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25. ProfessenBernband
en in die Anstalt, um seines Amtes zwischen Wissenschaft und Kirche, den Schnitzler auf- insbesondre, daß ein Konflikt dieser Art, dessen
bfessor Bernhardi der leitende Arzt, ldecken und zuspitzen will. Der Mann der Wissen- Held oder Opfer mit dem Verfasser so augenfällige
hst, von seinem Vorhaben abzusehen, schaft kümmert sich nicht weiter um die allgemeine
Ahnlichkeit zeigt — auch Schnitzler war Arzt und
in ihm sofort einen Vorboten des moralische Wirkung seines augenblicklichen Tuns ist noch heute Jude —, so bald Waffen und Rüstung
kennen würde, und wehrt dann, als
auf die Gesamtheit; der Priester in einem Staate,abtut, um sich mit den Gegnern in eine friedlichs
Kirche auf der Erfüllung seiner
wo die Kirche Macht und Führung hat, nimmt den dialektische Diskussion einzulassen. Ernst zu machen
seinen Versuch, trotzdem in das
einzelnen Fall nur als Symbol, in dem sich Recht
mit einer Überzeugungssache, die Degen auf Tod und
vorzudringen, mit der Berufung und Ansehen seiner Sache spiegelt und bei dem er
Leben zu kreuzen, ist ganz und gar nicht mehr die
cht und seiner ärztlichen Machtvoll= deshalb auch nicht das menschliche Gefühl des Augen¬
Sache und der Ehrgeiz dieser Leute. Ihnen kommt
rgisch ab. Dem Geistlichen bleibt blicks, sondern den Gedanken an die Folgen und
es eigentlich nur noch auf die Begleitmusik, auf die
brig, als sich unverrichteten Amtes
Wirkungen, mit anderm Wort die Politik walten
Glossen und Apercus an, die der Verstand dazu
Bald aber bekommt Prof. Bern-lassen will. So ist zur Gipfelszene der fünf Akte
macht. Deshalb erscheinen uns auch die letzten
seines Auftretens zu spüren: die
nicht die Begegnung des Arztes und des Priesters im
beiden Akte, die die Auseinandersetzung mit dem
sse des Hauses zieht sich zurück, das
Krankenhause gemacht worden, auch nicht die er¬
Vertreter der Kirche und das Pourparler mit den
paltet sich in zwei Lager, eins für,
regte Debatte der lieben Kollegen für und wider
Dienern des Staates bringen, im Schnitzlerschen
nhardi, im Parlament wird eine
Bernhardis Sache, sondern vielmehr der freiwillige
Sinne weit echter zu sein, als die ersten beiden, die
bellation über den Fall eingebracht,
Besuch den der Geistliche dem Verurteilten un¬
den Schein einer Aktion nicht ganz vermeiden
ter, selbst ein Arzt und ein Jugend¬
mittelbar nach der Gerichtsverhandlung in seinen
können. Die dramatische Notwendigkeit ist weder
dis, diesen kaltblütig fallen läßt, als
vier Wänden abstattet, um ihm warme menschliche hier noch dort zu erkennen, und gerade bei den ent¬
s einer Kraftprobe mit den Kleri¬
Sympathie, ja sogar Hochachtung für sein Verhalten scheidensten Stellen des Dialogs vermag man den
e ursprünglich wohl plante, keine
auszudrücken, ihm zugleich aber zu sagen, daß die Eindruck nicht zu überwinden, als könne das, was
lücken sind. Bei dem allen darf man
Verschiedenheit ihrer Weltanschauung einen unüber¬
da gesagt wird, bei stiller, überlegter Lektüre aus
daß Bernhardi nicht bloß moderner
brückbaren Abgrund zwischen ihnen aufreiße. Hier dem Buche tiefer in uns eindringen als von der
Naturwissenschaftler, sondern auch
naives Gefühl des menschlich bewegten Herzens und Bühne aus. Und doch wurde in der Aufführung des
stan eine Opposition gegen die herr= Vertrauen auf eigne Erkenntnis und eigne Ver¬
[Kleinen Theaters zu Berlin, wohin sich dis
am allerwenigsten verzeihen zu
antwortlichkeit, dort die weiter blickende Politik des
Uraufführung des Stückes hatte flüchten müssen, in
Die Affäre schwillt denn auch
Verstandes und des entscheidenden Vorteils, zugleich der Differenzierung der zwanzig Männerrollen die
einer Staatsaktion an: Handelte
aber auch die demütige Unterordnung unter die Ge¬
das Stück aufweist, alles nur Erdenkliche geleistet,
rum ein Argernis, so bald um eine
bote einer unfehlbaren Kirche. Bernhardi kehrt so
um die verschiedenen Charaktere und Temperaments
und endlich sogar um ein Re= heiter und unerschüttert aus dem Gefängnis zurück,
gestaltend zu unterscheiden. Namentlich die beiden
Genug, dem Sünder wird der
wie er hineingegangen ist. Die Politik hat ihm
Darsteller der politisch-unpolitischen Antagonisten,
und eine Strafe von zwei Monaten auch jetzt noch nicht warm machen können, alle seine
Bruno Decarli als Professor und Alfreh
ktiert. Bernhardi nimmt das alles
Wünsche gipfeln in dem Einen: Ruhe zu haben und
Abel als Pfarrer, brachten den Gegensatz ihrer
cher Gelassenheit hin. Leicht hätte
wieder zu seiner Wissenschaft zu kommen. Der
Weltanschauungen zum anschaulichsten und über
öffentliche Erklärung noch rechtzeitig
Staat, nun er der herrschenden Partei die Sühne
zeugendsten Ausdruck. Die Regie stand hier an mehr
der Schlinge ziehen können, aber er
verschafft hat, scheint ihm weiter keinen Stein in
als einer Stelle vor außergewöhnlich schwierigen
in der Zuversicht eines guten Ge¬
den Weg legen zu wollen, ja aus dem Munde eines
Aufgaben. Denn es sollte nicht nur in all dieser
il er sich an dem trüben Handel, der
skeptischen Hofrats, der früh das bessere Teil einer
bewegten Diskussionsauftritten gutes Theater ge¬
wverden soll, nicht beschmutzen möchte.
