Totenopfer.
Feli
Schnitzlers Drama erschien bei S.
Glied einer heffentlich noch langen Reis
zigjährige die erste Lese und Ernte der
nnantiert gekleig