II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 61

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25. PrefseBernhand
hnlt aus: Wn Toer, Maräher
Aussehnitt aus:
Berhfe. Locc. Aitzeiger
2 12. 1212
—29 12
9 12.1912
vom:
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„Professor Bernhardi“, die neueste Ko¬
PProfessor Bernhardi“, die neueste Ko¬
mödie von Arthux Schnitzler ging am
mödie von Artbur Schuitl
28. November im reinten Theater unter
28. November im Kle#
ldem Zeichen jenes respektvollen Beifalls in Szene,
dem Zeichen jenes respektvollen Beifalls in Szene,
der auch den durchgefallensten Werken dieses hoch¬
der auch den durchgefallensten Werken dieses hoch¬
geschätzten Autors niemals zu fehlen pflegt. In¬
geschätzten Autors niemals zu fehlen pflegt. In=Ps
dessen vermochten weder diese zarten Aufmerksang
dessen vermochten weder diese zarten Aufmerksam¬
keiten, noch der geistvolle Dialog darüber hinwet¬
I keiten, noch der geistvolle Dialog darüber hinweg¬
zutäuschen, daß ohne direktoriale Förderung diese
zutäuschen, daß ohne direktoriale Förderung diese
Komödie, deren ungehemmter Redestrom eitem
Komödie, deren ungehemmter Redestrom einem
Todesfall entspringt, nicht lebensfälig wärz.
Todesfall entspringt, nicht lebensfähig wäre.
Berliner Theater.Sterb#sakramenten in die Anstalt, um seines Amtes zwischen Wissenschaft und Kirche, den
zu walten. Professor Bernhardi, der leitende Arzt, decken und zuspitzen will. Der Mann
F. D. Berlin, Anfang Dezember. [bittet ihn zunächst, von seinem Vorhaben abzusehen,
schaft kümmert sich nicht weiter um di
Es begegnet dem Verfasser des „Leutnants weil die Kranke in ihm sofort einen Vorboten des
moralische Wirkung seines augenblich
Gustl“ und der Einakter „Reigen“ nicht zum ersten
nahen Todes erkennen würde, und wehrt dann, als auf die Gesamtheit; der Priester in e
Male, daß ihm die Zensur in den Arm fällt. Aber
der Diener der Kirche auf der Erfüllung seiner wo die Kirche Macht und Führung hat
bisher wareges meistens erotische Kühnheiten, die Pflicht besteht, seinen Versuch, trotzdem in das einzelnen Fall nur als Symbol, in de
das Bedeuten der Sittlichkeitswächter erregten;
Krankenzimmer vorzudringen, mit der Berufung und Ansehen seiner Sache spiegelt und
diesmal ei Arthu#Ko¬
auf sein Hausrecht und seiner ärztlichen Machtvoll= deshalb auch nicht das menschliche Gefüh
mödie Professor Bernhardi“ (Buchausgabe
kommenheit energisch ab. Dem Geistlichen bleibt blicks, sondern den Gedanken an die
beiFischer, Berlin), glaubte man es in Wien mit
nichts andres übrig, als sich unverrichteten Amtes
Wirkungen, mit anderm Wort die P
einen politischen Werke zu tun zu haben, von dem
zurückzuziehen. Bald aber bekommt Prof. Bern- lassen will. So ist zur Gipfelszene d
eicke Aufwühlung der Parteileidenschaften zu be¬
hardi die Folgen seines Auftretens zu spüren: die nicht die Begegnung des Arztes und des
Archten wäre. Diese Maßregel erscheint fast wie
adelige Patronesse des Hauses zieht sich zurück, das Krankenhause gemacht worden, auch
ein Hohn auf die Idee des Stückes, denn Schnitzlers
Arztekollegium spaltet sich in zwei Lager, eins für,
regte Debatte der lieben Kollegen f
Bestreben geht auf nichts andres aus, als den partei= eins gegen Bernhardi, im Parlament wird eine
Bernhardis Sache, sondern vielmehr d
politischen Stoff, der ihm da auf die Finger brennt klerikale Interpellation über den Fall eingebracht,
Besuch, den der Geistliche dem Ver
und den er so oder so zu gestalten sich getrieben fühlt. wobei der Minister, selbst ein Arzt und ein Jugend-mittelbar nach der Gerichtsverhandlun
ins Unpolitische, ja sogar in eine Verneinung und freund Bernhardis, diesen kaltblütig fallen läßt, als vier Wänden abstattet, um ihm warm
Verabschiedung all und jeder politischen Leiden¬
er sieht, daß aus einer Kraftprobe mit den Kleri¬
Sympathie, ja sogar Hochachtung für
schaft umzubiegen. Er darf sich also darauf berufen, kalen, wie er sie ursprünglich wohl plante, keine
auszudrücken, ihm zugleich aber zu sa
Lorbeeren zu pflücken sind. Bei dem allen darf man
ganz und gar kein Tendenzstück geschrieben zu haben.