stets zu Konzessionen bereiten Resignation erwählt
spielt werden, sondern auch die ironisch=skeptischs
Verurteilung bleibt er heiter und un¬
hat, darf er hören, daß man ihn und sein Handeln
überlegenheit Schnitzlerschen Empfindens und
dem Gefühl, innerlich mit Politik
da oben nur zu gut versteht, daß man aber, wieder
Denkens kräftig genrg durschimmern. Die fei
n zu haben, und in der Überzeugung,
aus Politik, ganz und gar nicht billigt, wenn einer
kultivierte Art, wie dieser Gegensatz gelöst wurde,
Absicht einer Demonstration in dem
seine Erkenntnis und seine Überzeugung auch in die
stellt der dramaturgischen Leitung des Kleinen
hn allein angehenden Fall schlicht und
Tat umsetzt.
Theaters ein glänzendes Zeugnis aus und berechtigt
liche Pflicht erfüllt zu haben. In
Es ist bezeichnend für das literarische uns zu der Hoffnung, daß Viktor Barnowski, der ja
gerade liegt aber der Unterschied Österreichertum der Gegenwart und für Schnitzlerl im nächsten Jahre das Lessingtheater übernehmen
—
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25. ProfessenBernband
en in die Anstalt, um seines Amtes zwischen Wissenschaft und Kirche, den Schnitzler auf- insbesondre, daß ein Konflikt dieser Art, dessen
bfessor Bernhardi der leitende Arzt, ldecken und zuspitzen will. Der Mann der Wissen- Held oder Opfer mit dem Verfasser so augenfällige
hst, von seinem Vorhaben abzusehen, schaft kümmert sich nicht weiter um die allgemeine
Ahnlichkeit zeigt — auch Schnitzler war Arzt und
in ihm sofort einen Vorboten des moralische Wirkung seines augenblicklichen Tuns ist noch heute Jude —, so bald Waffen und Rüstung
kennen würde, und wehrt dann, als
auf die Gesamtheit; der Priester in einem Staate,abtut, um sich mit den Gegnern in eine friedlichs
Kirche auf der Erfüllung seiner
wo die Kirche Macht und Führung hat, nimmt den dialektische Diskussion einzulassen. Ernst zu machen
seinen Versuch, trotzdem in das
einzelnen Fall nur als Symbol, in dem sich Recht
mit einer Überzeugungssache, die Degen auf Tod und
vorzudringen, mit der Berufung und Ansehen seiner Sache spiegelt und bei dem er
Leben zu kreuzen, ist ganz und gar nicht mehr die
cht und seiner ärztlichen Machtvoll= deshalb auch nicht das menschliche Gefühl des Augen¬
Sache und der Ehrgeiz dieser Leute. Ihnen kommt
rgisch ab. Dem Geistlichen bleibt blicks, sondern den Gedanken an die Folgen und
es eigentlich nur noch auf die Begleitmusik, auf die
brig, als sich unverrichteten Amtes
Wirkungen, mit anderm Wort die Politik walten
Glossen und Apercus an, die der Verstand dazu
Bald aber bekommt Prof. Bern-lassen will. So ist zur Gipfelszene der fünf Akte
macht. Deshalb erscheinen uns auch die letzten
seines Auftretens zu spüren: die
nicht die Begegnung des Arztes und des Priesters im
beiden Akte, die die Auseinandersetzung mit dem
sse des Hauses zieht sich zurück, das
Krankenhause gemacht worden, auch nicht die er¬
Vertreter der Kirche und das Pourparler mit den
paltet sich in zwei Lager, eins für,
regte Debatte der lieben Kollegen für und wider
Dienern des Staates bringen, im Schnitzlerschen
nhardi, im Parlament wird eine
Bernhardis Sache, sondern vielmehr der freiwillige
Sinne weit echter zu sein, als die ersten beiden, die
bellation über den Fall eingebracht,
Besuch den der Geistliche dem Verurteilten un¬
den Schein einer Aktion nicht ganz vermeiden
ter, selbst ein Arzt und ein Jugend¬
mittelbar nach der Gerichtsverhandlung in seinen
können. Die dramatische Notwendigkeit ist weder
dis, diesen kaltblütig fallen läßt, als
vier Wänden abstattet, um ihm warme menschliche hier noch dort zu erkennen, und gerade bei den ent¬