Verschiedenheit ihrer Weltanschauung
Aber kommt es bei einem politisch gefärbten Drama,
nicht vergessen, daß Bernhardi nicht bloß moderner
brückbaren Abgrund zwischen ihnen au
das öffentlich gespielt werden soll, wirklich immer
Mediziner und Naturwissenschaftler, sondern auch
naives Gefühl des menschlich bewegten
nur auf die Tendenz an? Kann nicht auch in der
Inde ist, dem man eine Opposition gegen die herr=Vertrauen auf eigne Erkenntnis un
Exposition und in der Entfaltung des Konflikts so
schende Kirche am allerwenigsten verzeihen zu antwortlichkeit, dort die weiter blickend
viel Zündstoff angesammelt werden, daß ein Staat
Verstandes und des entscheidenden Vor
können glaubt. Die Affäre schwillt denn auch
wie dieses mosaikartig zusammengesetzte Österreich
lawinenartig zu einer Staatsaktion an: Handelte
aber auch die demütige Unterordnung
für den lieben Frieden seiner Mitbürger fürchten
bote einer unfehlbaren Kirche. Bernh
es sich zuerst nur um ein Argernis, so bald um eine
muß, wenn ihnen wie hier ad oculos demonstriert Religionsstörung und endlich sogar um ein Re¬
heiter und unerschüttert aus dem Gefä
wird, wie im lieben Vaterlande alles zwischen
ligionsverbrechen. Genug, dem Sünder wird der
wie er hineingegangen ist. Die Poli
Morgen und Abend von parteipolitischen Interessen,
Prozeß gemacht und eine Strafe von zwei Monaten
auch jetzt noch nicht warm machen könn
Neigungen und Abneigungen, Vorteilen und
Gefängnis zudiktiert. Bernhardi nimmt das alles
Wünsche gipfeln in dem Einen: Ruhe
Schäden infiziert ist?
wieder zu seiner Wissenschaft zu k
mit philosophischer Gelassenheit hin. Leicht hätte
Es handelt sich um folgenden Fall: Im Elisa¬
er durch eine öffentliche Erklärung noch rechtzeitig
Staat, nun er der herrschenden Part
bethinum, einem aus öffentlichen Mitteln erhaltenen
den Kopf aus der Schlinge ziehen können, aber er
verschafft hat, scheint ihm weiter kein
Krankenhause, liegt ein armes Mädchen darnieder
verschmäht das in der Zuversicht eines guten Ge=den Weg legen zu wollen, ja aus dem
und sieht ihrem letzten Stündlein entgegen, während wissens, und weil er sich an dem trüben Handel, der lskeptischen Hofrats, der früh das besse
die Kunst der Krzte ihr ein gesteigertes Glücks= undlda eingesädelt werden soll, nicht beschmutzen möchte.
stets zu Konzessionen bereiten Resign
Hoffnungsgefühl, eine selige Zuversicht auf Ge=Auch nach der Verurteilung bleibt er heiter und un¬
hat, darf er hören, daß man ihn und
da oben nur zu gut versteht, daß man
nesung suggeriert hat. Alle Hoffnung auf Heilung erschüttert in dem Gefühl, innerlich mit Politik
ist geschwunden, die Arzte können, nur noch dafür nichts zu schaffen zu haben, und in der Überzeugung,
aus Politik, ganz und gar nicht billig
korgen, der Todgeweihten jenes Wohlgefühl-
ohne die leifeste Absicht einer Demonstration in dem
seine Erkenntnis und seine Überzeugun
Euphorie nennen sie selbst es — bis zum letzten
vorliegenden, ihn allein angehenden Fall schlicht und
Tat umsetzt.
Es ist bezeichnend für das
Augenblick zu erhalten. Da tritt — man weiß nichtlrecht seine ärztliche Pflicht erfüllt zu haben. In
recht, von wem gerufen — der Geistliche mit den ldiesem Punkte gerade liegt aber der Unterschied Österreichertum der Gegenwart und
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