s einer Kraftprobe mit den Kleri¬
Sympathie, ja sogar Hochachtung für sein Verhalten scheidensten Stellen des Dialogs vermag man den
e ursprünglich wohl plante, keine
auszudrücken, ihm zugleich aber zu sagen, daß die Eindruck nicht zu überwinden, als könne das, was
lücken sind. Bei dem allen darf man
Verschiedenheit ihrer Weltanschauung einen unüber¬
da gesagt wird, bei stiller, überlegter Lektüre aus
daß Bernhardi nicht bloß moderner
brückbaren Abgrund zwischen ihnen aufreiße. Hier dem Buche tiefer in uns eindringen als von der
Naturwissenschaftler, sondern auch
naives Gefühl des menschlich bewegten Herzens und Bühne aus. Und doch wurde in der Aufführung des
stan eine Opposition gegen die herr= Vertrauen auf eigne Erkenntnis und eigne Ver¬
[Kleinen Theaters zu Berlin, wohin sich dis
am allerwenigsten verzeihen zu
antwortlichkeit, dort die weiter blickende Politik des
Uraufführung des Stückes hatte flüchten müssen, in
Die Affäre schwillt denn auch
Verstandes und des entscheidenden Vorteils, zugleich der Differenzierung der zwanzig Männerrollen die
einer Staatsaktion an: Handelte
aber auch die demütige Unterordnung unter die Ge¬
das Stück aufweist, alles nur Erdenkliche geleistet,
rum ein Argernis, so bald um eine
bote einer unfehlbaren Kirche. Bernhardi kehrt so
um die verschiedenen Charaktere und Temperaments
und endlich sogar um ein Re= heiter und unerschüttert aus dem Gefängnis zurück,
gestaltend zu unterscheiden. Namentlich die beiden
Genug, dem Sünder wird der
wie er hineingegangen ist. Die Politik hat ihm
Darsteller der politisch-unpolitischen Antagonisten,
und eine Strafe von zwei Monaten auch jetzt noch nicht warm machen können, alle seine
Bruno Decarli als Professor und Alfreh
ktiert. Bernhardi nimmt das alles
Wünsche gipfeln in dem Einen: Ruhe zu haben und
Abel als Pfarrer, brachten den Gegensatz ihrer
cher Gelassenheit hin. Leicht hätte
wieder zu seiner Wissenschaft zu kommen. Der
Weltanschauungen zum anschaulichsten und über
öffentliche Erklärung noch rechtzeitig
Staat, nun er der herrschenden Partei die Sühne
zeugendsten Ausdruck. Die Regie stand hier an mehr
der Schlinge ziehen können, aber er
verschafft hat, scheint ihm weiter keinen Stein in
als einer Stelle vor außergewöhnlich schwierigen
in der Zuversicht eines guten Ge¬
den Weg legen zu wollen, ja aus dem Munde eines
Aufgaben. Denn es sollte nicht nur in all dieser
il er sich an dem trüben Handel, der
skeptischen Hofrats, der früh das bessere Teil einer
bewegten Diskussionsauftritten gutes Theater ge¬
wverden soll, nicht beschmutzen möchte.
stets zu Konzessionen bereiten Resignation erwählt
spielt werden, sondern auch die ironisch=skeptischs
Verurteilung bleibt er heiter und un¬
hat, darf er hören, daß man ihn und sein Handeln
überlegenheit Schnitzlerschen Empfindens und
dem Gefühl, innerlich mit Politik
da oben nur zu gut versteht, daß man aber, wieder
Denkens kräftig genrg durschimmern. Die fei
n zu haben, und in der Überzeugung,
aus Politik, ganz und gar nicht billigt, wenn einer
kultivierte Art, wie dieser Gegensatz gelöst wurde,
Absicht einer Demonstration in dem
seine Erkenntnis und seine Überzeugung auch in die
stellt der dramaturgischen Leitung des Kleinen
hn allein angehenden Fall schlicht und
Tat umsetzt.
Theaters ein glänzendes Zeugnis aus und berechtigt
liche Pflicht erfüllt zu haben. In
Es ist bezeichnend für das literarische uns zu der Hoffnung, daß Viktor Barnowski, der ja
gerade liegt aber der Unterschied Österreichertum der Gegenwart und für Schnitzlerl im nächsten Jahre das Lessingtheater übernehmen
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